Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
nicht ganz verstehe. Das war einer der Gründe, warum ich Caolwn gebeten habe, diesen Besuch zu arrangieren.«
»Das habe ich schon vermutet«, erwiderte Keffria schwach. Sie sah ihre Mutter an. Ronica erwiderte den Blick und nickte kurz.
»Ehrlich gesagt, fand ich mich in einer höchst peinlichen Situation wieder. Ich dachte, es wäre das Beste, einfach zu schreiben und ehrlich zu berichten, was passiert ist. Ich versichere Euch, sobald die Traumdose gefunden wird, geben wir sie schnellstens zurück.«
Das war nicht einmal halb so elegant formuliert, wie es eigentlich hätte ausgesprochen werden müssen. Keffria biss sich auf die Lippen. Jani neigte den Kopf zur Seite.
»Eben das ist es, was mich verwirrt. Ich habe meinen Sohn zu mir gerufen und ihn zur Rede gestellt. Zu einem so impulsiven und leidenschaftlichen Verhalten ist nur mein Jüngster in der Lage. Reyn hat ein wenig herumgestammelt und ist rot angelaufen, denn bis jetzt hatte er noch kein sonderliches Interesse daran gezeigt, einer Frau den Hof zu machen. Aber er hat zugegeben, die Traumdose verschenkt zu haben. Ebenso wie den Schal und das Flammenjuwel.«
Sie schüttelte den Kopf. Es war eine Geste mütterlicher Zuneigung. »Ich habe ihn natürlich deswegen getadelt, aber ich fürchte, er empfindet wenig Reue. Offenbar ist er von Eurer Malta sehr angetan. Er hat natürlich den Traum, den sie geteilt haben, nicht mit mir besprochen. Das wäre ziemlich, sagen wir, ungehörig für einen Gentleman. Aber er hat mir versichert, dass sie sein Freien durchaus mit Wohlwollen aufgenommen hat.«
Sie lächelte sie an.
»Also nehme ich an, dass die Dose gefunden und von der jungen Dame geöffnet wurde.«
»Davon dürfen wir wohl alle ausgehen, davon bin ich überzeugt«, sagte Ronica plötzlich, bevor Keffria antworten konnte. Die beiden Vestrit-Frauen tauschten einen vielsagenden Blick, dessen Bedeutung niemandem entgehen konnte.
»Ach du meine Güte«, meinte Jani und seufzte entschuldigend.
»Wenn ich das richtig verstehe, dann teilt Ihr keineswegs die Begeisterung Eurer jungen Dame für die Werbung meines Sohnes.«
Keffrias Mund war trocken. Sie nippte an ihrem Wein, aber es nützte nichts. Stattdessen hustete sie verlegen und verschluckte sich. Sie rang noch nach Atem, als ihre Mutter für sie antwortete.
»Leider ist unsere Malta ein übermütiges kleines Ding. Voller List und Tücke, das kleine Mädchen.«
Ronicas Ton war unbeschwert, aber der Ausdruck auf ihrem Gesicht war mitfühlend. »Nein, Jani, es ist nicht die Werbung Eures Sohnes, die wir missbilligen. Es ist Maltas Alter und ihr kindisches Benehmen. Wenn Malta alt genug ist, um Freier zu empfangen, wird Reyn selbstverständlich von uns willkommen geheißen.
Und sollte er ihre Gunst erringen, würden wir uns von einer solchen Verbindung nur geehrt fühlen. Aber Malta ist noch ein Kind nach Jahren, auch wenn sie versucht, sich wie eine junge Frau aufzuführen. Und ich fürchte, sie hat auch noch diese kindliche Freude an Verstellung und List. Sie ist kaum dreizehn. Und sie wurde noch nicht in die Gesellschaft eingeführt. Er muss sie in ihrer Händlerrobe gesehen haben, bei der Versammlung, die Ihr einberufen habt. Hätte er sie in ihrer üblichen Kleidung zu Gesicht bekommen, in ihrem Mädchenkleid, hätte er seinen… Irrtum sicher erkannt.«
Schweigen folgte ihren Worten. Jani sah von einer Frau zur anderen. »Verstehe«, sagte sie dann. Sie schien sich unwohl zu fühlen. »Aus diesem Grund ist die junge Frau auch heute Abend nicht anwesend.«
Ronica lächelte sie an. »Sie ist schon lange im Bett, wie die meisten Kinder ihres Alters.«
Sie trank einen Schluck Wein.
»Jetzt befinde ich mich in einer höchst unangenehmen Lage«, erklärte Jani.
»Ich fürchte, unsere ist noch weit unerfreulicher«, mischte sich Keffria schnell ein. »Ich möchte vollkommen ehrlich zu Euch sein. Wir sind beide von der Erwähnung des Schals und des Flammenjuwels schockiert. Ich versichere Euch, dass wir beide von einem solchen Geschenk nichts wussten. Und wenn die Traumdose geöffnet worden ist… Nein, ich bin sicher, dass sie geöffnet wurde, denn Euer Sohn hat den Traum ja mit ihr geteilt… Also ist Malta auch hier die Schuldige.«
Sie seufzte.
»Ich muss mich in aller Demut für ihr schlechtes Benehmen entschuldigen.«
Trotz ihrer Bemühung, die Beherrschung zu behalten, merkte Keffria, wie sich ihre Kehle zusammenzog.
»Ich bin entsetzt.«
Sie hörte, wie ihre Stimme anfing zu
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