Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
nur zu deutlich, was darin war. »Ich habe das verdorbene Fleisch gefunden, ich habe es gefunden!«, schrie er und stürzte an ihr vorbei zur Reling. »Ein Fass war kaputt. Die Brühe ist überall da unten, aber wir machen alles sauber, stimmt's nicht, Artu? Wir machen es sauber!« Er schüttete eine Ladung über Bord. Als er den zweiten Eimer hob, tauchte der Kopf einer Seeschlange aus dem Wasser auf.
    Sie schnappte nach dem fauligen Fleisch, während Lop schreiend zurückstolperte.
    »Seeschlange! Seeschlange!«, brüllte Paragon in das plötzliche Durcheinander.
    Althea ließ den Frachthaken los. Artu krabbelte rückwärts von der Reling zurück, wobei der Hakengriff gegen das Deck schlug. Eine Weile starrten die Schlange und Althea sich gegenseitig an, Auge in Auge. Die Schuppen des Tieres schillerten im Grün neuer Frühlingsblätter, und es hatte ungeheure Augen, so gelb wie Löwenzahn. Jede einzelne Schuppe überlagerte immer zwei andere, in einem präzisen Muster, dem das Auge unwillkürlich folgte. Die gewaltigsten Schuppen auf seinem Rücken waren größer als Altheas Hand und die kleinsten um seine Augen nicht einmal so groß wie Weizenkörner. Einen Moment war Althea von der Schönheit des ungeheuren Tieres wie gebannt. Dann riss es sein Maul auf, mit dem es mit Leichtigkeit einen Mann hätte verschlingen können. Althea blickte in den erschreckend roten Schlund und sah die Reihen scharfer Zähne. Die Kreatur schüttelte den Kopf und brüllte fragend. Althea stand da wie angewurzelt. Dann schloss das Wesen das Maul wieder und starrte sie an.
    Aus den Augenwinkeln nahm Althea eine Bewegung wahr. Ein Mann rannte mit einem Bootshaken zur Reling. Im gleichen Moment hörte sie Brashens warnenden Ruf: »Ärgere es nicht! Lass es in Ruhe!«
    Sie drehte sich um und stürzte sich auf Haff. Der Seemann schwang einen langen Haken wie eine Waffe und schrie: »Ich habe keine Angst!« Doch sein leichenblasses Gesicht strafte seine Worte Lügen. Sie packte seinen Arm und versuchte ihn aufzuhalten.
    »Es will nur Nahrung. Lass es in Ruhe. Es verschwindet vielleicht wieder. Haff! Lass es in Ruhe!«
    Er schüttelte sie ungeduldig ab. Ihre verletzten Hände schmerzten zu sehr, um ihn festhalten zu können. Sie taumelte zurück, als er sie stieß. Erschrocken sah sie mit an, wie er den Haken schwang.
    »Nein!«, brüllte Brashen, aber der Haken war bereits unterwegs. Er traf das Tier am Maul und glitt harmlos über die Schuppen, bis er zu den Nasenlöchern kam. Eher zufällig verfing sich der Haken darin.
    Entsetzt sah Althea, wie die Kreatur den Kopf zurückwarf. Der Haken folgte dieser Bewegung, und Haff hielt sich genauso dumm daran fest wie ein Kampfhund. Die Schlange schien plötzlich doppelt so groß zu werden. Ihr Hals schwoll an, und eine enorme Mähne aus giftigen Stacheln umgab ihr Gesicht und ihren Hals. Sie brüllte erneut, und diesmal flog feiner Schaum aus ihrem Mund auf das Deck. Wo er traf, qualmte das Holz. Althea hörte, wie Paragon gequält aufschrie. Die Giftspritzer brannten wie ein Sonnenbrand auf Altheas Haut. Haff kreischte, als eine Nebelwolke dieses Giftes ihn vollkommen einhüllte. Er ließ den Haken los und brach schlaff auf dem Deck zusammen. Entweder war er bewusstlos oder tot. Die Schlange neigte den Kopf und beäugte den ausgestreckten Mann. Dann senkte sie langsam ihren Kopf zu Haff hinab.
    Althea stand als Einzige dicht genug, um etwas zu tun. Und wenn ihre einzige Möglichkeit auch vergleichsweise lächerlich war, konnte sie doch nicht einfach zusehen, wie die Schlange den Mann fraß. Sie sprang vor und packte den hölzernen Griff der Stange. Das Gift der Schlange hatte schon begonnen, ihn zu zersetzen. Althea stemmte ihr ganzes Gewicht dagegen und versuchte, den Kopf der Kreatur von seinem Ziel abzulenken. Lop tauchte von irgendwoher auf. Er schwang einen leeren Holzeimer gegen den Kopf der Schlange. Gleichzeitig packte er mit der anderen Hand Haffs Knöchel und zerrte ihn zurück.
    Damit war Althea plötzlich das einzige Ziel der Seeschlange. Sie umklammerte den Griff der Stange fester und drückte mit aller Kraft dagegen, obwohl sie erwartete, dass er jeden Augenblick brechen würde. Einen Moment lang wandte die Kreatur ihren Kopf von Althea ab. Die Schlange stieß eine weitere Giftwolke aus, die Paragons Deck zerfraß. Das Lebensschiff schrie erneut auf. Hinter ihr riefen Stimmen durcheinander. Lavoy befahl, mehr Segel zu setzen, andere Männer schrieen vor Wut oder Entsetzen, aber

Weitere Kostenlose Bücher