Zauberhafte Versuchung
auf ihrem Rücken zu genießen. »Erst später ist mir klar geworden, dass Elena und ich nichts gemeinsam hatten, vom gleichen Blut einmal abgesehen. Auf jeden Fall brauchte sie nur eine Saison, um mit einem ihrer vielen Bewunderer vor den Traualtar zu treten.«
»Mit Lord Weatherby«, warf Fielding ein.
»Ja. Er war der reichste und vielleicht auch bestaussehende ihrer zahlreichen Verehrer. Ich war damals erst fünfzehn. Kurz danach erkrankten mein Vater und meine Mutter an Scharlach und beide starben.« Esme drängte ihre Tränen zurück und sprach schnell weiter. »Da mein Vater keinen anderen Erben hinterlassen hatte, übernahm mein Schwager sogleich die Führung unseres Haushalts und wurde mein Vormund. Sehr schnell verkaufte er mein Elternhaus und unsere gesamte Habe, bis auf die Dinge, die meine Schwester behalten wollte, und die Bücher meines Vaters.« Die Bücher, um die Esme auch noch hatte betteln müssen.
»Der gut aussehende, reiche Ehemann deiner Schwester entpuppte sich also als Schurke«, warf Fielding ein.
Esme zuckte mit den Schultern und versuchte so zu tun, als interessiere sie das nicht. Als hätten die letzten zwölf Jahre ihr nichts ausgemacht. »Oh, sie sind ganz glücklich miteinander. Beide sehen sehr dekorativ aus in ihrem großen Haus mit den teuren Möbeln und den Heerscharen von Bediensteten. Ich wette, ihre Kinder sind ebenso perfekt wie sie.«
»Und was war mit deinem eigenen Debüt?«, fragte Fielding. »Warum hast du nie geheiratet?«
Esme atmete langsam aus. »Meine Einführung in die Gesellschaft war eine Katastrophe. Meine Mutter hatte über zehn Jahre damit verbracht, mir einzutrichtern, dass ich mich bei Männern nicht mit meiner Bildung hervortun solle. Sie ermahnte mich immer wieder, meine Zunge in Zaum zu halten, und meinte, nur wenn ich das täte, könnte ich eine gute Partie machen.«
Fielding hatte schon zu lachen begonnen.
Esme runzelte die Stirn. »Was ist daran so komisch?«
»Ich ahne, dass es Ärger gegeben hat«, sagte er. »Es gibt keine Situation, in der du deine Ansicht für dich behalten könntest.«
Sie hätte über seine Einschätzung gekränkt sein können, aber stattdessen wurde ihr ganz warm ums Herz. Es lag keine Kritik in seiner Stimme, sondern nur ein sicheres Verständnis dafür, wer sie war.
»Was ist passiert?«, wollte Fielding wissen.
»Nach einem schier endlosen Vortrag meiner Schwester, in dem sie mich ermahnte, Mutters Ratschläge zu beherzigen, ging ich mit Raymond und Elena zu einem exklusiven Abendessen, zu dem der Duke of Devonshire eingeladen hatte. Den größten Teil des Abends schaffte ich es, zu lächeln und zu nicken und die perfekte Tischdame zu sein. Ich überstand fast das ganze Essen, aber als der siebte Gang gebracht wurde, begann Seine Lordschaft, sich mit seinem Wissen über alles Ägyptische zu brüsten. Schließlich behauptete er kühn - und törichterweise, kann ich nur hinzufügen-, Cleopatra sei nie Pharaonin gewesen. Ich habe Elenas warnendes Kopfschütteln zwar gesehen, aber ich konnte seine Ignoranz einfach nicht hinnehmen. Deshalb korrigierte ich seine Ausführungen.«
Fielding legte die Hand unter ihr Kinn, damit sie ihn ansah. »Du hast den Herzog in seinem eigenen Haus vor seinen Gästen korrigiert?«
»Ja«, erwiderte sie leise. »Und teuer dafür bezahlt.«
Fielding küsste sie auf die Stirn.
»Es war ein Skandal, der durch nichts wieder gutzumachen war. Egal, wie oft Elena und Raymond sich für mich auch entschuldigten. Sie hüteten sich davor, das von mir zu verlangen. Nach dieser Soiree würde kein Mann mich noch haben wollen; sie alle fürchteten zu sehr den Makel, den sie durch eine Heirat mit mir davontragen würden. Eine Frau mit eigenen Ansichten!« Esme seufzte. »Einen Monat später gaben mir meine Schwester und Raymond meine Mitgift und forderten mich auf, aufs Land zu ziehen. Man stellte mir verschiedene Häuser zur Wahl. Aber ich entschied mich, in London zu bleiben.«
»Ganz allein?« Fielding setzte sich auf. »Wohin bist du gegangen?«
»Zu dem einzigen Ort, den ich dort kannte, und der einzigen Freundin, die ich dort hatte.«
»Zu deiner Tante?«
»Ja und nein. Ich ging in die Guildhall Library. Ich hatte dort schon so viel Zeit verbracht, dass sie wie ein zweites Zuhause für mich war. Thea war oft dort, und wir hatten uns gelegentlich unterhalten, aber eigentlich kannten wir uns noch gar nicht richtig. An jenem Tag jedoch sah sie mich weinen, und schließlich erzählte ich ihr
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