Zauberin von Darshiva
nicht.«
»Jedenfalls gehst du zu schnell. In Melcene bewegt man sich gemessene-ren Schrittes.«
»Weißt du, Silk, mir ist es wirklich egal, was die Leute hier von mir halten. Ich bin nicht da, um Zeit zu vergeuden!«
Silk legte die Hand fest um den Arm des Freundes. »Garion«, sagte er ernst, »wir wissen, daß Zandramas und ihr Knecht hierhergekommen sind. Sie weiß, daß wir hinter ihr her sind, und es gibt auch in Melcene Leute, die für so allerlei Untaten angeworben werden können. Wenn wir uns auffällig benehmen, machen wir es ihnen leicht.«
Garion blickte ihn an. »Also gut, ich richte mich nach dir.«
Aufreizend langsam schritten sie die breite Prunkstraße entlang. Plötzlich hielt Silk an.
»Was hast du?« fragte Garion.
»Der Kerl da vorn – der mit der großen Nase – ist einer von Bradors Geheimagenten.«
»Bist du sicher?«
Silk nickte. »Ich kenne ihn schon lange. Ich fürchte, es läßt sich nicht mehr ändern. Er hat uns bereits gesehen. Gehen wir weiter.«
Aber der Mann mit der großen Knollennase kam auf sie zu und blieb vor ihnen stehen. »Guten Morgen, Fürst Kheldar.« Er verbeugte sich knapp.
»Rolla«, sagte Silk kühl.
»Und Eure Majestät«, fügte Rolla hinzu und verbeugte sich etwas tiefer vor Garion. »Wir hatten Euch nicht in Melcene erwartet. Das wird Brador sehr überraschen.«
»Überraschungen sind gut für ihn.« Silk zuckte die Schultern. »Gäbe es keine Überraschungen, würde man allzu selbstzufrieden werden.«
»Der Kaiser war Euretwegen sehr verstimmt, Eure Majestät«, sagte Rolla anklagend zu Garion.
»Ich bin sicher, er wird es überleben.«
»Eure Majestät, in Mallorea müssen sich jene, die Kal Zakath kränkten, Sorgen um ihr Überleben machen.«
»Keine Drohungen, Rolla!« warnte Silk. »Wenn Seine Majestät hier be-fände, daß Euer Bericht an das Innenministerium ungelegen wäre, könnte er sich möglicherweise entschließen, Schritte zu unternehmen, die Euch abhalten werden, ihn überhaupt zu schreiben. Ihr dürft nicht vergessen, daß Seine Majestät Alorner ist, und Ihr wißt, wie erregbar Alorner sein können!«
Erschrocken wich Rolla einen Schritt zurück.
»War nett, mit Euch zu sprechen, Rolla«, sagte Silk von oben herab und ging mit Garion weiter. Garion bemerkte, daß der Knollennasige besorgt wirkte.
»So etwas tu ich gern«, sagte Silk feixend.
»Aber du weißt auch, daß Zakath, sobald Rollas Bericht Mal Zeth erreicht, das ganze Gebiet mit Agenten überschwemmen wird, die uns suchen sollen.«
»Möchtest du, daß ich umkehre und ihn für dich töte?« erbot sich Silk.
»Natürlich nicht!«
»Habe ich auch nicht erwartet. Aber wenn sich eine Situation nicht ändern läßt, hat es keinen Sinn, sich deswegen Sorgen zu machen.«
Als sie den Hafen erreichten, umklammerte Garion das Auge fester. Der Zug von Eisenfausts Schwert war manchmal sehr stark gewesen, und er wollte nicht riskieren, daß ihm der Stein aus der Hand hüpfte. In der sal-zigen Seeluft schritten sie die Kais entlang. Im Gegensatz zu den meisten Hafenstädten der Welt war der Hafen von Melcene frei von dem üblichen Unrat, der anderswo auf dem Wasser schwamm. »Wie schaffen sie es nur, das Wasser so sauberzuhalten?« staunte Garion.
»Wer etwas in den Hafen wirft, muß mit einer hohen Geldstrafe rechnen«, erklärte Silk. »Melcener sind von Natur aus fast zwanghaft ordentlich. Außerdem patrouillieren Arbeiter in kleinen Booten den Hafen und fischen mit Netzen alles heraus, was nicht auf dem Wasser zu schwimmen hat. Das trägt zur Vollbeschäftigung bei.« Er grinste. »Es ist eine unappe-titliche Arbeit und wird immer Personen zugeteilt, die nicht daran interessiert sind, einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Ein paar Tage in einem kleinen Kahn voll Abfällen und toten Fischen erhöht ihre Ambitionen beträchtlich.«
»Weißt du, das ist wirklich eine sehr gute Idee. Ich frage mich, ob…«
Plötzlich wurde das Auge in seiner Hand unangenehm warm. Er öffnete seine Robe leicht, um einen verstohlenen Blick darauf zu werfen. Es glüh-te in stumpfem Rot.
»Zandramas?« fragte Silk.
Garion schüttelte den Kopf. »Nein, der Sardion.«
Nervös zupfte Silk an der Nase. »Das ist ein Dilemma, nicht wahr? Folgen wir dem Sardion oder Zandramas?«
»Zandramas«, antwortete Garion. »Sie hat meinen Sohn.«
»Wie du meinst.« Silk zuckte die Schultern. »Wir kommen gleich zum letzten Pier. Wenn wir dort die Spur nicht aufnehmen, gehen wir weiter zum
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