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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bingtown gewesen, ein gerissener Händler, gut gekleidet und wohlhabend, der Bälle in seinem großen Haus gab und der nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich aufstieg. Jetzt war sein großes Haus nur noch eine Ansammlung von staubigen, ungepflegten Räumen, über die unbeaufsichtigte und unehrliche Diener wachten. Ronica wusste, dass sie und Ephron eines der wenigen Ehepaare waren, die Davad noch einbezogen, wenn sie Einladungen zu Bällen oder Abendgesellschaften gaben. Würde sie wie Davad werden, nachdem Ephron von ihr gegangen war? Ein gesellschaftliches Überbleibsel, eine Witwe, die zu alt war, dass man ihr den Hof machte, und zu jung, um ruhig in einer Ecke zu sitzen? Diese Furcht brach sich mit plötzlicher Bitterkeit Bahn.
    »Alles, Davad? Nun, Ihr könntet meine Schulden bezahlen, meine Felder ernten und einen geeigneten Ehemann für Althea finden.«
    Sie hörte entsetzt ihre eigenen Worte und sah, wie Davad fast die Augen aus dem Kopf traten. Unvermittelt riss sie ihre Hände aus seinem feuchten Griff. »Es tut mir leid, Davad«, sagte sie aufrichtig. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist…«
    »Macht nichts«, unterbrach er sie hastig. »Ihr redet mit einem Mann, der das Porträt seiner Frau verbrannt hat, und zwar einfach deshalb, damit er nicht die ganze Zeit etwas ansehen muss, was er nicht mehr um sich haben kann. In solchen Zeiten sagt oder tut man Dinge, die… Macht nichts, Ronica.
    Und ich meinte wirklich alles. Ich bin Euer Freund, und ich werde sehen, was ich tun kann, um Euch zu helfen.«
    Er drehte sich um und ging schnell davon. Sein gesatteltes Pferd wartete am Ende des weißen Steinwegs auf ihn. Ronica blieb stehen und sah ihm zu, als er unbeholfen auf das Tier stieg.
    Er hob eine Hand zum Abschiedsgruß, und sie winkte zurück.
    Dann beobachtete sie, wie er die Auffahrt hinunterritt. Ihr Blick glitt unwillkürlich über Bingtown. Zum ersten Mal, seit Ephron krank geworden war, betrachtete sie die Stadt wirklich.
    Sie hatte sich verändert. Ihr eigenes Heim lag, wie das vieler alter Händler, auf einem kleinen Hügel oberhalb des Hafenbeckens. Durch die Bäume weiter unten erhaschte sie einen Blick auf die gepflasterten Wege und die weißen Steingebäude von Bingtown und dahinter auf das Blau der Bucht der Händler. Von hier aus konnte sie zwar den Großen Markt nicht sehen, aber sie war genauso fest davon überzeugt, dass er überlaufen war, wie sie an das Aufgehen der Sonne glaubte. Die breiten, gepflasterten Straßen spiegelten denselben sanften Schwung der Bucht. Der Große Markt war offen, luftig und genauso sorgfältig geplant und angelegt wie der Besitz eines Edelmannes. Bäume überschatteten kleine Gärten, in denen Tische und Stühle den müden Käufer einluden, eine Weile zu rasten, bevor man weiterging und noch mehr kaufte. Hundertzwanzig Geschäfte mit großen Fenstern und breiten Türen boten Handelsgüter von nah und fern feil. An einem sonnigen Tag wie heute waren die bunten Markisen über die Straße gespannt, um die Flaneure mit ihrem Schatten näher an die Türen der Händler zu locken.
    Ronica lächelte unwillkürlich. Ihre Mutter und Großmutter hatten ihr immer voller Stolz erzählt, dass Bingtown nicht aussah wie eine Stadt, die mühsam aus dieser kalten und abgelegenen Küste geschlagen worden war, sondern eher wie eine blühende Stadt im Machtbereich des Satrap. Die Straßen waren breit und sauber, und die Abfälle und das Schmutzwasser wurden in die Alleen und Gossen hinter den Läden geleitet. Selbst diese Bereiche wurden regelmäßig gesäubert. Auch wenn man den Großen Markt verließ und sich vom Kleinmarkt entfernte, behielt die Stadt doch ihr poliertes und zivilisiertes Gesicht. Die weißen Steinhäuser schimmerten im Sonnenlicht, die Luft war erfüllt vom Duft der Orangen-und Limonenbäume, selbst wenn sie in Kübeln wuchsen und jeden Winter ins Haus geholt werden mussten.
    Bingtown war der Edelstein der Verwunschenen Ufer, der entlegenste Juwel der Städte des Satrap, aber doch einer der Strahlendsten. Jedenfalls hatte man Ronica das immer erzählt.
    Der Gedanke verbitterte sie, dass sie jetzt nie mehr erfahren würde, ob ihre Mutter und Großmutter wirklich die Wahrheit gesagt hatten. Einmal hatte Ephron ihr versprochen, dass sie eines Tages eine Pilgerreise nach Jamailliastadt machen würden, die Haine des Sa besuchen und den prunkvollen Palast des Satrap anschauen würden. Noch ein Traum, der zu Staub zerfiel. Sie riss sich von

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