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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gegen die Backbordreling. Er hielt sich mit aller Kraft daran fest, auch wenn die See ihr Bestes tat, ihn davon loszureißen. Ein Sklave neben ihm hatte nicht soviel Glück. Er rammte die Reling, schwankte einen Augenblick und wurde dann über Bord gespült.
    Das Wasser lief durch die Speigatts ab. Die Männer an Deck wälzten sich wie Fische an Land hin und her, husteten, spuckten und rangen nach Luft. Wintrow sprang auf und kämpfte sich zum Heck durch. Er kam sich vor wie ein Insekt, das in einer Pfütze um sein Leben kämpft, einfach deshalb, weil etwas Lebendiges immer darum ringt, am Leben zu bleiben. Die meisten anderen Männer an Deck waren eindeutig keine Seeleute, jedenfalls nach der Art zu urteilen, wie sie sich an die Reling und die Taue klammerten. Man hatte anscheinend einen Schlüssel für die Handschellen gefunden, denn die meisten trugen keine Ketten mehr. Aus den Luken schauten noch mehr verängstigte Menschen hoch, riefen Ratschläge oder stellten Fragen. Bei jedem Brecher gingen sie in Deckung, schienen sich aber nicht darum zu kümmern, wieviel Wasser in das Schiff lief. Leichen von Matrosen und Sklaven rutschten bei jeder Neigung des Schiffes auf dem Deck hin und her. Wintrow starrte sie ungläubig an.
    Hatten sie nur um ihre Freiheit gekämpft, um jetzt zu ertrinken? Hatten sie die Mannschaft umsonst getötet?
    Er hörte plötzlich Sa’Adars Stimme. »Da ist er, da ist ja unser Junge! Wintrow, komm her! Sie haben sich hier verbarrikadiert.
    Gibt es eine Möglichkeit, diese Ratten auszuräuchern?«
    Er befehligte eine Bande von triumphierenden Kartenvisagen, die vor der Tür der Offizierskajüte am Heck standen. Trotz des Sturms und des hin und her schwankenden Schiffs schienen sie nur ans Töten zu denken.
    »Der Sturm wird uns versenken, wenn ich nicht ans Steuer komme!«, schrie er. Er riss sich zusammen und versuchte, befehlend zu klingen, wie ein Mann. »Hört mit dem Morden auf, sonst wird das Meer uns alle erledigen! Die Mannschaft soll herauskommen und das Schiff segeln, so gut es geht, ich flehe euch an! Wir nehmen mit jeder Welle Wasser auf.«
    Er hielt sich an der Leiter zum Heck fest, als die nächste Welle über das Schiff spülte. Entsetzt sah er, wie das Wasser in die offenen Luken floss. »Verschließt diese Luken!«, brüllte er sie an. »Und stellt Männer an die Pumpen, sonst ersaufen alle, die unter Deck liegen, noch vor uns anderen!«
    Er sah hoch. »Wir müssen die Segel reffen, damit der Wind weniger Angriffsfläche hat!«
    »Ich gehe nicht da rauf!«, erklärte ein Sklave lautstark. »Ich habe mich nicht von den Ketten befreit, damit ich auf eine andere Art sterbe!«
    »Dann stirbst du, wenn wir alle untergehen!«, schrie Wintrow ihn an. Seine Stimme brach, wie die eines Jungen im Stimmbruch. Einige der Sklaven machten halbherzige Versuche, die Luken zu schließen, aber keiner war bereit, seinen sicheren Halt dafür auch nur einen Augenblick aufzugeben.
    »Felsen!«, schrie Viviace. »Felsen! Wintrow, geh ans Ruder, ans Ruder!«
    »Lasst die Mannschaft heraus! Versprecht ihnen, ihr Leben zu schonen, wenn sie eures retten!«, brüllte er Sa’Adar an. Dann krabbelte er schnell die Leiter hoch.
    Comfrey war am Ruder gestorben, als ihn jemand von hinten erschlagen hatte. Sein Mörder hatte ihn einfach liegen lassen, und Comfreys Leichnam hatte sich in den Speichen verfangen. Nur das Gewicht seines Körpers verhinderte, dass das Ruder bei jeder Welle hin und her schlug. »Es tut mir leid, es tut mir so leid!«, plapperte Wintrow entschuldigend, als er den schlaksigen Körper wegzog. Er trat ans Ruder und packte es, unterbrach mit einem Ruck das zufällige Hin-und Herdrehen. Er holte so tief Luft wie er konnte. »SAG MIR, WAS ICH TUN SOLL!«, schrie er und hoffte, dass seine Stimme trotz des Sturms bis zum Bug trug.
    »HART BACKBORD!«, schrie Viviace zurück. Ihre Stimme wurde nicht nur vom Wind bis zu ihm getragen, sondern schien durch seine Hände in seinen Körper zu vibrieren. Da bemerkte er, dass die Speichen des Rades aus Hexenholz bestanden. Er packte sie fester. Auch wenn er nicht wusste, ob das eine Sünde war, bat er nicht Sa um Hilfe, sondern flehte um Einheit mit dem Schiff. Er vergaß seine Furcht, sich in ihr zu verlieren.
    »Ruhig«, flüsterte er ihr zu und wurde fast augenblicklich belohnt, als sie beinahe panisch die Verbindung herstellte. Er spürte ihre Angst, aber auch ihren Mut. Jetzt nahm er sie durch den Sturm und die Strömung wahr. Ihr Rumpf aus

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