Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
unerhörte Ehre, dass Ihr uns diese Nachricht selbst überbringt.«
Serilla lächelte kühl, sagte aber nichts. Keffria nahm das Papier entgegen und ging zum Fenster, wo das Licht am besten war. Tauben konnten keine schweren Lasten auf ihrem langen Flug tragen. Daher waren die Nachrichtenzettel klein und eng beschrieben. Jamaillianische Schreiber übertrieben es gelegentlich mit der Winzigkeit ihrer Buchstaben. Ein Postskriptum in Grags Handschrift war an Keffria gerichtet. Es war eine Nachricht an das Bingtown-Konzil. Sie kniff die Augen zusammen, um es zu entziffern, und gab die Nachrichten dabei an Ronica weiter.
» Ophelia sicher angekommen. Alle Briefe zugestellt. Allen geht es gut. Viviace sticht bald in See.« Sie sah ihre Mutter lächelnd an. »Das sind nur unsere Privatangelegenheiten. Wie nett von Grag, dass er uns das wissen lässt.«
»Der offizielle Teil geht Euch auch an«, informierte Serilla sie. »Bitte. Lest ihn.«
Die winzigen Buchstaben in der Handschrift eines offiziellen Schreibers konnte Keffria kaum entziffern. Sie überflog sie einmal, dann noch einmal. Anschließend blickte sie verwirrt von ihrer Mutter zu Serilla und las leise vor: »Gefährtin Serilla wird hiermit aus den Diensten des Satrapen entlassen. Er hat keine weitere Verwendung für sie, da Bingtown als unabhängiger Stadtstaat anerkannt worden ist. Der Satrap zieht ausdrücklich jede Autorität zurück, die sie sich persönlich angemaßt hat. Die Sprache ist ziemlich… drastisch.«
Ronica und Keffria warfen sich einen verlegenen Blick zu.
Die Gefährtin stand aufrecht da und lächelte höflich. Ronica sagte leise: »Ich wüsste nicht, wieso diese offiziellen Nachrichten die Vestrit-Familie betreffen.«
Keffria holte tief Luft. »Offenbar hat Malta mit dem Satrapen verhandelt. Die Vestrit-Familie wird die Interessen des Satrapen von Jamaillia in Bingtown vertreten. Die jährliche Entschädigung für diesen Dienst ist beträchtlich. Zehn Satrapien im Monat.« Das war eine fürstliche Summe. Ein bescheidener Haushalt konnte sehr gut von einer Satrapie im Monat leben.
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann schüttelte Keffria den Kopf. »Ich kann dieses Angebot nicht annehmen, so großzügig es auch sein mag. Ich bin als Vorsitzende des Bingtown-Konzils vorgeschlagen worden. Es ist schon schwer genug, im Interesse der Vestrit-Familie zu handeln und trotzdem alle Bingtowner Angelegenheiten ausgewogen zu handhaben. Mutter?«
»Ich habe alle Hände voll mit den kleineren Besitzungen zu tun. Ich bin keine junge Frau mehr, Keffria, und die vergangenen Jahre haben an mir gezehrt. Das viele Geld ist natürlich sehr verlockend. Aber was nützt es mir, die Interessen von jemand anderem wahrzunehmen und damit Geld zu verdienen, wenn ich dieses Geld sofort dafür ausgeben muss, um die Vernachlässigung unserer eigenen Besitzungen auszugleichen?«
»Selden ist noch viel zu jung und viel zu sehr von seinen eigenen Interessen in Beschlag genommen. Malta wird heiraten, sobald sie zurückgekehrt, und außerdem hat die Drachenkönigin bereits ihre Dienste in Anspruch genommen. Wintrow hat sich seinen Platz in der Welt geschaffen.« Sie sah ihre Mutter fragend an. »Althea?«
»O bitte.« Ronica seufzte. »Wenn sie es nicht vom Deck des Paragon aus tun kann, wird nichts daraus. Sie ist ja nicht einmal lange genug an Land geblieben, dass sie ordentlich hätte heiraten können.«
»Daran ist Trells Familie schuld«, verteidigte Keffria ihre Schwester. »Brashen hat darauf bestanden, sie in der Halle der Händler zu heiraten, aber sie haben ihm dieses Ansinnen abgeschlagen. Da er enterbt ist, ist er kein Händler mehr. Jedenfalls behaupten sie das.« Keffria schüttelte den Kopf über so viel Engstirnigkeit. »Sein Vater steckt dahinter. Ich glaube, dass Brashens Mutter ihn mit der Zeit erweichen könnte. Sein jüngerer Bruder hätte ihn jedenfalls bereitwillig wieder in den Schoß der Familie aufgenommen. Außerdem gehen Gerüchte um, dass Cerwin sich mit einem tätowierten Mädchen trifft, sehr zum Missfallen der Eltern. Vielleicht würde er ja einen Verbündeten willkommen heißen, um der eisernen Hand seines Vaters zu entkommen. Brashen und Althea hatten so wenig Zeit im Hafen. Vielleicht kann er ja die Meinung seines Vaters ändern wenn sie zurückkommen. Falls sein Stolz das zulässt.«
»Das reicht«, erwiderte Ronica leise. Sie sollten solche Dinge nicht vor der Gefährtin besprechen.
»Ich bin sicher, Ihr werdet eine Lösung
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