Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
finden«, bemerkte Gefährtin Serilla. »Ich muss gehen. Ich habe so viel…«
»Was werdet Ihr jetzt tun?«, fragte Keffria.
Serilla antwortete nicht sofort. Nach einer Weile zuckte sie mit den Schultern. »Es wird sowieso bald allgemein bekanntwerden. Alle werden erfahren, was Keffria aus Höflichkeit nicht laut ausspricht. Cosgo hat mich hier ausgesetzt.« Sie holte tief Luft. »Er behauptet, dass ich meinen Schwüren untreu geworden und sogar an der Verschwörung beteiligt gewesen wäre.« Sie biss die Zähne zusammen und fuhr dann beherrscht fort: »Ich kenne Cosgo. Jemand muss die Schuld bekommen. Er braucht einen Sündenbock, und das bin ich, denn alle anderen haben sich sein Pardon erhandelt.«
»Aber Ihr wart doch niemals wirklich daran beteiligt!«, rief Keffria entsetzt.
»In der Politik zählt der Schein mehr als die Wahrheit. Die Autorität des Satrapen wurde in Frage gestellt und sein Leben gefährdet. Es gibt genügend Beweise, dass ich seine Autorität untergraben habe, und zwar zu meinem Vorteil.« Sie lächelte merkwürdig. »In Wahrheit habe ich ihm einfach nur getrotzt. Und es gelingt ihm nicht, mich in die Knie zu zwingen. Das kann er einfach nicht ertragen. Dies hier ist seine Rache.«
»Was werdet Ihr jetzt tun?«, fragte Ronica.
»Ich habe keine echte Wahl. Er hat mich ohne Mittel und Autorität zurückgelassen. Ich bleibe hier in Bingtown im mittellosen Exil.« Ein Funken der alten Serilla schwang in ihrer Antwort mit.
Ronica lächelte. »Alle guten Familien in Bingtown haben genauso angefangen«, sagte sie nachdrücklich. »Ihr seid eine gebildete Frau. Bingtown ist in Aufbruchstimmung. Wenn Ihr in einer solchen Situation nichts aus Euch machen könnt, dann verdient Ihr es, mittellos zu sein.«
»Restates Nichte wirft mich aus seinem Haus«, erklärte Serilla plötzlich.
»Ihr hättet schon lange dort ausziehen sollen«, antwortete Ronica schneidend. »Ihr hattet von Anfang an nicht das Recht, dort zu leben.« Dann jedoch riss sie sich mühsam von dem alten Kampf los. Es war nicht mehr wichtig. »Habt Ihr schon einen neuen Ort gefunden, an dem Ihr wohnen könnt?«
Es war, als hätte sie eine Falltür betätigt. »Ich bin zu Euch gekommen.« Serilla sah die beiden Frauen an. »Ich könnte Euch in vielerlei Hinsicht helfen.«
Ronicas Augen weiteten sich, doch dann kniff sie sie misstrauisch zusammen. »Zu welchen Bedingungen?«, wollte sie wissen.
Serillas Steifheit fiel von ihr ab, und Keffria hatte das Gefühl, als sähe sie jetzt zum ersten Mal die wahre Frau hinter der Maske. Ihre Augen funkelten herausfordernd. »Austausch von Wissen und Fachkenntnis. Ich bin hierher gekommen, weil ich darauf spekuliert habe, genau das zu hören, was Ihr sagtet. Dass Ihr Jamaillias Interessen in Bingtown nicht wirklich vertreten könnt.« Sie blickte von Keffria zu Ronica. »Ich kann es«, versicherte sie ihnen ruhig. »Ich kann das aufrichtig tun. Und trotzdem vorteilhaft.«
Keffria verschränkte die Arme vor der Brust. Wurden sie hier etwa manipuliert? »Ich höre«, sagte sie gelassen.
»Delegiert die Aufgabe«, schlug Serilla rasch vor. »Gebt sie an mich weiter, sodass ich in Eurem Namen handeln kann. Ich habe jahrelang die Beziehungen von Bingtown zu Jamaillia studiert. Es liegt auf der Hand, dass dies natürlich auch die Beziehungen Jamaillias zu Bingtown einschließt.« Sie sah zwischen den beiden Frauen hin und her. Versuchte sie herauszufinden, wer von ihnen die Macht hatte? »Und bei der Summe, die er Euch angeboten hat, könnt Ihr es Euch sehr gut leisten, mich anzustellen.«
»Irgendwie bezweifle ich, dass ein solches Arrangement dem Satrapen gefallen würde.«
»Ist das als Bingtown-Händlerin Eure vordringlichste Sorge? Dass Ihr dem Satrapen gefallt?«, fragte Serilla scharf.
»In diesen unruhigen Zeiten ist es noch wichtiger, vertrauenswürdige Beziehungen zu unterhalten«, antwortete Keffria nachdenklich. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wenn sie diese Gelegenheit ausschlug, wen würde der Satrap dann einsetzen? War dies vielleicht eine Chance, die Situation unter Kontrolle zu behalten? Bei Serilla hatten sie es wenigstens mit einer Person zu tun, die sie kannten. Und respektierten, wie langsam sie diesen Respekt auch gewonnen haben mochte.
Keffria konnte die Fachkenntnisse der Frau nicht abstreiten.
Serilla kannte Bingtowns Geschichte besser als die meisten Bingtowner.
»Muss er es denn überhaupt erfahren?«, fragte Serilla. Ihre Stimme klang eine Spur verzweifelt.
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