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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Ein Priester kann nichts besitzen.«
    In Kyles Schläfe pochte eine Ader. »Sa soll verdammt sein! Deine Mutter hat dich ihm geweiht, nicht ich. Und ich nehme dich hiermit zurück. Jetzt nimm den Pflock und erwecke das Schiff!«
    Während er sprach, trat er vor und packte seinen Ältesten an der Schulter. Der Junge versuchte nicht, sich zu ducken, aber sein Entsetzen war offenkundig. Selbst Keffria und Ronica schienen von Kyles Gotteslästerung entsetzt zu sein, und sie hatten auch allen Grund dazu.
    Altheas Trauer schien von ihr abgefallen zu sein. Sie wirkte wie betäubt, und dennoch waren ihre Sinne gleichzeitig merkwürdig geschärft. Sie beobachtete diese Fremden, die schrien und stritten, während ein Toter unbeerdigt zu ihren Füßen steif wurde. Eine große Klarheit überkam sie. Sie wusste plötzlich, dass Keffria nichts von Kyles Absichten geahnt hatte, was Wintrow anging. Der Junge jedenfalls war davon vollkommen überrascht. Der Schock zeichnete sich deutlich auf seinem Gesicht ab, als er verwirrt mit dem silbergrauen Holzpflock in der Hand dastand, den ihm sein Vater in die Hand gedrückt hatte.
    »Sofort!«, befahl Kyle, und als wäre der Junge erst fünf und stände nicht an der Schwelle zur Mannwerdung, packte er ihn an den Schultern und schob ihn unsanft das Deck entlang. Die anderen folgten ihnen wie Wrackteile, die im Kielwasser eines Schiffes tanzen. Althea sah ihnen nach. Dann hockte sie sich hin und umfasste die erkaltende Hand ihres Vaters. »Ich bin froh, dass du nicht mehr hier bist und das miterleben musst«, sagte sie liebevoll. Sie versuchte, die Lider seiner Augen zu schließen.
    Nach mehreren nutzlosen Versuchen gab sie schließlich auf und ließ ihn so liegen, mit blicklosen Augen, die zum Baldachin hinaufstarrten.
    »Althea. Steh auf.«
    »Warum?«
    Sie drehte sich bei Brashens Befehl nicht einmal um.
    »Weil…« Er suchte nach Worten und fuhr schließlich fort: »Weil sie dir zwar das Eigentumsrecht über das Schiff wegnehmen können. Aber das entbindet dich nicht automatisch davon, dass das Schiff dir trotzdem gehört. Dein Vater hat mich gebeten, dir bei allem beizustehen. Er würde es nicht wollen, dass die Viviace erwacht und nur fremde Gesichter sieht.«
    »Kyle wird da sein«, erwiderte sie schwach. Der Schmerz kehrte zurück. Brashens unverblümte Worte hatten ihn wieder geweckt.
    »Sie wird ihn nicht erkennen. Er ist kein Blutsverwandter. Komm.«
    Sie sah auf den Leichnam hinab. Der Tod arbeitete schnell und ließ die Gesichtszüge ihres Vaters in Linien und Furchen zusammensinken, die er zu seinen Lebzeiten nicht gehabt hatte. »Ich will ihn nicht hier allein lassen.«
    »Althea, das ist nicht mehr der Kapitän, sondern nur seine sterbliche Hülle. Er ist von uns gegangen. Aber die Viviace ist noch da. Komm, du musst es tun, also mache es gut.«
    Er beugte sich herunter, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von ihrem Ohr entfernt war. »Kopf hoch, Mädchen. Die Mannschaft beobachtet dich.«
    Bei seinen letzten Worten stand sie zögernd auf. Sie sah erneut auf das eingefallene Gesicht ihres Vaters und versuchte, einen letzten Blick seiner Augen zu erhaschen. Doch er sah an ihr vorbei, ins Unendliche. Sie straffte ihre Schultern und hob den Kopf. Wohlan denn!
    Brashen bot ihr den Arm, als eskortiere er sie in Bingtowns Festhalle. Ohne nachzudenken, legte sie ihre Hand leicht auf seinen Unterarm, wie sie es in der Schule gelernt hatte, und gestattete ihm, sie zum Bug des Schiffes zu führen. Etwas an der Förmlichkeit seines Gangs richtete sie wieder auf. Als sie näher kam und Kyles wütende Worte hörte, löste das einen Funken in ihr aus, als schlüge ein Feuerstein auf Stahl. Er schalt Wintrow.
    »Es ist doch ganz einfach, Junge. Da ist das Loch, hier ist der Pflock, und da der Riegel. Schiebe den Riegel zur Seite, stecke den Pflock in das Loch und lass den Riegel wieder los. Das ist alles. Ich halte dich fest. Du brauchst keine Angst zu haben, dass du in das Hafenbecken fällst.«
    Der Junge hob die Stimme. Sie war immer noch zu hoch, aber sie klang freundlich, nicht schwächlich. »Vater, ich habe nicht gesagt, dass ich es nicht kann. Ich will nicht. Ich habe weder den Eindruck, dass es mein Recht ist, noch dass es sich für einen Diener Sas geziemt, einen solchen Anspruch zu erheben.«
    Nur das leichte Zittern in seiner Stimme machte deutlich, wieviel Kraft es ihn kostete, dieses Selbstbewusstsein aufrechtzuerhalten.
    »Du wirst verdammt noch mal das tun, was ich

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