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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und durch ihn mit seinen großen kupfer-farbenen Augen, die die Größe von Wagenrädern hatten. Diese Augen drehten sich, und die Farben wirbelten um die großen, elliptischen Pupillen. Er konnte seinen Blick nicht davon abwenden, und er konnte sich auch nicht aus dem Traum befreien und aufwachen. Der Drache war in seinem Hexenholzkokon eingesperrt – und er in ihm.
    »Du verstehst das nicht«, stöhnte er im Schlaf. »Die Fensterläden sind begraben, die Kuppel ist begraben. Die Sonne wird nie wieder in diese Kammer scheinen.«
    »Dann öffne die großen Türen, und zieh mich heraus. Mach Rollen darunter, wenn das nötig sein sollte, und benutze Pferde. Zieh mich raus, es ist mir gleich, wie. Nur bring mich ans Sonnenlicht.«
    Das Drachenweibchen verstand einfach gar nichts. »Das geht nicht. Du bist zu groß, als dass ein Mann allein dich bewegen könnte, und niemand würde mir helfen. Selbst wenn ich viele Helfer und eine Menge Pferde hätte, würde das nichts nützen. Die Tür wird sich auch nie wieder öffnen. Es weiß ja nicht einmal jemand, wie sie ursprünglich überhaupt aufgegangen ist. Außerdem liegt sie ebenfalls unter der Erde. Bevor wir sie öffnen können, müssten wir mit einer ganzen Schicht Männer monatelang die Erde abtragen. Und selbst dann bekämen wir die Tür nicht auf. Das Gebäude hat Risse und ist baufällig. Wenn die Tür bewegt wird, würde wahrscheinlich das ganze Bauwerk einstürzen. Du würdest noch tiefer begraben, als du es jetzt schon bist.«
    »Das ist mir egal! Geh das Risiko ein, öffne die Tür. Ich könnte dir dabei helfen herauszufinden, wie das geht.« Ihre Stimme wurde verführerisch. »Ich könnte dir alle Geheimnisse der Stadt verraten. Du müsstest mir nur versprechen, diese Türe zu öffnen.«
    Irgendwie schüttelte er den Kopf. Sein Kissen war schweiß-nass. »Nein. Du würdest mich mit Erinnerungen ertränken. Es würde niemandem von uns etwas nützen. Versuch nicht einmal, mich damit zu locken.«
    »Dann geh gewaltsam vor. Äxte und Hämmer müssten durchkommen. Selbst wenn sie zusammenbricht und ich sterbe, wäre das mehr Freiheit als meine Lage jetzt. Reyn, Reyn, warum befreist du mich nicht? Wenn du wirklich mein Freund wärst, würdest du mich befreien.«
    Er wand sich unter ihren herzzerreißenden Worten. »Ich bin dein Freund. Das bin ich wirklich. Ich möchte dich so gerne befreien, aber ich schaffe es nicht allein. Ich muss zuerst noch andere für meine Sache gewinnen. Dann werde ich einen Weg finden. Hab Geduld, ich bitte dich. Sei geduldig.«
    »Hunger weiß nichts von Geduld. Wahnsinn weiß nichts von Geduld. Sie sind unerbittlich. Reyn, Reyn, warum kann ich dir nicht klarmachen, was du mit deiner Grausamkeit anrichtest? Du tötest uns alle, und zwar für alle Zeiten. Lass mich raus! Lass mich endlich raus!«
    »Das kann ich nicht!«, schrie er und riss die Augen auf. Er war in seiner dunklen Schlafkammer. Er setzte sich in seinem Bett auf und atmete wie ein Ringer. Sein schweißnasses Bettzeug umhüllte ihn wie ein Leichentuch. Er befreite sich davon und trat nackt mitten ins Zimmer. Das Fenster war offen, und die Nachtluft kühlte seinen überhitzten Körper. Er fuhr sich mit den Händen durch sein lockiges Haar. Dann kratzte er sich an dem neuesten Geschwür an seiner Kopfhaut und ließ schließlich die Hände sinken. Er ging zum Fenster und blickte hinaus.
    Die Regenwild-Siedlung Trehaug hing in den Bäumen entlang der Ufer des Regenwild-Flusses. Von einer Seite seines Heims konnte er den reißenden Fluss sehen. Von der anderen Seite konnte er durch die Bäume die Alte Stadt erkennen. Dort brannten immer noch einige Lichter. Die Arbeit an den Ausgrabungen ruhte nie. Wenn man in den tiefsten Kammern arbeitete, war es gleichgültig, ob draußen Tag oder Nacht war. Im Inneren des Hügels herrschte ewige Dunkelheit. Genauso wie in dem Hexenholzsarg in der Kammer des Gekrönten Hahns.
    Er erwog erneut, seiner Mutter von diesen Alpträumen zu erzählen, aber er wusste genau, wie sie reagieren würde. Sie würde anordnen, dass der letzte Hexenholzstamm gespalten wurde. Der ungeheuer weiche Körper würde auf den eisigen steinernen Boden fallen, und aus dem Hexenholzstamm würden Planken und Bohlen für ein Schiff. Es war nach dem Wissen der Regenwild-Händler die einzige Substanz, die dem säurehaltigen Wasser des Regenwild-Flusses standhielt. Selbst die Bäume und Büsche entlang des Ufers überlebten nur so lange, wie ihre Rinde intakt war. In dem Moment,

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