Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
»Malta?«, rief sie fragend.
Reyns Schwester tauchte sofort in ihrer Tür auf. »Hat die Heilerin Malta irgendwo hingebracht?«, rief Keffria ihr zu.
Tillamon schüttelte den Kopf.
Keffria gab sich Mühe, die plötzlich aufkeimende Angst zu unterdrücken. »Das ist merkwürdig. Sie ist nicht hier. Eigentlich ist sie noch viel zu krank, um ihr Bett jetzt schon zu verlassen. Außerdem war sie noch nie eine Frühaufsteherin, nicht einmal, als sie gesund war.« Keffria vermied es, auf die Geländer des Ganges zu blicken. Sie würde sich nicht vorstellen, wie ein benommenes Mädchen von ihrem Krankenbett aufstand, taumelte.
Die Frau neigte den Kopf. »Gestern ist sie mit Reynie spazieren gegangen«, sagte sie und lächelte kurz. »Ich habe gehört, dass sie sich wieder versöhnt haben«, fügte sie entschuldigend hinzu.
»Aber das erklärt nicht, warum sie nicht in ihrem Bett ist. Oh.« Keffria starrte die andere Frau an.
»O nein, so meinte ich das nicht. Reynie würde niemals. So ist er nicht.« Ihre Worte überschlugen sich beinahe. »Ich sollte wohl besser meine Mutter holen«, schlug sie verlegen vor.
Hier geht irgendwas vor, dachte Keffria. Etwas, das sie eigentlich hätte erfahren sollen. »Ich glaube, ich komme lieber mit Euch«, erwiderte sie entmutigt.
Einmaliges Anklopfen genügte nicht, um Jani Khuprus zu wecken. Als sie angetan mit ihrem Morgenmantel die Tür öffnete, wirkte sie müde und gleichzeitig besorgt. Einen Moment tat sie Keffria Leid. Aber hier ging es um Malta. Sie sah Jani eindringlich an. »Malta ist nicht in ihrem Bett«, sagte sie. »Wisst Ihr, wo sie sein könnte?«
Der furchtsame Ausdruck, der über Janis Miene huschte, sagte Keffria genug. Die Regenwildfrau sah ihre Tochter an. »Tillamon. Geh auf dein Zimmer zurück. Das hier geht nur Keffria und mich etwas an.«
»Aber Mutter.«, protestierte Tillamon, verstummte jedoch vor dem strengen Blick ihrer Mutter, schüttelte den Kopf, drehte sich um und ging. Janis Blick glitt zu Keffria zurück. Die feinen Linien auf ihrem typischen Regenwildgesicht traten deutlich hervor. Sie sah krank aus. »Es ist möglich, dass sie irgendwo mit Reyn zusammen ist«, sagte sie mit einem Seufzer. »Gestern Nacht war er. hat er sich sehr große Sorgen um Malta gemacht. Vielleicht ist er zu ihr gegangen. Das sieht Reyn zwar eigentlich nicht ähnlich, aber er ist in letzter Zeit vollkommen verändert.« Sie seufzte erneut. »Kommt mit.«
Jani ging rasch voran. Sie hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, sich ordentlich anzukleiden oder zu verschleiern. Obwohl Keffria von Angst und Ärger angetrieben wurde, konnte sie kaum mit ihr Schritt halten.
Als sie sich Reyns Kammer näherten, beschlichen Keffria plötzlich Bedenken. Wenn Malta und Reyn ihre Meinungsverschiedenheiten beseitigt hatten, dann waren sie vielleicht dabei. Sie wollte stehen bleiben und die Lage etwas genauer durchdenken. »Jani«, sagte sie, gerade als die andere Frau die Hand hob, um anzuklopfen. Doch sie klopfte nicht, sondern stieß die Tür von Reyns Zimmer einfach auf.
Ein schwerer Geruch von Brandy und Schweiß hing in der Luft. Jani spähte hinein und trat dann beiseite, damit Keffria ebenfalls sehen konnte. Reyn lag bäuchlings ausgestreckt auf dem Bett. Sein Arm hing über die Seite, und sein Handrücken berührte den Boden. Er atmete rasselnd und schwer. Er schlief den Schlaf eines Erschöpften, und er schlief allein.
Jani hatte die Finger an die Lippen gelegt, als sie die Tür schloss. Keffria wartete mit ihrer Entschuldigung, bis sie sich weit genug von seiner Kammer entfernt hatten.
»Jani, es tut mir so.«, begann sie, doch die andere Frau drehte sich rasch um und lächelte gequält.
»Wir wissen beide sehr wohl, dass wir bei unseren Sprösslingen genug Grund zur Sorge haben. Reyn hat diese Leidenschaft erst sehr spät in seinem Leben entdeckt. Malta war zwar seit ihrer Ankunft sehr distanziert zu ihm, aber ich glaube nicht, dass ihr Herz wirklich so kühl ist, was ihn angeht. Je eher sie sich verständigen, desto besser wird es für uns alle sein.«
Keffria nickte langsam, während sie versuchte, das alles zu verstehen. »Aber wo kann sie denn sein? Sie ist zu krank, um hier ganz allein herumzulaufen.«
»Ich mache mir ebenfalls Sorgen. Ich werde einige Läufer ausschicken, die nachforschen, ob jemand sie gesehen hat. Könnte sie vielleicht mit Selden unterwegs sein?«
»Möglicherweise. Die beiden sind sich in den letzten Wochen näher gekommen. Ich weiß,
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