Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
erinnern, dass sie jemals vor einer so verzweifelten Entscheidung gestanden hatte. In einem kurzen Moment der Schwäche sehnte sie sich verzweifelt nach Ephron, dem Mann, der immer hinter ihr gestanden und ihre Entscheidung unterstützt hatte. Sein Vertrauen in ihre Entscheidungen hatte ihr Selbstvertrauen gegeben. Genau jetzt vermisste sie diesen Rückhalt schmerzlich.
Sie hob den Blick und sah Caolwn in die Augen. »Werdet Ihr mir Aufschub gewähren?«, fragte sie schlicht. Sie zögerte einen Moment und erhöhte den Einsatz, um die andere Frau zu locken.
»Die nächste Zahlung ist doch im Winter fällig, richtig?«
Caolwn nickte.
»Ich schulde Euch zwölf Scheffel Gold, als reguläre Zahlung.«
Erneut nickte die Frau. Das war einer der Tricks von Ephron gewesen, wenn er Geschäfte machte. Er sorgte dafür, dass sein Gegenüber mit ihm übereinstimmte, wob ein ganzes Netz von Übereinstimmungen, und manchmal konnte man den Kontrahenten anschließend dazu bringen, dass er einer Bedingung zustimmte, bevor er sie gründlich durchdacht hatte.
»Und ich schulde Euch auch die beiden Scheffel, die ich jetzt nicht habe zahlen können, plus zwei weiterer Scheffel Gold, die ich für die Verspätung dieser Zahlung abzuzahlen habe.«
Ronica versuchte, ihre Stimme ruhig und gelassen klingen zu lassen, als sie diese fürstliche Summe nannte. Sie lächelte Caolwn an.
Die Frau erwiderte das Lächeln. »Und wenn Ihr es nicht habt, halten wir uns an das ursprüngliche Versprechen unserer Familien. In Blut oder Gold, die Schuld ist geschuldet. Ihr werdet meiner Familie eine Tochter oder ein Enkelkind verpfänden.«
Jetzt gab es kein Feilschen mehr. Es war vor Jahren versprochen worden, von Ephrons Großmutter. Keine Händlerfamilie würde im Traum daran denken, von einem Versprechen zurückzutreten, das einer ihrer Vorfahren gegeben hatte. Sie nickte steif, und die Worte, die sie aussprach, waren wohlüberlegt und nahmen die andere Frau in die Pflicht. »Aber wenn ich volle sechzehn Scheffel Gold habe, werdet Ihr das als Zahlung akzeptieren.«
Caolwn hielt ihre bloße Hand hin, um die Vereinbarung zu besiegeln. Die Klumpen und das Flechtwerk, das von der Haut der Finger herunterhing und den Handrücken bedeckte, fühlten sich in Ronicas Griff wie Gummi an, als der Händedruck sie beide an diese neue Bedingung band. Caolwn stand auf.
»Noch einmal danke ich für den Handel, Ronica von der Händlerfamilie Vestrit. Und für deine Gastfreundschaft.«
»Und noch einmal, Caolwn von der Regenwildnisfamilie Festrew, freue ich mich, Euch willkommen geheißen und mit Euch gehandelt zu haben. Familie zu Familie und Blut zu Blut. Bis wir uns wiedersehen, lebt wohl.«
»Familie zu Familie und Blut zu Blut. Möget auch Ihr wohl leben.«
Diese formellen Worte beschlossen sowohl den Handel als auch den Besuch. Caolwn zog sich den Sommermantel über, den sie beiseite gelegt hatte. Sie zog sich die Kapuze über den Kopf, bis von ihrem Gesicht nur noch die blasslila Augen zu sehen waren. Dann zog sie einen Spitzenschleier herunter und verbarg auch sie. Als sie ihre weiten Handschuhe über ihre missgebildeten Hände zog, brach sie die Tradition. Sie sah zu Boden, als sie sprach. »Es wäre kein so schlimmes Schicksal, wie Ihr glaubt, Ronica. Jede Vestrit die unserem Haushalt beitritt, würde ich wertschätzen, wie ich auch unsere Freundschaft wertschätze. Ihr wisst, dass ich in Bingtown geboren wurde. Und auch wenn ich keine Frau mehr bin, die ein Mann Eures Volkes ohne Schaudern ansehen könnte, wisset, dass ich nicht unglücklich war. Ich hatte einen Ehemann, der mich verehrte, habe ein Kind geboren und mitansehen dürfen, wie sie drei gesunden Kindern das Leben schenkte. Das Fleisch und die Deformationen… Andere Frauen, die in Bingtown bleiben, zahlen vielleicht einen höheren Preis für ihre glatte Haut, ihre Augen und ihren normalen Farbton. Wenn das alles hier nicht so funktioniert, wie ihr erfleht, falls ich nächsten Winter komme und jemanden von Eurem Blut mitnehme… wisset, dass er oder sie verehrt und geliebt wird. Und zwar sowohl, weil er oder sie aus einer ehrenwerten Blutlinie stammt und ein wahrer Vestrit ist, als auch wegen des frischen Blutes, das er oder sie unserem Volk bringt.«
»Danke, Caolwn.«
Die Worte hätten Ronica beinahe erstickt.
So ehrlich die Frau es auch gemeint haben mochte – würde sie jemals ahnen können, wie sehr ihre Worte Ronicas Innerstes aufgewühlt und vereist hatten? Vielleicht tat sie
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