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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sie dich verkaufen und so den Neuen Händlern Zugang zu dem Handel auf dem Regenwildfluss ermöglichen. Diese Güter sind die letzte Bastion der Bingtown-Händler. Oder sie empfinden trotz der Vernachlässigung so etwas wie familiäre Gefühle für dich. Also. Ich habe auch ein Angebot gemacht. Es ist nicht so groß wie das der anderen, denn ich bin nicht wohlhabend genug dafür. Aber mit meinem Angebot gekoppelt war auch das Versprechen, dich vollständig zu lassen und nicht zu segeln. Ich glaube nämlich, dass du den Ludlocks nicht gleichgültig bist. Und dass sie dich auf eine merkwürdige Art und Weise hier in Sicherheit halten.«
    »Ach ja. Seine merkwürdigen Verwandten anzuketten und sie in einem Keller oder auf einem Dachboden zu verstecken war schon immer die Art und Weise, wie man in Bingtown mit Wahnsinn oder Deformiertheit umgesprungen ist.«
    Er lachte bitter auf. »Denk doch zum Beispiel nur an die Regenwildhändler.«
    »An wen?«
    »Genau. An wen. Niemand hört von ihnen, niemand kennt sie, und keiner denkt an unsere alten Verbindungen zu ihnen. Am wenigsten du oder ich. Bitte, fahr fort. Nachdem du mich gekauft und intakt gelassen hast und mich nicht segelst, was willst du dann mit mir machen?«
    »Ach, Paragon.«
    Sie klang vollkommen kläglich. »Wenn es nach mir ginge… Wenn ich träumen könnte wie ein Kind und glaubte, dass diese Träume wahr würden, würde ich sagen, dann würde ich Künstler herkommen lassen, die dich wieder aufrichten und eine Stützkonstruktion bauen, die dich aufrecht stehen lässt. Und ich würde auf dir leben. Auf den Klippen über dir würde ich einen Garten anlegen, der duftet und voller Farbenpracht ist, einen Garten für Vögel und Schmetterlinge.
    Überall würde Efeu bis zum Strand herabhängen und blühen.
    Und um dich herum würde ich Steine errichten und Becken für die Flut bauen, sie mit Seesternen bevölkern und Seeanemonen und den kleinen, roten Krabben.«
    Während sie diese merkwürdige Vision ausmalte, wurde ihre Stimme immer lauter und leidenschaftlicher. »Ich würde in dir leben und arbeiten, und abends würde ich an Deck essen. Wir würden uns erzählen, was wir erlebt haben. Wenn ich noch mehr träumen würde, dann würde ich mir ausmalen, eines Tages ein Stück Hexenholz zu erwerben und es gut genug zu bearbeiten, um dir deine Augen und dein Sehvermögen zurückzugeben. Morgens könnten wir uns den Sonnenaufgang auf dem Meer ansehen, und abends würden wir den Garten auf den Klippen betrachten.
    Ich würde der Welt sagen, sie kann machen, was sie will, denn ich wäre mit ihr fertig. Zerstöre dich oder gedeihe, mir ist es gleich, solange du uns in Ruhe lässt. Und wir wären glücklich, wir beide.«
    Eine Weile wusste Paragon nicht, was er darauf erwidern sollte. Diese kindlichen Fantasien rührten und faszinierten ihn. Plötzlich war er nicht mehr nur ein Schiff, sondern ein Junge, der an einem solchen Ort lebte, herumlief, die Taschen voller glänzender Steine hatte, merkwürdige Muscheln, Möwenfedern und…
    »Du bist nicht meine Familie, und du kannst auch niemals meine Familie sein.«
    Er zerschmetterte mit den Worten den Traum, als zertrete jemand mit einem schweren Arbeitsschuh einen Schmetterling.
    »Das weiß ich«, erwiderte sie ruhig. »Ich habe ja gesagt, dass es nur ein Traum ist. Das ist es, was ich gern tun würde, aber in Wahrheit weiß ich nicht einmal, wie lange ich in Bingtown oder bei dir bleiben kann. Aber Paragon, das ist die einzige Art und Weise, wie ich dich retten könnte. Wenn ich zu den Ludlocks gehe und sage, dass du so zufrieden wärst, dann akzeptieren sie vielleicht mein geringeres Angebot, wegen des Bandes…«
    Sie verstummte als er die Arme über der Sternnarbe auf seiner breiten Brust verschränkte.
    »Wovor willst du mich retten?«, fragte er verächtlich. »Was erzählst du da für ein Ammenmärchen, Amber! Ich muss zugeben, dass es einen gewissen Charme hat. Aber ich bin ein Schiff. Ich wurde geschaffen, um zu segeln. Glaub nicht, dass ich freiwillig hier müßig auf diesem Strand liege, ohne dass mich dieser Müßiggang beinahe in den Wahnsinn treibt. Wenn meine Familie mich in die Sklaverei verkaufen will, dann muss es wenigstens eine vertraute Sklaverei sein. Ich habe keine Lust, dein Puppenhaus zu spielen.«
    Schon gar nicht, wo sie angedeutet hatte, dass sie ihn vielleicht doch verlassen musste, und dass ihre Freundschaft zu ihm nur bestand, weil etwas anderes sie in Bingtown hielt. Früher oder später

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