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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dennoch wissen, ob es ihr gutging.
    »Sicher, mir geht’s gut«, antwortete sie und wollte ihm die Tür vor der Nase zuschlagen. Er streckte den Arm aus und hielt sie auf.
    »Das macht aber gar nicht den Eindruck. Der Koch hat mir gesagt, dass du ausgesehen hast, als hättest du fast fünf Kilo abgenommen, und ich bin geneigt, ihm recht zu geben. Althea, ich weiß nicht, was da bei Kapitän Kyle vorgefallen ist, aber die Gesundheit der Mannschaft unterliegt noch immer auch meinen Pflichten.«
    Sie sah seine gerunzelte Stirn und die dunklen, besorgt blickenden Augen. »Ich gehöre nicht zur Mannschaft«, hörte sie sich sagen. »Das ist zwischen mir und Kapitän Kyle vorgefallen. Und die Gesundheit eines einfachen Passagiers geht dich nichts an. Lass mich in Ruhe.«
    Sie drückte gegen die Tür.
    »Aber die Gesundheit von Ephron Vestrits Tochter geht mich sehr wohl etwas an. Ich erlaube es mir, ihn sowohl meinen Freund als auch meinen Kapitän zu nennen, Althea. Sieh dich an. Du hast dein Haar seit Tagen nicht mehr gebürstet, würde ich sagen. Und als dich einige Matrosen an Deck gesehen haben, meinten sie, du hättest dich fast wie ein Geist bewegt, mit einem Blick, der genauso leer war wie der Raum zwischen den Sternen.«
    Er wirkte tatsächlich besorgt. Und dazu hatte er auch allen Grund. Eine Mannschaft, die zu lange unter einem zu strengen Kapitän gedient hatte, konnten die kleinsten Dinge in Aufregung versetzen. Eine verzauberte Frau, die auf den Decks herumspazierte, mochte sie zu allem möglichen veranlassen.
    Aber sie konnte trotzdem nichts dagegen tun.
    »Seeleute und ihr Aberglaube«, höhnte sie, aber ihre Stimme klang alles andere als kraftvoll. »Lass gut sein, Brashen! Mir geht es gut.«
    Sie drückte wieder gegen die Tür, und diesmal ließ er es zu, dass sie sie ihm vor der Nase zuschlug. Sie vermutete, dass Kyle nichts von diesem Besuch wusste. Sofort legte sie sich wieder auf das Deck, schloss die Augen und trat mit dem Schiff in Verbindung. Sie fühlte, wie Brashen noch einige Augenblicke vor der Tür stehenblieb, und spürte, wie er dann davonhastete, zurück zu seinen eigentlichen Aufgaben. Aber da hatte Althea ihn schon aus ihren Gedanken gestrichen und dachte stattdessen an das Wasser, das unter dem Bug vorbeirauschte, während der kräftige Wind das Schiff vorantrieb.
    Tage später schmeckte die Viviace die heimischen Gewässer, erkannte die Strömung, die sie sanft auf die Bucht der Händler zutrieb, und begrüßte dann die geschützten Wasser der Bucht.
    Als Kyle zwei Boote aussetzte, die die Viviace auf ihren Ankerplatz ziehen sollten, stand Althea auf. Sie ging zu dem Bullauge und blickte hinaus. »Zu Hause«, sagte sie. »Vater.«
    Sie erntete als Antwort ein erwartungsvolles Vibrieren der Viviace .
    Althea drehte sich von dem Bullauge weg und öffnete ihre Seekiste. Ganz zuunterst lag ihre Hafenkleidung, mit der sie einen »ordentlichen Eindruck« auf dem Weg vom Schiff zu ihrem Haus machen sollte. Es war eine Konzession, die sie und ihr Vater vor Jahren an ihre Mutter hatten machen müssen.
    Wenn Kapitän Vestrit durch die Stadt ging, trug er eine prächtige blaue Hose und einen ebensolchen Mantel über einem schweren weißen Hemd, das über und über mit Spitze besetzt war. Und das passte auch. Er war ein alter Händler und dazu ein bekannter Kapitän. Althea hätte gern selbst solche Kleidung besessen, aber ihre Mutter bestand darauf, dass sie im Hafen und in der Stadt Röcke trug, ganz gleich, wie sie sich auf dem Schiff kleidete. So unterschied sie wenigstens das von den Dienern in der Stadt. Und stets fügte ihre Mutter hinzu, mit einem bezeichnenden Blick auf ihr Haar, ihre Haut und ihre Hände, dass niemand sie in dieser Aufmachung für eine Lady halten würde, geschweige denn für die Tochter einer alten Händlersippe. Aber es waren nicht die Nörgeleien ihrer Mutter gewesen, sondern ein ruhiges Wort ihres Vaters, das sie dazu brachte zu gehorchen. »Beschäme dein Schiff nicht«, hatte er ihr gesagt. Mehr Kritik bedurfte es nicht.
    Deshalb holte Althea jetzt, während die Mannschaft Anker setzte und die Viviace für ihren Aufenthalt im Hafen vorbereitete, warmes Wasser aus dem Kessel in der Kombüse und badete in ihrer Kajüte. Sie zog ihre Hafenkleidung an:
    Unterrock und Überrock, eine Bluse und eine Jacke, einen Spitzenschal und eine lächerliche Spitzenhaube, die ihr Haar verbarg. Dann setzte sie noch einen Strohhut auf, der albernerweise mit Federn geschmückt war.

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