Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Schlafzimmer auch anstellte, es sah immer noch so aus wie der Raum, den sie mit Kyle geteilt hatte. Jani Khuprus hatte ihr Möbel aus der Regenwildnis geschickt, aber die wundervollen Sachen waren luftig und blass, wie die Geister des schweren Bettes und der massiven Truhen, die einmal hier gestanden hatten. Ob sie in Maltas Zimmer ziehen und dieses größere Zimmer für Malta und Reyn reservieren sollte, wenn diese zu Besuch kamen?
Aber das war vielleicht grausam. Würde Malta dieses Zimmer nicht an ihren Vater erinnern, so wie es Keffria an ihren Ehemann erinnerte? Sie schüttelte den Kopf über so viel Grausamkeit des Schicksals. Der arme Kyle. Wieso musste er auf den Planken des Paragon sterben, als er gegen die jamaillianischen Matrosen kämpfte? Und wofür? Nur einige Tage später wurden die, die ihn als Feind getötet hatten, zu Verbündeten. Althea hatte die Neuigkeiten überbracht, und sie hatte Keffria mit ungewohnter Empfindsamkeit von Kyles Tod berichtet, als sie allein waren.
Keffria hatte nicht einmal weinen können. Erst Stunden später hatte sie die Nachrichten den anderen mitgeteilt.
Barmherzigerweise hatte ihre Mutter nichts gesagt, sondern nur den Kopf gesenkt. Sie konnte kaum fassen, dass dieses lange Warten endlich vorbei war.
»Gefährtin Serilla wartet nicht gern«, erinnerte Ronica sie.
Keffria schrak wie aus einem Traum hoch. Sie hatte nur noch so wenig Zeit für sich selbst. Und wenn sie einmal anfing, etwas für sich zu tun oder nachzudenken, war es so schwer, sich davon loszureißen. »Was kann sie hergeführt haben? Und dann noch so früh am Tag?«
»Sie sagte, sie hätte eine Nachricht für dich.«
Jetzt bemerkte Keffria die Sorge in Ronicas Blick. Reyn, Malta und Wintrow waren in Jamaillia. Es konnten sowohl schlechte als auch gute Nachrichten sein. Ihr Magen verkrampfte sich. »Vermutlich werde ich sie nur erfahren, wenn ich mit ihr spreche.«
Keffria hastete durch den Flur in den Salon. Ihre Mutter folgte ihr langsamer. Die Zeit hatte gnädigerweise endlich den Frühling nach Bingtown gebracht. Das Wetter hatte sich in den letzten Tagen verändert. Die Regenschauer des Winters waren zu einem sanfteren Nieseln geworden. Und frische Winde hatten die schneidenden Böen abgelöst. Gestern hatte sie sogar einen Kinderdrachen fliegen sehen, rot am hellblauen Himmel.
Viele Buden auf dem Markt hatten wieder geöffnet. Die Menschen lachten und plauderten, während sie feilschten.
Doch der Frühling allein konnte nicht alle Probleme Bingtowns lösen. Aber das angenehmere Wetter hatte die Abreise von vielen mürrischen Neuen Händlern beschleunigt.
Die neuen Kaianlagen und Piers waren beinahe fertig. Schiffe der Sechs Herzogtümer, die es eilig hatten, auf diesem neuen Markt Fuß zu fassen, trotzten den Gefahren vor der chalcedeanischen Küste und brachten gute Waren gen Süden nach Bingtown.
Keffria warf im Vorbeigehen einen kurzen Blick in den Innenhof. In den ordentlich aufgereihten Töpfen sprossen Blumenzwiebeln. Wilder Wein, den sie als verloren angesehen und zurückgeschnitten hatte, trieb neue Blätter. Und grüne Knospen auf trockenen Zweigen der Clematis versprachen, dass längst nicht alles tot war, was so ausgesehen hatte. Überall fasste das Leben wieder Fuß.
Der Frühling hatte auch eine willkommene Abwechslung in den Küchenplan gebracht. Es gab wieder frisches Gemüse aus dem Garten. Die wenigen Hühner, die Diebstahl, Sturm und dürftige Nahrung überlebt hatten, kratzten jetzt nach Insekten und Sprossen und legten wieder Eier. Ein eifersüchtig gehütetes Nest versprach sogar Kükennachwuchs, um die Hühnerschar zu vergrößern. Das Jahr wendete sich und mit ihm das Glück der Familie Vestrit. Vielleicht.
Entgegen Ronicas Sorge saß Gefährtin Serilla geduldig im Salon. Sie starrte ins Leere und hatte dem sonnigen Fenster den Rücken zugekehrt. Sie war dezent und erheblich wärmer gekleidet, als es das Wetter erforderte. Für sie schien Bingtowns Frühling wie der Herbst zu sein. Als sie Keffrias Schritte hörte, drehte sie langsam den Kopf und stand auf, während Keffria das Zimmer betrat.
»Händlerin Vestrit«, begrüßte sie die Frau mit gedämpfter Stimme. Ohne auf Keffrias Antwort zu warten, reichte sie ihr eine winzige Rolle Papier. »Ich bringe Euch Neuigkeiten. Der Vogel ist heute Morgen angekommen.«
»Guten Morgen, Gefährtin Serilla. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Ihr die Nachrichten Eurer Botenvögel an uns weitergebt. Aber es ist eine
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