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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Hinsicht, dachte sie wütend, spielt es auch keine Rolle, ob Kennit mich vergewaltigt hat oder nicht. Er hat Brashen getötet und den Paragon versenkt. Das allein waren schon Gründe genug, ihn zu hassen. Selbst ihre geliebte Viviace hatte er ihr gestohlen und so vollkommen verändert, dass viele ihrer Gedanken und Vorstellungen Althea vollkommen fremd waren. All ihre Überlegungen schienen auf ihrer tieferen Drachennatur zu fußen. Früher einmal war Althea sicher gewesen, dass sie das Schiff wie ihre Westentasche kannte. Jetzt jedoch sah sie häufig nur die Fremde. Die Werte und Sorgen einer Persönlichkeit, die ihre eigene Menschlichkeit nicht teilte, verblüfften sie immer wieder.
    Viviace quälte sich wegen der Notlage der Seeschlangen. Ihre Loyalität, die früher einmal der Vestrit-Familie gehört hatte, galt jetzt diesen schuppigen Biestern.
    Althea fühlte Viviaces Gedanken durch das erneuerte Band so klar, als hätte die Galionsfigur gesprochen. Verübelst du mir dass ich bin, wer ich wirklich bin? Sollte ich mich lieber verstellen, nur um dir zu gefallen? Wenn ich das täte, wäre das eine Lüge. Würdest du eher eine Lügnerin lieben, als mich so kennen zu lernen, wie ich wahrhaftig bin?
    Natürlich nicht, antwortete Althea. Natürlich nicht!
    Gleichzeitig aber verlieh ihr diese Veränderung ihres Schiffes ein Gefühl von Einsamkeit und Hilflosigkeit. Althea klammerte sich an eine Wahrheit, die alle anderen für einen Traum hielten.
    Wie sollte sie dieses Wissen begraben, wenn es ihr immer und immer wieder Albträume bescherte? Sie wusste nicht mehr, wie oft Jek sie aus den Klauen des Traumes wachgeschüttelt hatte. Ihr verräterischer Verstand lockte sie von den nur eingebildeten Erinnerungen des Ertrinkens mit Brashen zu einem Furcht einflößenden Kampf um Atemluft in einer dunklen Koje. Der Schlafmangel zehrte an ihrem Urteilsvermögen. Sie war gereizt und unsicher. Sie sehnte sich nach der Viviace, wie sie einst gewesen war, ein Spiegel und eine Verstärkung von Altheas Selbst. Sie sehnte sich nach Brashen, nach dem Mann, der sie bis ins Mark kannte. Sie irrte in ihrer eigenen Identität umher, ohne einen freundlichen Geist, der ihr einen Anker geboten hätte.
    »Diese junge Frau in dem Boot hat etwas Besonderes an sich«, murmelte Viviace. »Fühlst du es nicht auch?«
    »Ich fühle gar nichts«, erwiderte Althea und wünschte sich sehnlichst, dass es stimmte.

    Malta starrte mit pochendem Herzen zur Reling des Schiffes empor. Die Wellen, die eiskalte Gischt, der Wind, der an dem winzigen Boot zerrte, und vor allem die rücksichtslos drängenden Seeschlangen bedrohten sie. Die bleichen Männer an den Rudern schienen zumindest ihre Furcht vor den Seeschlangen zu teilen. Sie sah es an ihren starren Blicken und den angespannten Muskeln. Als die Kreaturen neben dem Boot aus dem Wasser auftauchten, starrten sie sie mit goldenen, silbernen oder bronzenen Augen an. Eine nach der anderen glitten sie mit hoch erhobenem Kopf an dem Boot vorbei und stießen tiefe Schreie aus ihren aufgerissenen, bezahnten Mäulern aus. Seit Malta mit Tintaglia zu tun gehabt hatte, hatte sie nicht mehr eine solche Intelligenz bei einer anderen Kreatur verspürt. Ihre Blicke waren unablässig auf sie gerichtet, als versuchten sie, in ihre Seele zu blicken und sie als eine der ihren zu beanspruchen. Entsetzt hielt sie den Blick auf Viviace gerichtet, damit sie diese schuppigen Monster nicht sehen musste.
    Sie konzentrierte sich darauf, dem Piratenkönig, der auf sie wartete, eine gefasste Miene zu präsentieren. Die Mannschaft der Motley hatte ihre gesamte Energie darauf verwendet, sie vorzubereiten. Vor Eifer, Kennit die wahre Größe ihres Geschenks zu präsentieren, hatten sie den Satrapen gebadet und geschmückt und ihn prächtiger angezogen, als sie ihn auf dem Ball in Bingtown gesehen hatte. Diese Aufmerksamkeit hatte sein Selbstbewusstsein ins beinahe Unerträgliche gesteigert. Malta war ebenfalls nicht vernachlässigt worden.
    Ein stämmiger Seemann mit einer blassen Seeschlangentätowierung neben der Nase hatte darauf bestanden, sie zu schminken. Die Schminksachen und Werkzeuge, die er in ihre Kabine gebracht hatte, hatte sie noch nie gesehen. Ein anderer hatte ihr einen Turban gemacht, während wieder andere ihren Schmuck, ihre Düfte und ihre Kleidung aus den besten Teilen ihrer Beute ausgesucht hatten.
    Maltas Herz hatte jubiliert, weil sie ihr so bei ihrer Rolle halfen, und das alles nur, um ihr Geschenk noch

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