Zauberin von Darshiva
das Auge aufbewahrte. Ein zorniges Summen klang in seinen Ohren, das so gar nicht zu dem sanften Auge passen wollte.
»Was ist das für ein merkwürdiges Geräusch?« fragte Senji.
Garion löste den Beutel vom Gürtel und öffnete ihn. Das Auge glühte leuchtend rot.
»Zandramas?« erkundigte sich Belgarath angespannt.
Garion schüttelte den Kopf. »Nein, Großvater, das glaube ich nicht.«
»Will es dich irgendwo hinführen?«
»Es zieht.«
»Dann wollen wir doch mal sehen, was es vorhat.«
Garion hielt das Auge in der Rechten. Es zog ihn zur Tür. Sie gingen auf den Korridor, und Senji humpelte mit brennender Neugier hinter ihnen her. Der Stein führte sie die Treppe hinunter und durch die Eingangstür.
»Es will offenbar zu dem Gebäude da drüben!« Garion deutete auf einen hohen Turm ganz aus weißem Marmor.
»Die Fakultät für vergleichende Theologie.« Senji rümpfte die Nase.
»Eine jämmerliche Schar von Gelehrten, die sich wer weiß was auf ihren Beitrag zum allgemeinen Wissen einbilden.«
»Folg ihm, Garion«, wies ihn Belgarath an.
Sie überquerten die Rasenfläche. Studenten sprangen ihnen wie verängstigte Vögel aus dem Weg, als sie Belgaraths Miene sahen.
Sie betraten das Erdgeschoß des Turmes. Ein dünner Mann in Priestergewand saß an einem hohen Pult unmittelbar am Eingang. »Ihr seid keine Angehörigen dieser Fakultät«, empörte er sich. »Ihr habt hier keinen Zu-tritt!«
Ohne den Schritt zu verlangsamen, translozierte Belgarath den hinderli-chen Türhüter mitsamt Pult ein gutes Stück entfernt mitten auf den Rasen.
»Es kann also durchaus nützlich sein, nicht wahr?« Senji nickte. »Ich sollte es vielleicht doch studieren. Alchimie fängt an mich zu langweilen.«
»Was ist dort hinter der Tür?« Garion deutete.
»Das ist ihr Museum.« Senji zuckte die Schultern. »Es ist ein wirres Durcheinander von alten Idolen, religiösen Artefakten und dergleichen.«
Garion drückte auf die Klinke. »Sie ist verschlossen!« Beldin lehnte sich zurück und trat die Tür ein, daß das Holz um das Schloß herum zersplitterte.
»Warum hast du das getan?« fragte ihn Belgarath.
»Warum nicht?« Beldin verzog das Gesicht. »Ich mache mir doch nicht die Mühe einer solchen Willensanstrengung für eine ganz gewöhnliche Tür.«
»Du wirst faul.«
»Ich mach sie wieder ganz, dann kannst du sie öffnen.«
»Nein, vergiß es.«
Sie gelangten in einen vollgestopften Raum. In der Mitte befanden sich Reihe um Reihe von Schaukästen, und entlang den Wänden standen gro-teske Statuen. Von der Decke hingen Spinnweben, und alles war dick mit Staub bedeckt.
»Sie kommen nicht oft hierher«, bemerkte Senji. »Sie basteln lieber irgendwelche hirnrissigen Theorien zusammen, statt sich die realen Aus-wirkungen religiöser Vorstellungen vor Augen zu halten.«
»Hierher!« rief Garion, als ihn das Auge hartnäckig weiterzog. Ihm entging nicht, daß der Stein inzwischen in brennendem Rot glühte und bereits unangenehm warm war.
Das Ziehen endete vor einem Schaukasten, in dem sich hinter dem stau-bigen Glas ein zerfallendes Kissen befand. Von diesem abgesehen war der Kasten leer. Das Auge war jetzt regelrecht heiß, und sein rotes Glühen füllte den ganzen Raum.
»Was war in diesem Schaukasten?« fragte Belgarath scharf.
Senji beugte sich vor, um die Schrift auf dem mit Grünspan überzogenen Messingschild zu lesen. »Oh«, sagte er. »Ich erinnere mich jetzt. Der Cthrag Sardius wurde hier aufbewahrt, ehe ihn jemand stahl.«
Ohne Warnung sprang das Auge aus Garions Hand. Der leere Glaska-sten vor ihnen zersprang in tausend Splitter.
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ie lange war er hier?« fragte Belgarath den erschrockenen Senji, der Wzunächst ehrfürchtig auf das immer noch stumpf glühende Auge in Garions Hand starrte, dann auf die zersplitterten Überreste des Schaukastens.
»Senji!« rief Belgarath scharf. »Hört Ihr nicht?«
»Ist das, was ich glaube, daß es ist?« Der Alchimist deutete mit zitternder Hand auf den Stein.
»Es ist der Cthrag Yaska«, erklärte ihm Beldin. »Wenn Ihr schon mitma-chen sollt, ist es wohl angebracht, daß Ihr erfahrt, worum es geht. Aber beantwortet jetzt die Frage meines Bruders.«
»Ich bin nicht…«, stammelte Senji. »Ich war immer nur ein Alchimist.
Ich bin nicht interessiert an…«
»So einfach ist es leider nicht«, unterbrach ihn Belgarath. »Ob es Euch gefällt oder nicht, Ihr seid ein Angehöriger einer auserwählten Gruppe.
Hört auf, an Gold und anderen Unsinn zu
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