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Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten

Titel: Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zögerte. »Ich dachte, dass nur Kennit mein Herz so berühren könnte, wie du es getan hast«, gab sie leise zu.
    Ihre einfachen Worte erstaunten ihn. Streng rief er sich zur Ordnung. Sie hatte nicht gesagt, dass sie ihn liebte, sondern nur, dass er ihr Herz berührte. Seine Lehrer hatten seine Gefühle ebenfalls aufgewühlt. Das war alles, was sie mit ihren Worten meinte. Und selbst wenn sie mehr gemeint hätte, wäre er ein Narr, wenn er darauf reagiert hätte. Ein Narr.
    »Bitte«, sagte sie leise und hielt ihm die Hand hin. »Hilf mir, ein Buch auszuwählen. Vielleicht das neue, von dem du sagtest, dass es Poesie wäre. Dann möchte ich mit dir üben. Ich will Kennit heute Nacht etwas vorlesen.«
    Sie schüttelte liebevoll den Kopf. »Ich fasse kaum, dass ich es kann. Er ist so. Ich weiß, du bist derjenige, der mich unterwiesen hat. Aber er hat es erst möglich gemacht. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühle? Was sieht Kennit in mir, Wintrow? Wieso bin ich eines solchen Mannes würdig? Ich war eine dürre kleine Hure in Bettels Bordell, als er mich zum ersten Mal gesehen hat. Ich habe selbst nie mehr in mir gesehen. Wie konnte er es dann?«
    Sie neigte den Kopf, und ihre dunklen Augen schienen auf der Suche nach der Antwort in seine Seele zu blicken. Wintrow konnte sie nicht belügen.
    »Ihr leuchtet«, erwiderte er ruhig. »Schon als ich Euch das erste Mal sah. Selbst, als ich wusste, dass Ihr mich hasstet. Ihr habt etwas an Euch, Etta. Etwas in Euch, das nicht unterdrückt werden kann, weder durch Härte noch durch schlechte Behandlung. Eure Seele glänzt wie Silber unter einer starken Patina. Er tut Recht, Euch zu lieben. Jeder Mann würde Euch lieben.«
    Ihre Augen weiteten sich bei seinen Worten. Sie drehte sich um, und Wintrow mochte kaum glauben, dass er sah, wie ihre wettergebräunten Wangen erröteten. »Ich gehöre Kennit«, erinnerte sie ihn. Die Worte klangen stolz aus ihrem Mund.
    »Ich weiß«, erwiderte Wintrow. Und fügte sehr leise hinzu: »Darum beneide ich den Mann.«
    Kennit hatte einen schweren Tag hinter sich, einen harten, aber befriedigenden Tag. Askew war die letzte Zwischenstation, bevor sie nach Divvytown zurückkehrten. Sorcor und er hatten die Heimathäfen all der Piratenschiffe besucht, die sie gekapert und mit geretteten Sklaven bemannt hatten. Sie waren nicht alle gleichermaßen erfolgreich gewesen, aber in jeder Stadt hatte man Kennit mit großem Hallo willkommen geheißen. Selbst der abgebrühte Sorcor glaubte allmählich an seinen Plan. Die Überzeugung spiegelte sich in dem aufrechten Gang des rauen Seemanns. Sein fleischiges Gesicht glänzte vor Stolz, wenn er neben Kennit stand und die Beute auflistete.
    Sowohl die Marietta als auch die Viviace lagen tief im Wasser, voll beladen mit Schätzen. Das Verladen der letzten Beute war eine besonders erfreuliche Herausforderung gewesen. Der junge Rufo hatte die Fortune sehr hart gesegelt und beinahe jedes Schiff gekapert, das sie verfolgt hatten. Jedenfalls wenn Kennit den Geschichten glauben konnte, die man ihm erzählte. Sie hatten viel Gold erbeutet und auch viele Sklaven befreit, die ihre Bevölkerung hatten anwachsen lassen. Mit Hilfe der Dorfvorsteherin hatte der junge Seemann eine Liste geführt. Sie hatten Kennit ihre Aufzeichnungsstäbe so stolz präsentiert wie Gutsverwalter. Rufo hatte sogar jede Summe aufgelistet, die sie für Holz, Früchte oder Ziegen ausgegeben hatten. Und aus eigenem Antrieb hatten sie verschiedene Handwerker angeworben, die nach Askew kommen und dort leben sollten. Rufo hatte für Kennit die Beutestücke aufgehoben, die am exotischsten und seltensten waren. Diese Schätze übergaben sie Kennit, überzeugt davon, dass sie ihm gefallen würden. Er hatte es gespürt und deswegen seine Freude sehr deutlich gezeigt. Was wiederum ihr Verlangen anstachelte, ihm noch mehr zu gefallen. Daraufhin hatte er ihnen ein weiteres Schiff versprochen, das nächste, das sie kaperten. Warum auch nicht? Sie verdienten es. Vielleicht würde er ihnen die Brummbär überlassen, wenn deren Besitzer sich mit dem Lösegeld zu viel Zeit ließen.
    Aber selbst Freude kann anstrengend sein. Die Art Fracht, die sie jetzt verladen hatten, konnte man nicht behandeln wie Fässer mit gesalzenem Fisch. Kennit hatte peinlich genau darauf geachtet, wie sie verladen wurde, und darauf bestanden, es selbst zu beaufsichtigen. Die besten Beutestücke, die kleinsten und wertvollsten Gegenstände, ließ er in seine Kajüte bringen. Als

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