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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hätte.« Er wollte fragen, ob Althea auch kommen würde, aber diese Frage verkniff er sich.
    »Zu uns ist kein Läufer gekommen«, informierte ihn Ronica Vestrit gespannt. »Aber ich habe schon befürchtet, dass früher oder später jemand an unsere Tür klopfen würde und dass die Nachrichten nicht besonders gut sein würden.« Sie führte sie ins Arbeitszimmer und schloss die Tür fest hinter sich. »Setzt Euch, Trell. Was wisst Ihr? Ihr segelt nicht auf der Viviace. Ich weiß, dass Kyle Euch durch einen eigenen Mann ersetzt hat. Also, wie kommt es, dass Ihr uns diese Nachricht überbringt?«
    Wie viel von der Wahrheit schuldete er ihr? Wäre sie Althea gewesen und hätten sie ruhig bei einem Glas Bier zusammengesessen, hätte er ihr alles erzählt und es ihr überlassen, über ihn zu urteilen. Wer mit Piraten gemeinsame Sache machte, konnte gehängt werden, und er konnte nicht leugnen, was er getan hatte. Er würde trotzdem nicht lügen, aber er würde einfach nicht die ganze Wahrheit erzählen.
    »Die Viviace ist von Piraten gekapert worden.« Seine Worte fielen in die Stille wie ein Anker, der ohne Kette ins Wasser stürzt. Bevor sie sich so weit erholt hatten, dass sie ihn mit Fragen überhäufen konnten, fügte er hinzu: »Viel mehr weiß ich auch nicht. Sie wurde in einem Außenposten der Piraten gesehen, wo sie in einem Hafen vor Anker lag. Ich weiß weder, was aus ihrem Kapitän, noch, was aus der Mannschaft geworden ist. Es tut mir sehr Leid, Euch das erzählen zu müssen, und noch mehr bedaure ich, Euch zu sagen, dass es sich bei dem Piraten, der sie gekapert hat, um Kapitän Kennit handelt. Ich weiß nicht, warum er hinter der Viviace hergejagt ist. Man redet offen davon, dass er auf einem sehr ehrgeizigen Kreuzzug ist. Anscheinend träumt er davon, die Piraten-Inseln zu einem Königreich zu vereinen. Deshalb jagt er Sklavenschiffe. Den Gerüchten zufolge tötet er die Mannschaft, lässt die Sklaven frei, um ihr Wohlwollen zu gewinnen und das der anderen Piraten, die ebenfalls die Sklaverei hassen.« Ihm gingen der Atem und die Worte aus. Während er sprach, war Keffria auf ihrem Stuhl zusammengesunken, als hätte sie keine Knochen mehr im Leib und als würden seine Worte ihr jeden Funken Leben nehmen. Sie hatte beide Hände vor den Mund gepresst, um einen lauten Klageschrei zu ersticken.
    Ganz anders Ronica Vestrit. Sie stand da, als wäre sie zu Holz erstarrt. Ihr Gesicht war vor Verzweiflung verzerrt, und mit ihren alten Händen umklammerte sie die Lehne eines Stuhls.
    Nach einer langen Pause holte Ronica vernehmlich Luft. Sie flüsterte nur, was ihr dennoch ungeheure Mühe zu bereiten schien. »Überbringt Ihr die Lösegeldforderung?«
    Das beschämte ihn. Die alte Frau verstand schnell. Sie hatte seine Kleidung gesehen und vermutet, was er im Moment tat. Sie hielt ihn für Kennits Unterhändler. Die Scham brannte tief in ihm, aber er konnte es ihr nicht verübeln. »Nein«, erwiderte er. »Ich weiß kaum mehr, als ich Euch gesagt habe.« Er seufzte. »Ich glaube nicht, dass eine Lösegeldforderung erhoben wird. Dieser Kapitän Kennit scheint mit seiner Beute sehr zufrieden zu sein. Zumindest das Schiff wird er behalten. Von den Männern, die an Bord waren, weiß ich nichts. Tut mir Leid.«
    Das folgende Schweigen war eisig. Seine Neuigkeiten hatten ihr Leben verändert. Mit einigen wenigen Worten hatte er all ihre Hoffnungen zunichte gemacht. Das Schiff hatte sich nicht einfach nur verspätet. Sein Kapitän würde nicht mit Gold nach Hause kommen. Stattdessen mussten sie jetzt alles für das Lösegeld zusammenkratzen, wenn sie überhaupt das Glück hatten, eine Lösegeldforderung zu bekommen. Die Neuigkeiten, die er überbracht hatte, würden die Vestrits ruinieren. Und der Überbringer dieser Nachricht machte sich entsprechend verhasst: Er wartete darauf, dass der Sturm losbrach.
    Keine der beiden weinte. Und sie schrieen auch nicht oder beschuldigten ihn der Lüge. Keffria schlug die Hände vors Gesicht. »Wintrow«, sagte sie leise. »Mein kleiner Junge.« Ronica schien vor seinen Augen zu altern. Sie ließ die Schultern sinken, und die Furchen in ihrem Gesicht traten deutlicher hervor, als sie sich zu einem Sessel tastete und sich mit starrem Blick niederließ. Brashen fühlte sich von der gewaltigen Verantwortung beinahe erdrückt. Was hatte er erwartet? Er suchte verzweifelt nach verschwundenen Bildern, in denen sich Althea mit wütend funkelnden Augen an ihn als ihren Freund wandte und ihn

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