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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sich um und tastete sich vorsichtig durch die Finsternis zurück zum Haus. Nachdenklich runzelte sie die Stirn und glättete sie dann rasch wieder. Sie wollte auf keinen Fall irgendwann so viele Runzeln haben wie ihre Mutter. Brashen hatte sie schon dazu gebracht, die Stirn zu runzeln. Er war zuerst so grob zu ihr gewesen, aber nachdem sie ihm Kaffee angeboten und mit ihm geflirtet hatte, reagierte er eindeutig auf sie. Wenn er sie heute Abend in der Laube erwartet hätte, wäre sie gründlich geküsst worden. Sie erschauderte plötzlich bei diesem Gedanken. Nicht, dass sie ihn mochte. Er sah mit seinem Seidenhemd und dem langen Schnurrbart viel zu derb aus, wie ein Pirat. Und er hatte immer noch nach Schiff gestunken, als er sie besucht hatte. Seine Hände waren rau und schwielig. Nein. Sie fühlte sich zu dem Mann nicht hingezogen. Aber die Blicke, die er Tante Althea zuwarf, hatten ihr Interesse erregt. Der Seemann hatte sie beobachtet wie eine hungrige Katze, die einen Vogel verfolgt. Althea hatte seine Blicke nicht erwidert. Selbst wenn sie mit ihm sprach, brachte sie es fertig, derweil aus dem Fenster zu blicken, in einer Tasse zu rühren oder an ihren Fingernägeln zu zupfen. Dass sie seinen Blick nicht erwiderte, hatte ihn getroffen. Immer wieder hatte er sie direkt angesprochen. Einmal war sie sogar zu Selden gegangen, hatte sich auf den Boden neben ihn gesetzt und seine Hand genommen, als könnte ihr Neffe sie vor Brashens gierigen Blicken schützen.
    Malta bezweifelte, dass ihre Mutter und ihre Großmutter das bemerkt hatten, aber sie hatte es gesehen. Und sie nahm sich ganz fest vor herauszufinden, was es mit den beiden auf sich hatte. Sie wollte herausfinden, wie Althea es bewerkstelligte, dass ein Mann sie so ansah. Was musste sie sagen, damit Cerwin sie so innig anblickte? Sie schüttelte den Kopf. Nein. Nicht Cerwin. Der Vergleich mit seinem älteren Bruder hatte ihr die Augen geöffnet. Er war immer noch ein Junge, der keine Hitze in seinem Blick hatte und auch keine Macht besaß. Er war ein kleiner Fisch, ein Fang, den sie wieder zurückwerfen sollte. Selbst Reyn hatte mehr Wärme in seiner Berührung. Reyn brachte ihr auch immer Geschenke. Sie packte die Klinke der Küchentür und schob sie leise auf. Vielleicht würde sie heute Abend doch die Traumdose benutzen.

    Brashen stand vom Tisch auf. Das Bier, das er bestellt hatte, war noch unberührt. Als er sich umdrehte und die Taverne verließ, sah er, wie sich jemand verstohlen über das Bier hermachte. Er grinste verbittert. Einen schönen Ort hatte er sich da ausgesucht. Genau das Richtige für einen Mann, der nichts festhalten konnte.
    Draußen wurde es wieder Nacht. Die Taverne, die er besucht hatte, lag im rauesten Teil von Bingtown und teilte sich die Straße mit Lager- und Hurenhäusern. Das Beste wäre, zur Springeve zurückzugehen. Finney erwartete ihn. Aber er hatte dem Mann nichts zu sagen, und plötzlich wurde ihm klar, dass er wahrscheinlich gar nicht zurückgehen würde. Niemals. Es war nicht sehr wahrscheinlich, dass Finney in Bingtown nach ihm suchen würde. Es wurde Zeit, sich von dieser Betätigung zu lösen. Allerdings hieß das auch, das Cindin, das er noch in der Tasche hatte, war das Letzte. Er blieb stehen und fischte danach. Als er es fand, war es noch kleiner, als er es in Erinnerung gehabt hatte. Hatte er schon etwas davon genommen? Vielleicht. Ohne Reue schob er das letzte Stück unter seine Lippe und ging weiter. Vor etwas über einem Jahr waren er und Althea gemeinsam eine Straße in Bingtown entlanggegangen. Vergiss es. Es war unwahrscheinlich, dass dies jemals wieder geschehen würde. Sie flanierte jetzt mit Grag Tenira durch die Straßen.
    Gut. Wenn er also nicht zur Springeve zurückging, wohin dann? Seine Füße wussten die Antwort auf diese Frage schon längst. Sie trugen ihn aus der Stadt, weg von den Lichtern und den langen einsamen Strand entlang, wo der aufgegebene Paragon im Sand lag. Brashen lächelte. Einige Dinge änderten sich nie. Er war wieder in Bingtown, beinahe mittellos, und er konnte ein verlassenes Schiff seinen einzigen Freund nennen. Er und das Schiff hatten eine Menge gemein. Sie waren beide Ausgestoßene.
    Unter dem sternenübersäten Sommerhimmel herrschte Frieden. Die Wellen schlugen leise klatschend an den Strand. Der Wind war gerade stark genug, dass er nicht schwitzte, während er über den lockeren Sand ging. Es wäre ein wunderbarer Abend gewesen, wenn es etwas gegeben hätte, weswegen

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