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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Hexenholzstamm den Rücken zu und führte Selden zu dem ersten Paneel. Er befestigte die Kerze mit etwas Wachs an der Wand und lächelte den Jungen an. »Hier ist eine große Tür. Wir beide, du und ich, müssen sie nur öffnen. Es wird eine Menge Dreck hereinströmen, wenn sie aufgeht. Hab keine Angst. Wenn wir diese Kurbeln bewegen können, müssen wir sie immer weiter drehen. Ganz gleich, was passiert. Schaffst du das?«
    »Ich glaube schon«, erwiderte der Junge wenig überzeugt. Anscheinend konnte er seinen Blick nicht von dem Wasser losreißen.
    »Lass mich erst die hier versuchen. Du kannst die Kurbel drehen, die einfacher funktioniert.«
    Reyn packte die Kurbel und zog unter Einsatz seines ganzen Gewichtes daran. Sie rührte sich nicht. Doch er gab nicht auf, sondern nahm einen Greifhaken von seinem Gürtel und schlug mehrere Male auf die Hauptachse des Kurbelmechanismus ein. Dann zog er erneut mit aller Kraft. Einen Moment widerstand sie, doch dann drehte sich das Rad langsam und schleifte über einige Unebenheiten in seinem Getriebe. Es würde sich drehen, aber es war für den Jungen eine schwere Arbeit. Reyn nahm einen Kuhfuß aus seinem Gürtel und schob ihn durch die Speichen der Kurbel. »Dreh sie so. Steck ihn durch die Speichen, stemm dich dagegen und zieh ihn runter. Versuch es.«
    Selden konnte das Rad ein Stück drehen, und Reyn hörte, wie das Gegengewicht in der Wand klapperte. Er lächelte zufrieden. »Gut. Und jetzt steck den Kuhfuß in die nächste Speiche und versuch es noch einmal. Richtig so.«
    Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass der Junge wusste, wie es funktionierte, ließ er ihn allein und trat rasch an die andere Kurbel. Er beeilte sich, die Erde aus dem Gestänge zu entfernen, und weigerte sich, an das Ergebnis dessen zu denken, was er tat. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, wie er es bewerkstelligen konnte.
    »Was tust du da?« Die Stimme des Drachenweibchens klang leise in seinem Kopf.
    Er lachte laut. »Du weißt genau, was ich tue«, knurrte er. »Du kennst doch alle meine Gedanken. Lass mich jetzt nicht daran zweifeln.«
    »Ich kenne nicht alles von dir, Reyn Khuprus. Ich hätte nicht erwartet, dass du das tun würdest. Warum tust du es also?«
    Diesmal lachte er dröhnend. Selden tat ihm Leid. Der arme Junge starrte ihn an, fürchtete sich jedoch, ihn zu fragen, was los war oder mit wem er sprach. »Ich liebe dich. Ich liebe die Stadt, und für mich bist du immer das Herz dieser Stadt gewesen. Ich liebe dich, und deshalb bemühe ich mich, das von ihr zu retten, was ich kann. Das, was vielleicht eine Chance hat zu überleben.«
    »Du glaubst, dass du stirbst, wenn du die Kurbel drehst. Du und der Junge.«
    Er nickte. »Ja. Aber es wird ein schnellerer Tod sein, als darauf zu warten, bis das Wasser die Wände aushöhlt und uns unter den Trümmern begräbt.«
    »Kannst du nicht den Weg zurück nehmen, den du gekommen bist?«
    »Willst du mich von dem abbringen, worum du mich seit Jahren gebeten hast?«, fragte er sie fast amüsiert. Dann beantwortete er ihre Frage. »Der Weg zurück ist bereits verschüttet. Aus der Kammer des Satrapen strömt schon das Wasser. Ihre Tür besteht nur aus Holz. Sie konnte es nicht aufhalten. Vermutlich kommt das Wasser, das jetzt hier hereinströmt, von dort. Ich bin verloren, Drache, und der Junge auch. Aber wenn die Decke zusammenbricht, dringt vielleicht etwas Licht hindurch. Wenn ja, wirst du uns vielleicht überleben. Wenn nicht, werden wir alle zusammen begraben.«
    Er wartete vergeblich auf ihre Antwort. Als sie kam, überraschte sie ihn. Sie verließ ihn. Es blieb weder Dankbarkeit zurück noch ein Lebewohl. Sie war einfach verschwunden.
    Er schlug hart mit dem Werkzeug gegen den Schaft und packte die Kurbel. Vermutlich würden die Gegengewichte die Arbeit erleichtern, wenn sie erst einmal in Bewegung gekommen waren. Oder aber das Rad drehte sich nur einen oder zwei Striche. Daran wollte er nicht denken. Einen langsamen Tod konnte er vielleicht allein ertragen. Doch mit diesem Kind an der Seite würde es eine ewige Qual sein. Er schob die Brechstange durch die Kurbel und stemmte sich dagegen. Dann sah er zu Selden hinüber. Das Weiß in den Augen des Jungen glänzte im Kerzenlicht. »Jetzt!«, befahl er.
    Sie stemmten sich gegen ihre Hebel. Die Kurbeln drehten sich, knirschend zwar, aber sie drehten sich. Die Tür knarrte bedrohlich. Die Stange in die nächste Speiche, stemmen. Nächste Speiche, stemmen. Reyn hörte, wie sich

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