Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
furzenden Ton, woraufhin der Junge wieder einen Lachkrampf bekam. Das Schiff hob die freie Hand, um sein Kichern zu unterdrücken, aber der Junge lachte laut und herzlich. Althea blieb stehen und schaute ihn ungläubig an. Hinter ihr lachte Brashen ebenfalls. Paragon drehte sich um und grinste. »Ach, da seid ihr ja.«
»Da sind wir«, bestätigte Amber. »Alle.« Sie näherte sich der Galionsfigur, streckte die Hand aus und berührte seinen Unterarm. »Paragon. Wir sind hier, weil wir mit dir über etwas reden wollen. Etwas sehr Wichtiges.«
Das Gelächter verstummte abrupt. »Über etwas Schlimmes?« fragte er unsicher.
»Etwas Gutes«, meinte Amber beruhigend. »Jedenfalls glauben wir das alle.« Sie sah sich um und ließ ihren Blick dann über den Strand gleiten. Althea folgte ihrem Beispiel. Ihre Mutter und Amis Ludluck würden bald hier sein. »Es geht um die Möglichkeit, etwas Gutes zu tun, und zwar mit deiner Hilfe. Ohne dich geht es nicht.«
»Ich bin kein Kind mehr«, sagte das Schiff. »Sprich deutlicher.« Seine Unruhe wuchs. »Wie könnten wir zusammen etwas tun? Und was?«
Amber rieb sich nervös über das Gesicht. Sie sah Althea und Brashen an und konzentrierte sich dann auf das Schiff. »Ich weiß, dass du kein Kind bist. Ich habe damit Schwierigkeiten, weil ich so viel Angst habe, dass du nicht mitmachst. Also, Paragon, es geht um Folgendes: Du kennst doch das Lebensschiff der Vestrits, die Viviace. Sie ist von Piraten gekapert worden. Du weißt davon. Du hast gehört, wie wir darüber geredet und überlegt haben, was wir tun können. Nun, Althea möchte hingehen und sie retten. Brashen und ich auch.« Sie holte tief Luft. »Wir möchten, dass du das Schiff bist, das uns dorthin bringt. Wie fändest du das?«
»Piraten«, sagte er atemlos. Er kratzte sich mit der freien Hand am Bart. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Ich mag euch alle. Ich bin gern mit euch zusammen. Kein Schiff sollte den Piraten überlassen werden. Es sind schreckliche Gestalten.«
Althea atmete wieder. Es würde klappen.
»Haben die Ludlucks gesagt, dass sie mich dorthin bringen würden?«
Brashen hustete nervös. Amber sah sich um und forderte sie auf, etwas zu sagen, aber keiner traute sich. »Die Ludlucks erlauben uns, dich dorthin zu bringen.«
»Aber wer… Du meinst doch wohl nicht, dass kein Mitglied der Familie an Bord wäre?« Er klang ungläubig. »Kein Zauberschiff segelt ohne ein Familienmitglied an Bord.«
Brashen räusperte sich. »Ich bin da, Paragon. Nach all den Jahren, die wir uns kennen, bist du für mich die einzige Familie, die ich habe. Würde das genügen?«
»Nein. Nein, Brashen.« Das Schiff hob nervös die Stimme. »Ich mag dich, wirklich, aber du bist kein Ludluck. Ich schon. Ich kann nicht ohne ein Familienmitglied an Bord in See stechen.« Er schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Sie würden das nicht zulassen. Das wäre so, als würden sie mich für immer aufgeben, als glaubten sie, dass ich niemals etwas taugen werde. Nein.« Er umfasste die Schäferflöte mit beiden Händen, aber seine Finger zitterten immer noch. »Nein.«
Altheas Mutter und Amis Ludluck waren stehen geblieben. Amis starrte den Paragon an. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und presste die Lippen zusammen. Althea sah die Ablehnung in ihrer Haltung. Sie war froh, dass das Schiff blind war. Davad kam keuchend heran.
»Paragon«, sagte sie ruhig. »Bitte, hör mir zu. Es ist schon Jahre her, dass ein Ludluck bei dir an Bord war. Du warst allein, bis auf uns. Trotzdem hast du überlebt. Ich glaube, du bist anders als die meisten anderen Lebensschiffe. Ich glaube, dass du auch ein Gespür für dich selbst hast, abgesehen von deiner Familie. Ich glaube, du hast gelernt… unabhängig zu sein.«
»Ich habe nur überlebt, weil ich nicht sterben kann!«, schrie er. Er hob die Flöte, als wollte er damit nach ihnen schlagen. Stattdessen riss er sich zusammen und legte das kostbare Instrument auf sein schiefes Deck. Er atmete schwer durch die Nase, als er sich zu ihnen umdrehte. »Ich lebe in Schmerzen, Althea. Ich lebe am Rand des Wahnsinns! Glaubst du, ich wüsste das nicht? Ich habe gelernt… Was habe ich gelernt? Nichts. Nur, dass ich weitermachen muss, also mache ich weiter. Eine Leere verzehrt mich von innen, ohne dass sie jemals befriedigt wird. Sie frisst meine Tage auf, einen nach dem anderen, verzehrt Sekunde um Sekunde, und jeden Tag wachse ich weniger, aber ich kann einfach nicht erlöschen.« Er lachte
Weitere Kostenlose Bücher