Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
grünen Seeschlange nicht. Stattdessen blieben die drei, wo sie waren. Gemeinsam genossen sie das verzückte Lied und waren doch eigenartig davon getrennt. Es war, als würden die Worte sie aus einer weit entfernten Vergangenheit erreichen, einer Zeit, die sie niemals wieder zum Leben erwecken konnten.
Sein Blick war auf den Mond gerichtet, und sein Kopf schwang rhythmisch zu dem Lied. Der Grüne wiederholte den letzten Refrain die vorgeschriebenen drei Male. Während er den letzten reinen Ton hielt, bemerkte Shreeva, dass einige andere Seeschlangen sich zu ihnen gesellt hatten. Die meisten sahen sich ziellos um, als suchten sie eine Nahrungsquelle. Der Versorger war weitergezogen, wie üblich. Seine Hülle war schon am Horizont verschwunden. Morgen würden sie alle seiner Fährte durch die Fülle folgen. Ihn konnten sie mit Leichtigkeit einholen.
Da sie sich nicht auf den Versorger konzentrieren konnten, blickten sie alle auf den Grünen. Er behielt seine Haltung bei, und sein Blick blieb auf den Mond gerichtet. Mit der letzten gehaltenen Note atmete er aus. Dann endete das Lied. Das Schweigen umhüllte sie wie eine logische Fortführung des Liedes. In diesem Moment bemerkte Shreeva eine kaum wahrnehmbare Veränderung in der Gruppe. Einige der anderen Schlangen wirkten verwirrt, als ob sie sich bemühten, sich an etwas zu erinnern. Alle blieben still.
Alle außer Maulkin. Mit einer Schnelligkeit, die seine fahle Haut und seinen hageren Körper Lügen strafte, überbrückte er die Entfernung zwischen sich und der grünen Seeschlange. Seine blassen falschen Augen schimmerten kurz golden auf, und seine Augen strahlten kupferfarben, als er den Grünen umschlang. Maulkin schmierte den anderen mit dem letzten bisschen Gift ein, das er noch produzieren konnte, und zog ihn dann in seiner Umarmung in die Tiefe hinab.
Shreeva hörte den verrückten Schrei der Kreatur. Kein bisschen Intelligenz war in diesem Schrei zu hören. Es war der Wutschrei eines in die Ecke getriebenen Wesens. Sie folgte dem miteinander kämpfenden Paar zusammen mit Sessurea bis zum schlammigen Boden. Als sie zusammen aufschlugen, stieg Schlick auf und verdunkelte die Fülle. »Er wird ersticken!«, schrie Shreeva entsetzt.
»Es sei denn, dieser Grüne reißt ihn vorher in Stücke«, erwiderte Sessurea grimmig. Ihre Mähnen schwollen mit Gift an, als sie hinunterschossen. Shreeva merkte, dass die anderen Seeschlangen sich verwirrt entrollten und wieder verschlangen. Maulkins Verhalten hatte sie aufgeschreckt. Niemand konnte vorhersagen, wie sie reagieren würden. Es ist durchaus möglich, dass sie sich auf uns drei stürzen, dachte sie kalt. Wenn das passierte, hatte Maulkins Knäuel nur geringe Überlebenschancen.
Sie deckte Sessureas Flanke, als sie in die schlammige Dunkelheit hinabtauchten. Fast im gleichen Augenblick musste sie würgen. Es war ein schreckliches Gefühl. All ihre Instinkte drängten sie, in sauberes Wasser zu fliehen. Aber sie war ja kein Tier, das durch seine Instinkte gesteuert wurde. Sie zwang sich dazu, tiefer zu tauchen, bis sie die Vibrationen des Kampfes spürte und die Gegner umschlingen konnte. Sie hatte so viel Schlick im Maul, dass sie nicht einmal riechen konnte, wer wer war. Sie hatte ihre Augen doppelt gegen den salzigen Schlick geschützt und ließ das bisschen Gift ab, das sie aufbringen konnte. Hoffentlich betäubte oder schwächte es Sessurea nicht. Dann schlang sie sich um die beiden Kämpfenden und zerrte sie mit aller Kraft nach oben in saubereres Wasser, wo sie alle atmen konnten.
Sie hatte das Gefühl, als schwimme sie durch eine Schule von winzigen Glühfischen. Bunte Punkte und Streifen trübten ihre Sicht. Jemand direkt neben ihr hatte Gift versprüht. Es brannte und versengte sie, ätzte ihr Visionen ins Gehirn. Sicher versuchte sie gerade, den Boden der Fülle selbst zu heben. Sie sehnte sich danach, ihre Last loszulassen und nach oben zu schwimmen. Mühsam kämpfte sie weiter.
Plötzlich strömte frischeres Wasser durch ihre Kiemen. Vorsichtig klappte sie die Lider von ihren Augen, öffnete weit das Maul und spülte ihre Kiemen aus. Dadurch wurde sie noch empfänglicher für das Gift im Wasser. Sie schmeckte das schwache Echo der einst so wirksamen Gifte Maulkins und die weniger disziplinierten Säuren von Sessurea. Auch der Grüne hatte Gifte ausgestoßen. Sie waren dicht und stark, aber hauptsächlich dafür gemacht, Fische zu betäuben. Sie waren zwar unangenehm, aber sie behinderten sie
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