Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
plötzlich in den Augen ihrer Mutter, und dann zupfte Keffria an ihrem Halsausschnitt. »Sei ruhig, halte den Kopf hoch, denk an deine Röcke und.
Oh, oh, jetzt sind wir dran!« Die letzten Worte gingen in einem halb erstickten Schluchzen unter. Malta musste plötzlich selbst gegen die Tränen ankämpfen. Sie sah alles wie durch einen Schleier, als sie hinter dem Wandschirm hervor in den Halbkreis trat, den das Licht der Fackeln auf dem obersten Treppenabsatz bildete.
»Malta Vestrit, Tochter von Kyle Haven und Keffria Vestrit, wird nun den Bingtown-Händlern und den Regenwildhändlern präsentiert. Malta Vestrit.«
Einen Moment ärgerte Malta sich, weil man sie bei ihrem Händlernamen aufgerufen hatte. Hielten sie ihren Vater denn nicht für gut genug? Doch dann akzeptierte sie es als Bingtowner Sitte. Sie wollte Kyle Haven trotzdem Ehre machen. Er war vielleicht nicht hier, um ihr seinen Arm zu reichen und sie die Treppe hinunterzuführen, aber sie konnte dennoch würdevoll als seine Tochter hinabschreiten. Mit erhobenem Kopf und gesenktem Blick machte sie einen langsamen Knicks vor den versammelten Menschen. Als sie wieder hochkam, blickte sie auf. Einen Moment schreckte sie vor der Menge der Wartenden zurück, kamen ihr die viel zu vielen Stufen viel zu steil vor. Sie glaubte, dass sie gleich ohnmächtig werden und die Stufen hinuntertaumeln würde. Dann jedoch holte sie tief Luft und schritt langsam die Treppe hinunter.
Unten auf der Tanzfläche warteten bereits die anderen Mädchen und deren Väter in einem Halbkreis auf sie. Es war ihre große Stunde, ihr Moment. Sie wollte, dass er ewig dauerte, und doch war sie erleichtert, als sie endlich auf der Tanzfläche ankam. Nachdem sie sich in den Reigen der jungen Frauen und ihrer Väter eingereiht hatte, ließ sie den Blick durch den Raum gleiten. Bingtowner und Regenwildleute zeigten sich heute in ihren feinsten Gewändern. Einigen war es in den letzten Jahren nicht so gut gegangen, und das konnte man sehen. Dennoch hielten sie sich alle stolz und gerade und lächelten diese frischeste Blüte heiratsfähiger junger Frauen an. Malta konnte Reyn nicht entdecken. Schon bald würde die Musik einsetzen, und die jungen Mädchen würden zu ihrem Klang davongewirbelt werden. Sie musste allein stehen bleiben, während alle anderen tanzten. Das passt wirklich gut zu meinem Leben, dachte sie bitter. Doch dann geschah das schier Unmögliche.
Es kam noch schlimmer.
Auf dem Podest an der anderen Seite des Saals hockte Davad Restate eingezwängt auf seinem Stuhl, umrahmt von einem blassen jungen Mann und dem Vorsitzenden des Bingtown- Konzils. Das heißt, Malta wünschte sich innigst, dass er hocken blieb. Stattdessen erhob er sich mühsam, lehnte sich über den Tisch und winkte ihr plump mit dem Finger. Fast betäubt von dieser Demütigung hob sie leicht die Hand und winkte zurück. Aber Davad gab sich nicht damit zufrieden. Da er jetzt wusste, dass sie ihn gesehen hatte, bedeutete er ihr aufgeregt, die leere Tanzfläche zu überqueren und zum Podest zu kommen. Malta starb. Nein. Sie wurde ohnmächtig. Das ging auch nicht. Der Orchesterleiter, der auf das Zeichen wartete, dass die Musik einsetzen sollte, schien verwirrt. Schließlich wurde ihr klar, dass ihr keine andere Möglichkeit blieb. Dieser Alptraum würde erst aufhören, wenn sie die Geborgenheit in der Reihe der anderen jungen Frauen und ihrer Väter verlassen, die riesige, leere Tanzfläche allein und für alle sichtbar überquert hatte und sich dann vor Davad präsentierte, um seine Gratulation entgegenzunehmen.
Also sollte es so sein.
Malta holte tief Luft, warf einen kurzen Blick zu ihrer Großmutter hinüber, deren Gesicht vor Entsetzen kalkweiß war, und schritt langsam über die Tanzfläche. Sie wollte sich nicht beeilen. Das wäre noch unschicklicher gewesen. Sie hielt den Kopf hoch erhoben und hob auch die Röcke an, damit sie leicht über den polierten Boden glitten. Dabei lächelte sie, als wäre dieses unerhörte Verhalten etwas, das sie erwartet hätte, als gehöre das wie selbstverständlich zu ihrer Präsentation. Sie richtete den Blick auf Davad und rief sich das tote Schwein in seiner Kutsche in Erinnerung. Sie lächelte, obwohl ihr das Blut tosend in den Ohren rauschte. Vor dem Podest blieb sie stehen. Erst in diesem Moment wurde ihr klar, dass der blasse junge Mann neben Davad der Satrap von ganz Jamaillia sein musste.
Sie war vor dem Satrapen von Jamaillia und seinen beiden Gefährtinnen
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