Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Nichte«, stellte Jek überflüssigerweise fest und starrte ihnen mit großen Augen nach.
»Hältst du das für eine Antwort? Na gut, ich werde meine Fragen zurückstellen und mich nicht einmischen. Aber nicht, weil das eine so besonders kluge Idee von ihr wäre, sondern weil ich nichts anderes tun kann. Ich kann nur hoffen, dass sie erkennt, was für eine verräterische Schlange Kennit ist.«
»Althea!«, mahnte das Schiff sie überdrüssig.
Sie drehte sich zu der Galionsfigur um. »Warum hast du ihn als Drachenfreund begrüßt? Der Satrap soll ein Freund der Drachen sein?«
»Nicht der Satrap«, erwiderte das Schiff ausweichend. »Ich möchte jetzt lieber nicht darüber reden.«
»Und warum nicht?«
»Weil mir im Moment andere Dinge Kummer bereiten«, antwortete Viviace.
Althea seufzte. »Deine Seeschlangen. Sie müssen zu ihrem Fluss geführt und ihn hinaufbegleitet werden. Es fällt mir immer noch schwer, mir dich als einen Drachen vorzustellen.«
Und noch schwerer konnte sie akzeptieren, dass die Loyalität von Viviace jetzt jemand anderem gehörte. Aber wenn die Schlangen ihrem Herzen noch näher waren als die Vestrits, dann vielleicht auch näher als Kennit. Althea fand es zwar kindisch, aber sie erkannte die Chance, einen Keil zwischen die beiden treiben zu können. »Warum verlangst du es nicht einfach von Kennit?«
»Kennst du jemanden, der freundlich auf eine solche Forderung reagieren würde?« Es war eine rhetorische Frage.
»Du hast Angst, dass er es dir abschlägt.«
Viviace schwieg, und dieses Schweigen riss Althea aus der Litanei ihrer eigenen Sorgen. Ihr war, als würde sie von einer Woge emporgehoben und könnte plötzlich bis zum Horizont sehen. Sie begriff Viviaces Gefangenschaft: Der Geist eines Drachen eingekerkert in einen Körper aus Holz und abhängig von den Menschen, die ihre Segel setzten, und den Winden, die in die Leinwand bliesen. Althea verstand plötzlich, dass es vielerlei Arten gab, vergewaltigt zu werden. Diese Erkenntnis brach ihr beinahe das Herz. Trotzdem klangen ihre nächsten Worte fast kindlich in ihren Ohren: »Wenn du mir gehören würdest, dann würde ich auf der Stelle aufbrechen.«
»Du meinst diese Worte ernst. Dafür danke ich dir.« Althea hatte Jek beinahe vergessen. »Du könntest ihn zwingen«, sagte die Frau aus den Sechs Herzogtümern. »Drohe ihm doch einfach, deine Fugen zu öffnen.«
Viviace lächelte bitter. »Ich bin nicht der verrückte Paragon, der seine Mannschaft mit wilden Drohungen unter Druck setzt. Nein.« Althea fühlte, wie sie seufzte. »Kennit wird sich weder von Drohungen noch von Forderungen umstimmen lassen. Selbst wenn ich wollte, würde sein Stolz verlangen, dass er sich mir widersetzt. Um mein Ziel zu erreichen, muss ich auf die Weisheit unserer Familie zurückgreifen, Althea. Ich muss verhandeln, ohne etwas zu haben, das ich anbieten könnte.«
Althea versuchte, sachlich darüber nachzudenken. »Erstens: Was willst du von ihm? Zweitens: Was können wir ihm anbieten?«
»Was ich will? Er soll mit mir zum Regenwildfluss segeln, und zwar so schnell wie möglich, und mich dann zu den Kokongründen hinaufführen. Dann muss er mit mir dort bleiben, den ganzen Winter, in der Nähe der Seeschlangen, um alles zu tun, was wir können, um sie zu beschützen, bis sie ausgeschlüpft sind.« Sie lachte hoffnungslos. »Noch besser wäre eine Eskorte von all seinen Schiffen, auf dass sie meine armen, müden Schlangen auf dieser langen Reise begleiten. Doch all das läuft Kennits Interessen vollkommen zuwider.«
Althea kam sich so dumm vor, weil sie das nicht selbst gesehen hatte. »Wenn er den Schlangen hilft, dann können sie ihm nicht mehr nützen. Sie verschwinden und werden zu Drachen. Also verliert er ein mächtiges Druckmittel gegen Jamaillia.«
»Das Blitz-Selbst war zu begierig darauf, ihm ihre Stärke zu beweisen. Sie hat das nicht vorhergesehen.« Viviace schüttelte den Kopf. »Und was deine zweite Frage angeht: Ich habe nichts, was ich ihm anbieten könnte, das er nicht bereits besitzt.«
»Die Drachen könnten versprechen, zurückzukehren und ihm zu helfen, nachdem sie ausgeschlüpft sind«, spekulierte Jek.
Viviace schüttelte den Kopf. »Ich kann sie nicht auf diese Weise binden. Selbst wenn ich es könnte, würde ich es nicht tun. Es ist schon schlimm genug, dass ich den Menschen dienen muss, so lange das Hexenholz hält. Ich würde niemals auch noch die nächste Generation in diese Knechtschaft zwingen.«
Jek rollte
Weitere Kostenlose Bücher