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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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bin gelangweilt. Und zwar von deiner ganzen Leier. Ich habe schon oft von Priestern gehört, die so lange agitieren, bis man ihnen zustimmt, damit sie endlich den Mund halten. Also frage ich dich jetzt Folgendes: Wenn ich so tue, als würde ich etwas für sie empfinden, wirst du dann endlich den Mund halten und weggehen?«
    Einen Augenblick senkte Wintrow den Kopf. Kennit glaubte schon, dass sie ihn niedergerungen hatte. Doch dann starrte der Junge den Paragon an, der immer näher kam. »Nein«, sagte er leise. »Ich werde nicht gehen. Ich bleibe hier, bei dir. Wenn sie an Bord kommt, sollte jemand da sein, der ihr erklärt, was dir widerfahren ist.«
    Das ging auf keinen Fall. Kennit traf eine rasche Entscheidung. Er räusperte sich. »Eigentlich, Wintrow, habe ich eine kleine Aufgabe für dich, die du zuerst erledigen sollst. Nimm Etta mit. Sobald wir vor Anker gehen, möchte ich, dass du mit der Gig zur Marietta hinüberruderst. Einige von Sorcors Männern sind etwas hitzköpfig und fangen in letzter Zeit an, ihren Dickkopf durchzusetzen. Mach Sorcor klar, diplomatisch natürlich, dass ich dieses Schiff allein entern werde. Ich möchte, dass er die Marietta zurückhält. Am besten gefiele es mir, wenn die Mannschaft nicht einmal an der Reling stehen würde. Dieses Schiff hat eine weiße Fahne gehisst; ich möchte nicht, dass sie sich zahlenmäßig unterlegen und bedroht fühlen.
    Das könnte zu Gewalt führen, wo gar keine erforderlich ist.«
    »Sir, könntet Ihr nicht…?«, begann Wintrow flehentlich.
    Kennit tätschelte Ettas Hand. Sie verstand den Wink.
    »Jammer nicht, Wintrow«, tadelte sie ihn. »Es wird nichts nutzen, wenn du hier bleibst und dich von Blitz quälen lässt. Sie spielt mit dir Katz und Maus, und du hast einfach nicht genug Verstand, um dich dem zu entziehen. Also macht Kennit es für dich. Komm. Du hast eine Gabe für geschickte Worte und kannst Sorcor den Befehl sicherlich so übermitteln, dass er sich nicht gekränkt fühlt.«
    Kennit hörte ihr bewundernd zu. Sie verstand es äußerst geschickt, Wintrow gleichzeitig närrisch und egoistisch aussehen zu lassen, weil er versucht hatte, ihm zu widersprechen. Das musste eine weibliche Gabe sein. Früher einmal hatte seine Mutter so mit ihm gesprochen und ihre Ungeduld durchschimmern lassen, um ihn davon zu überzeugen, dass er sich im Unrecht befand. Er stieß diese Erinnerung barsch von sich. Je eher der Paragon zerstört war, desto besser. So viele unangenehme Erinnerungen hatten sich schon seit Jahren nicht mehr in ihm gerührt!
    Wintrow blickte beklommen von einem zum anderen. »Aber ich wollte eigentlich hier sein, wenn Kennit…«
    »Das sähe so aus, als würden wir dich als Geisel benutzen. Sie sollen aber sehen, dass du freiwillig ein Mitglied dieser Mannschaft bist, ohne Zwang. Es sei denn…« Kennit machte eine Pause und sah Wintrow merkwürdig an. »Möchtest du das Schiff verlassen? Willst du mit ihnen gehen? Wenn das dein Wunsch ist, brauchst du ihn nur auszusprechen. Sie könnten dich nach Bingtown zurückbringen, oder wieder in dein Kloster…«
    »Nein.« Selbst Etta wirkte überrascht, wie hastig Wintrow antwortete. »Mein Platz ist hier. Das weiß ich jetzt. Ich habe nicht das geringste Verlangen zu gehen. Ich möchte an Eurer Seite bleiben und Zeuge werden, wie die Pirateninseln zu einem anerkannten Königreich geformt werden. Ich habe das Gefühl… Ich fühle, dass Sa mich dafür vorgesehen hat.« Er verstummte und senkte kurz den Blick. Dann sah er Kennit wieder an, der ihn ernst musterte. »Ich gehe zu Sorcor, Sir. Jetzt sofort?«
    »Ja. Ich möchte, dass er dort bleibt, wo er ist. Sorg dafür, dass er das begreift. Ganz gleich, was er sieht, er soll mir die Lösung überlassen.«
    Er sah ihnen nach, als sie davoneilten. Dann nahm er Wintrows Platz an der Reling ein. »Warum macht es dir so viel Spaß, den Jungen zu quälen?«, fragte er das Schiff mit amüsiertem Gleichmut.
    »Warum unterlässt er es nicht, mich mit seiner Fixierung auf Viviace zu langweilen?«, knurrte das Schiff. Sie wandte den Kopf und starrte den heransegelnden Paragon an. »Was ist denn so bewundernswert an ihr? Warum kann er mich nicht an ihrer statt akzeptieren?«
    Eifersucht? Wenn er mehr Zeit gehabt hätte, wäre es sicher interessant gewesen, diese Möglichkeit weiter zu erkunden.
    Aber er schob ihre Frage kurzerhand beiseite. »Jungen versuchen immer, die Dinge so zu belassen, wie sie waren. Gib ihm Zeit, er wird sich daran gewöhnen.«

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