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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ihr vorwerfen. Das würde Etta die Mühe ersparen, es später selbst tun zu müssen.« Er spottete, aber sie hörte die Verzweiflung in seinem Tonfall.
    »Du sprichst ihre Gedanken aus, nicht deine eigenen. Sie beeinflusst dich, weil sie Nahrung will. Sie glaubt, wir schulden ihr Nahrung. Und sie hat keine Skrupel, dir einzureden, dass dein Körper sie befriedigen könnte. Hör ihr nicht zu.«
    »Woher weißt du, was sie denkt und will?« Wintrow hatte aufgehört aufzuräumen, trat an die Reling und beugte sich zu der Galionsfigur hinunter. Sie sah ihn über die Schulter hinweg an. Sein müdes Gesicht ließ ihn älter wirken. Einen Augenblick überlegte sie, wie viel sie ihm verraten sollte, dann befand sie, dass es sinnlos war, ihn zu verschonen. Irgendwann musste er es erfahren.
    »Sie gehört zur Familie«, erklärte sie. Als Wintrow sie erstaunt ansah, zuckte sie mit den Schultern. »So fühlt es sich für mich an. Ich habe zu ihr dieselbe Art von Verbindung. Nicht so stark wie die, die du und ich jetzt teilen, aber sie ist unbestreitbar da.«
    »Das ergibt keinen Sinn.«
    Sie zuckte erneut mit den Schultern und wechselte dann unvermittelt das Thema. »Du musst aufhören zu glauben, dass Kennit sicher sterben wird.«
    »Warum? Willst du mir sagen, dass er auch zur Familie gehört und meine Gedanken wahrnimmt?«
    Seine Stimme klang eine Spur verbittert. War er eifersüchtig? Sie versuchte, sich ihre Freude darüber zu verkneifen, aber sie konnte nicht widerstehen, ihn ein bisschen zu ärgern. »Deine Gedanken? Nein, deine Gedanken kann er nicht spüren. Ich bin es, die er wahrnimmt. Er erreicht mich und ich ihn. Wir sind einander gewahr. Natürlich noch sehr dürftig. Ich kenne ihn nicht lange genug, um eine stärkere Verbindung aufzunehmen. Sein Blut, das in meine Planken geronnen ist, besiegelt dieses Band auf eine Art und Weise, die ich nicht erklären kann. Blut ist Erinnerung. So wie deine Gedanken die meinen berühren, so beeinflussen sie auch die von Kennit. Ich versuche zu verhindern, dass deine Ängste in ihn einströmen, aber es kostet mich sehr viel Mühe.«
    »Du bist mit ihm verbunden?«, fragte Wintrow.
    »Du hast mich gebeten, ihm zu helfen. Du hast mich gebeten, ihm Kraft zu geben. Glaubst du, dass das geht, ohne eine Verbindung mit ihm zu haben?« Viviace war über seine Missbilligung empört.
    »Ich nehme an, dass ich über diesen Aspekt nicht nachgedacht habe«, gab Wintrow zögernd zu. »Spürst du ihn jetzt auch?«
    Viviace dachte darüber nach und lächelte plötzlich schwach. »Ja, das tue ich. Und zwar deutlicher als vorher.« Ihr Lächeln erlosch. »Vielleicht liegt das daran, dass er schwächer wird. Ich glaube, er hat nicht mehr die Kraft, sich von mir abzugrenzen.« Sie konzentrierte sich rasch wieder auf Wintrow. »Deine Überzeugung, dass er sterben wird, liegt wie ein Fluch auf ihm. Du musst irgendwie deine Einstellung ändern und ihn dir nur als Lebenden vorstellen. Sein Körper hört auf seinen Verstand. Gib ihm deine Stärke.«
    »Ich werd's versuchen«, erwiderte er mürrisch. »Aber ich kann mich kaum aufrichtig von etwas überzeugen, von dem ich weiß, dass es gelogen ist.«
    »Wintrow.« Es war ein unüberhörbarer Tadel.
    »Na gut.« Er legte beide Hände auf die Bugreling, sah hoch und richtete den Blick fest auf den Horizont. Der schöne Frühlingstag versank allmählich im Zwielicht. Der blaue Himmel wurde dunkler, und seine Farbe vermischte sich immer mehr mit der des Meeres. Bald würde man nicht mehr sagen können, wo das Meer aufhörte und der Himmel begann. Langsam versenkte sich Wintrow in sich selbst und löste seine Wahrnehmung auf, bis seine Augen sich automatisch schlossen. Er atmete tief und gleichmäßig, beinahe friedlich. Neugierig tastete sie nach dem Band, das sie vereinte, versuchte, seine Gedanken und Gefühle zu lesen, ohne dabei aufdringlich zu sein.
    Es funktionierte nicht. Wintrow war sich ihrer sofort bewusst. Doch statt sie auszugrenzen, verband er sich bereitwillig mit ihr. Einmal in ihm, nahm sie den ständigen Fluss seiner Gedanken wahr. »Sa ist in allem Leben, und alles Leben ist in Sa.« Es war eine einfache Bestätigung, und sie erkannte sofort, dass er Worte gewählt hatte, an die er fest glaubte. Er konzentrierte sich nicht mehr auf Kennits Zustand. Stattdessen versicherte er, dass, solange Kennit lebte, sein Leben von Sa war und Sas Ewigkeit teilte. Kein Ende, versprachen ihr seine Worte. Das Leben endet nicht. Nach kurzem Nachdenken

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