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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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glaubt, dass jemand, der ihm überlegen ist, von seiner Willkür abhängt. Das hat auch Brashen vertrieben. Der Mann war ein guter Seemann, außer wenn Torg ihm im Nacken saß. Torg drangsaliert einen Mann und weiß nicht, wann er von ihm ablassen muss.«
    Gantry sprach zurückhaltend weiter. »Das hat nichts mit Bevorzugung zu tun, fürchtet das nicht. Mir ist es gleich, wie dieser Bursche heißt, Sir. Er ist ein Arbeiter an Bord, und ein Schiff segelt am besten, wenn alle Arbeiter arbeiten können.«
    Er hielt inne. »Ich werde mit Torg reden«, wiederholte er, und diesmal schwieg Kyle. Gantrys nächste Worte waren an Wintrow gerichtet.
    »Du bist dazu bereit.«
    Es war keine Frage, sondern nur eine Bestätigung, dass der Junge es richtig gesehen hatte.
    »Ich bin bereit.«
    Wintrows Stimme klang leise und tief. Er sank auf ein Knie herab, als wollte er seine Loyalität verkünden, und legte seine verletzte Hand auf das Deck der Viviace . Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf diese Berührung, auf die gespreizten Finger, die sich gegen die Planken aus Hexenholz pressten. Schweigend dankte sie dem Umstand, dass auch das Vordeck mit Hexenholz versehen worden war. Es war ein fast unerhörter Luxus, das kostspielige Hexenholz hierfür zu verwenden, aber heute würde sie dafür sorgen, dass es jedes Goldstück wert war, das die Vestrits dafür ausgegeben hatten. Sie stellte Kontakt zu seiner Hand her, verknüpfte ihren Willen mit seinem, so dass er die Finger nicht von der Stelle nehmen würde, auf die er sie gelegt hatte.
    Der Maat hatte sich neben ihn hingehockt und packte einen Segeltuchbeutel mit Besteck aus. Messer und Sonden ruhten in eigens dafür vorgesehenen Taschen, während Nadeln in dem Stoff steckten. Als der letzte Teil aufklappte, kamen Sägen zum Vorschein, sowohl feine als auch grobzahnige. Wintrow schluckte. Gantry legte Bandagen aus Mull und Leinen neben ihn.
    »Du wirst Brandy brauchen«, sagte Gantry. Viviace spürte, wie der Herzschlag des Mannes vibrierte, und war froh, dass er die Sache nicht so gefühllos anging.
    »Nein«, antwortete der Junge leise.
    »Er wird einen wollen. Hinterher.«
    Sie wagte es, sich einzumischen, und Wintrow widersprach ihr nicht.
    »Ich hole ihn«, sagte Kyle heiser.
    »Nein.«
    Wintrow und Viviace hatten das Wort gleichzeitig ausgesprochen.
    »Ich möchte, dass Ihr bleibt«, sagte Viviace leiser. Es war ihr Recht. Und für den Fall, dass Kyle es nicht verstand, sprach sie es laut aus: »Wenn Ihr Wintrow schneidet, blute auch ich. In gewisser Weise«, fügte sie hinzu. Sie versuchte, ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. »Ich habe das Recht zu verlangen, dass Ihr hier bleibt, bei mir, wenn so etwas Beunruhigendes wie das hier auf meinem Deck passiert.«
    »Wir könnten den Jungen nach unten bringen«, schlug Kyle mürrisch vor.
    »Nein.«
    Sie maßregelte ihn erneut. »Wenn diese Verstümmelung erforderlich ist, will ich, dass sie hier ausgeführt wird, wo ich Zeugin sein kann.«
    Sie sah keinen Grund, ihm zu sagen, dass sie es merken würde, ganz gleich, wo auf dem Schiff diese Amputation durchgeführt wurde. Wenn er ihre wahre Natur so wenig kannte, sollte er eben unwissend bleiben. »Schickt einen Eurer Leute.«
    Kyle folgte ihrem Blick, drehte sich um und wäre beinahe zusammengezuckt. Die Neuigkeit hatte sich offenbar rasch herumgesprochen. Alle Matrosen, die Freiwache hatten, hatten irgendeinen Vorwand gefunden, sich auf dem Vordeck herumzutreiben. Mild war kalkweiß im Gesicht und wäre beinahe aus der Haut gefahren, als Kyle auf ihn deutete. »Du.
    Hol den Brandy und ein Glas. Schnell.«
    Der Junge reagierte sofort. Seine nackten Füße klatschten auf die Bohlen, als er davonlief. Die anderen rührten sich nicht.
    Kyle hielt es für besser, sie zu ignorieren.
    Wintrow holte tief Luft. Wenn er bemerkt hatte, dass die halbe Mannschaft zusah, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er redete nur mit Gantry. Vorsichtig hob er die linke Hand und deutete damit auf die verletzte Rechte. »Es gibt da eine Stelle… Hier, am Knöchel. Dort sollt Ihr schneiden. Ihr müsst… mit der Messerspitze hineinstechen… und fühlen, während Ihr schneidet. Wenn Ihr den Knöchel an Eurer eigenen Hand abtastet, findet Ihr die Stelle, die ich meine. So wird kein Knochenstück übrig bleiben… Ich möchte, dass Ihr danach die Haut über der… der Stelle zusammenzieht. Und vernäht.«
    Er räusperte sich und sprach deutlich weiter. »Und seid lieber vorsichtig

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