Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
wie ein hohlwangiger Geist aus, und auf Maltas bleichem Gesicht hob sich deutlich die Schminke hervor.
Selbst Kapitän Red und Sorcor zeigten allmählich Ermüdungserscheinungen. Nur Kennits Energie wirkte einfach unerschöpflich.
Malta hatte sich am Tisch mit der Würde und Gelassenheit einer Händlerin verhalten. Wintrow war stolz auf seine jüngere Schwester. Sie hatte ihren Vorschlag sorgfältig formuliert und bei jedem Punkt die Vorteile aufgezählt, die er sowohl Kennit als auch dem Satrapen bringen würde. Anerkennung von Kennit als König der Pirateninseln und Einrichtung eines souveränen Staates. Ende der Überfälle der jamaillianischen Sklavenhändler auf die Pirateninseln. Keine chalcedeanischen Patrouillenboote mehr. Kapitän Red und Sorcor hatten triumphierend gegrinst. Doch als sie hörten, was der Satrap als Ausgleich wollte, hatte das ihre Hochstimmung etwas gedämpft: Cosgos sichere Rückkehr nach Jamaillia-Stadt, eskortiert von Kennits Flotte, mit der Zusicherung, dass die Pirateninseln ihn als Satrap von Ganz-Jamaillia anerkannten. In Zukunft würde Kennit allen Schiffen mit jamaillianischer Flagge freie Fahrt durch die Innere Passage garantieren und ohne Aufforderung alle »unabhängigen« Piraten unterwerfen, die diese Vereinbarung ignorierten.
Zuerst war Kennit begeistert gewesen. Er hatte Wintrow Pergament, Feder und Tinte holen lassen und ihm befohlen, alles aufzuschreiben. Das war kein Problem, bis auf die Frage, wie man den Satrapen anzureden hätte. Das allein beanspruchte beinahe eine halbe Seite voller »Seine höchst Glorreiche und Großartige Majestät« und dergleichen mehr. Kennit hatte sich diesem Geiste angepasst und verlangt, dass er in diesem Dokument als »Kühner und Unbesiegter Piratenkapitän Kennit, König der Pirateninseln aufgrund seiner Tapferkeit und Klugheit« adressiert wurde. Wintrow hatte gesehen, wie sehr das Kapitän Red belustigt hatte und wie stolz Sorcor darauf gewesen war, als er diese Formulierungen niederschrieb. Er hatte gedacht, dass anschließend die Verhandlungen zu einem raschen Ende kommen würden, aber Kennit hatte gerade erst begonnen.
Schnell und gründlich begann er die anderen Bestimmungen des Paktes zusammenzufassen. Der so fabelhaft mächtige Satrap von Jamaillia konnte nicht erwarten, dass er, König einer Reihe verstreuter Städte von Ausgestoßenen, diese Gewässer ohne angemessene Bezahlung gegen böse Piraten schützte. Welche Vereinbarung Jamaillia auch mit den chalcedeanischen »Patrouillenbooten« hatte, sie würde schlicht auf Kennit und seine »Patrouillenboote« übergehen. Wie hätte der Satrap das ablehnen können? Es kostete ihn nichts mehr, sondern sein Gold ging einfach an eine andere Flotte. Und natürlich sollten im Gegenzug alle Schiffe, die Kennits Rabenflagge trugen, auf ihrem Törn nach Süden unbelästigt jamaillianische Gewässer passieren dürfen. Besondere Gnadenerlasse für die Kriminellen, die auf die Pirateninseln geflohen waren, wären viel zu kompliziert gewesen. Ein Generalpardon für alle Untertanen Kennits war viel einfacher zu bewerkstelligen.
Als der Satrap widersprach, dass die Tätowierten dann nicht mehr von den rechtmäßigen Sklaven in Jamaillia unterschieden werden könnten, schwieg Kennit einen langen Moment.
Schließlich schlug er vor, dass der Satrap per Edikt einfach alle freien Menschen von Jamaillia mit einer speziellen Tätowierung versehen sollte, die sie als freie Untertanen des Satrapen auswies. Kapitän Red kaschierte seine Belustigung durch einen Hustenanfall, aber der Satrap war vor Wut dunkelrot angelaufen, aufgesprungen und hatte erklärt, dass er unwiderruflich beleidigt wäre. Dann war er aus dem Raum gestürmt. Malta war ihm unwillig gefolgt. Ihr gedemütigter Blick verriet, dass sie ganz klar erkannte, was dem Satrapen offenbar entgangen war. Er hatte keine andere Wahl. Diese »Verhandlungen« waren kaum mehr als vertraglich festgelegte Plünderungen. Während sie warteten, befahl Kennit Wintrow, seinen Leutnants die besten Schnäpse zu kredenzen. Dann schickte er ihn los, um Käse und exotische, eingemachte Früchte zu holen, die er bei seiner letzten Kaperung erbeutet hatte. Sie waren entspannt, satt und gut gelaunt, als der Satrap zurückkehrte. Eine niedergeschlagene Malta folgte ihm auf dem Fuß. Sie setzten sich wieder hin. Eisig bot der Satrap Kennit einhundert unterschriebene Generalpardons an, die er nach Gutdünken einsetzen konnte.
»Tausend«, konterte Kennit kühl.
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