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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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berühren und glauben, dass du von ihr unberührt bleibst«, hatte er ihr finster erklärt. »Unsere Vorfahren haben den Preis als zu hoch eingeschätzt, die Regenwildnis verlassen und Bingtown gegründet. Und wir selbst handeln nicht mit den Waren der Regenwildnis.«
    Als sie wissen wollte, was er damit meinte, hatte er ihr gesagt, dass sie das Thema diskutieren würden, wenn sie älter war. Doch selbst seine Bedenken hatten ihn nicht abhalten können, die parfümierten Schmucksteine zu kaufen, nach denen sich seine Frau so sehnte.
    Wenn sie älter war…
    Nun, wieviel älter sie auch werden würde, dieses Gespräch sollte sie niemals führen. Erneut brach die Bitterkeit durch ihre angenehmen Erinnerungen und zerstörte den schönen Nachmittag. Sie verließ die Regenwildstraße, allerdings nicht, ohne zuvor noch einen beunruhigten Blick auf Ambers Geschäft an der Ecke geworfen zu haben. Sie erwartete beinahe, dass die Frau am Fenster stand und ihr nachstarrte. Stattdessen zeigte ihr Fenster einfach nur ihre Waren, die kunstfertig auf einem golddurchwirkten Tuch auf dem Tresen ausgebreitet waren. Die Tür des Ladens stand einladend offen, und Leute kamen und gingen. Also florierte ihr Geschäft. Althea fragte sich, mit welchem der Clans der Regenwildnis sie wohl verbunden war und wie sie das alles schaffte. Im Gegensatz zu den meisten anderen Läden zierte ihr Geschäftszeichen nicht einmal eine Insignie einer alten Händlerfamilie.
    In einer ruhigen Gasse inspizierte Althea ihre Taschen und zählte ihr Geld. Es war genau so, wie sie erwartet hatte. Sie konnte sich heute Abend ein Zimmer und eine Mahlzeit leisten, oder sie konnte einige Tage kärglich essen, solange die Münzen reichten. Erneut kam ihr in den Sinn, einfach nach Hause zu gehen, aber das brachte sie nicht über sich. Wenigstens nicht, solange Kyle noch da war. Später, wenn er unterwegs war und sie bis dahin noch keine Arbeit und Unterkunft gefunden hatte, würde sie vielleicht nach Hause gehen und wenigstens ihre Kleidung und ihren persönlichen Schmuck holen. Soviel durfte sie sicher einfordern, ohne ihren Stolz zu verletzen. Jedoch nicht, solange Kyle da war. Nie und nimmer. Sie stopfte die Münzen und die Geldscheine wieder in die Tasche zurück und zog sie fest zu. Sie wünschte, sie hätte das Geld wieder, das sie gestern Abend so sorglos für Bier ausgegeben hatte. Da dies unmöglich war, sollte sie mit dem Rest auf jeden Fall sorgfältiger umgehen. Sie ließ die Taschen wieder in ihren Röcken verschwinden.
    Nachdem sie aus der Gasse herausgetreten war, marschierte sie zielstrebig die Straße entlang. Sie brauchte einen Platz, wo sie heute Abend schlafen konnte, und ihr kam nur einer in den Sinn.
    Sie versuchte zu verdrängen, wie oft ihr Vater sie streng vor seiner Gesellschaft gewarnt hatte, bevor er ihr schließlich explizit verboten hatte, ihn zu besuchen. Es war schon Monate her, seit sie das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte. Aber als sie noch ein Kind gewesen war, noch bevor sie mit ihrem Vater segelte, hatte sie so manchen Sommernachmittag in seiner Gesellschaft verbracht. Obwohl die anderen Kinder ihn sowohl entsetzlich als auch widerlich fanden, hatte Althea bald ihre Furcht vor ihm verloren. Genaugenommen empfand sie sogar Mitleid mit ihm.
    Sicher, er konnte einem Angst einflößen, aber das Fürchterlichste an ihm war das, was die anderen ihm angetan hatten. Sobald Althea das begriffen hatte, entspann sich zwischen ihnen eine zögerliche Freundschaft.
    Als die Nachmittagssonne sich zu einem langen Sommerabend herabsenkte, ließ Althea das ordentliche Bingtown hinter sich und suchte sich ihren Weg zwischen den spitzen Steinen des Strandes, an dem der Paragon auf dem Sand ruhte.

12. Von Wracks und Sklavenschiffen
    Unter Wasser. Nicht einfach nur für einen Atemzug, nicht eingehüllt in der Bewegung einer Welle, sondern über Kopf im Wasser hängend, unter dem Wasserspiegel, das Haar, das sanft mit der Dünung schwebte, die Lungen, die nur Salzwasser pumpten. Ich bin ertrunken und tot , dachte er. Ertrunken und tot wie schon vorher. Vor ihm lag nur die grünliche Welt der
    Fische und des Wassers. Er öffnete seine Arme, ließ sie unter seinem Kopf hängen und von den Wellen bewegen. Er wartete auf den Tod.
    Aber das war nur ein Trug, wie es immer ein Trug war. Er wollte nur, dass es aufhörte, wollte das Sein beenden, aber das war ihm nicht erlaubt, nie erlaubt. Selbst hier unter Wasser, wo keine Füße über seine Decks hasteten,

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