Zauberin von Darshiva
Gesichtsausdruck des Kindes änderte sich nicht. Obgleich sie nun bereits über ein Jahr beisammen waren, hatte Geran nie die geringste Zuneigung zu ihr gezeigt, und, was vielleicht beunruhigender war, auch nie Furcht. Er hielt ein Spielzeug hoch. »Ball«, sagte er.
»Ja«, antwortete sie. »Da hast du wohl recht.« Dann, möglicherweise, weil sein eindringlicher Blick sie störte, ging sie durch die Kammer zum Spiegel. Sie schlug die Kapuze zurück und musterte ihr Spiegelbild. Ihr Gesicht war noch nicht berührt. Voll Ekel blickte sie auf die wirbelnden, funkelnden Lichtpunkte unter der Haut ihrer Hände. Dann öffnete sie ihr Gewand vorn und betrachtete ihre Blöße. Es breitete sich aus, daran bestand kein Zweifel. Ihr Busen und Bauch waren bereits von den unruhigen Funken durchzogen.
Geran war unbemerkt zu ihr gekommen. »Sterne«, sagte er und deutete auf den Spiegel.
»Geh und spiele, Geran«, murmelte das Kind der Finsternis und schloß ihr Gewand wieder.
13
lssie am Nachmittag westwärts ritten, sahen sie, wie sich voraus eine Aschwere dunkle Wolkenbank bildete, die sich allmählich immer mehr ausbreitete und das Blau des Himmels löschte. Durnik ritt zur Spitze.
»Toth meint, wir sollten zusehen, daß wir einen Unterschlupf finden«, wandte er sich an Belgarath. »Die Frühlingsstürme in diesem Teil der Welt sind äußerst heftig.«
Belgarath zuckte die Schultern. »Ich bin schon öfter naß geworden.«
»Er sagt, daß der Sturm nicht lange dauern wird«, fuhr Durnik fort,
»aber daß er sehr stark wird. Er dürfte bis morgen früh toben. Ich finde, daß wir wirklich auf Toth hören sollten, Belgarath. Es geht nicht nur um Regen und Wind, sondern auch um Hagel. Er sagt, die Hagelkörner hier sind manchmal so groß wie Äpfel.«
Belgarath spähte zu den blauschwarzen Wolken, die sich am Westhim-mel zusammengeballt hatten und aus denen bereits Blitze zuckten. »Also gut«, entschied er. »Viel weiter kämen wir heute sowieso nicht. Weiß irgend jemand, wo wir in der Nähe Zuflucht finden könnten?«
»Etwa drei Meilen vor uns liegt ein kleines Bauerndorf«, erklärte Durnik. »Wahrscheinlich ist es ebenfalls verlassen, aber irgendein Haus wird sicher noch so viel Dach haben, daß es uns vor dem Hagel schützen kann.«
»Also beeilen wir uns. Der Sturm kommt schnell näher. Ich werde Beldin rufen und ihn bitten, sich umzusehen.« Er hob das Gesicht, und Garion spürte, wie er seine Gedanken aussandte.
Sie galoppierten in den Wind, der ihre Umhänge um sie peitschte. Er brachte unangenehme Kälte mit sich und bereits vereinzelte, schwere Re-gentropfen.
Als sie die Kuppe des Hügels oberhalb des verlassenen Dorfes erreichten, sahen sie, daß der Sturm wie eine dunkle Mauer über der weiten Ebene heranbrauste.
»Das wird knapp«, brüllte Belgarath in den Wind. »Beeilen wir uns!«
Sie jagten den Hang hinunter durch windgepeitschtes Gras, dann über einen breiten Streifen gepflügter Äcker, der das Dorf umgab. Es war befestigt, doch das Tor war aus den Angeln gerissen, und die meisten Häuser wiesen frische Brandspuren auf. Sie klapperten über den Schutt auf den Straßen, und der Wind heulte. Garion hörte ein lautes Platschen, dann ein zweites, schließlich mehrere in anschwellendem Stakkato. »Es fängt zu hageln an!« rief er.
Sammet schrie plötzlich auf und langte nach ihrer Schulter. Fast ohne zu überlegen, schloß Silk neben ihr auf, schwang seinen Umhang und hielt ihn schützend wie ein Zelt über sie.
Beldin stand am Tor eines verhältnismäßig gut erhaltenen Bauernhofs.
»Hier herein!« drängte er. »Die Stalltüren sind offen! Schafft die Pferde hinein!«
Sie sprangen aus den Sätteln und führten ihre Pferde in den höhlenähnlichen Stall. Dann verschlossen sie die Tür und rannten über den Hof zum Wohnhaus.
»Hast du nachgesehen, ob noch Leute im Dorf sind?« fragte Belgarath den buckligen Zauberer, nachdem sie im Innern waren.
»Es ist niemand hier«, antwortete Beldin, »außer, es hat sich wieder ein melcenischer Bürokrat in irgendeinem Keller verkrochen.«
Das Krachen draußen wurde lauter und schließlich zum pausenlosen Dröhnen. Garion schaute durch die Tür. Eisbrocken fielen vom Himmel und zerschmetterten auf den Pflastersteinen. Es wurde rasch kalt. »Ich glaube, wir haben es gerade noch rechtzeitig geschafft«, meinte er.
»Schließ die Tür, Garion«, wies ihn Polgara an. »Machen wir ein Feuer.«
Der Stube, in die sie sich geflüchtet hatten, war
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