Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
vor Keffria, weinte und bat ihre Schwester um Verständnis. »Ich hatte Angst, ich dachte, ich wollte ihn, und dann wusste ich, dass ich ihn nicht mehr wollte, aber ich wusste nicht, wie ich ihm Einhalt gebieten konnte.«
»Es ist deine Schuld!«, zischte Keffria sie an. Sie war zu entsetzt, um Mitleid mit ihrer unberechenbaren Schwester zu haben. »Du hast ihn dazu verführt, und deshalb ist es deine Schuld.« Die Worte zwangen Althea die Tat auf und machten sie selbst dafür verantwortlich. Sie war nicht mehr ein Unrecht, das ihr angetan worden war. Alles wurde ihr wieder überdeutlich bewusst, die harten Stöße dieses kräftigen Körpers, das panische Bedürfnis nach Luft und die Verzweiflung über das Wissen, dass es ein Geheimnis bleiben musste. Niemand durfte es erfahren. Sie biss die Zähne zusammen und ignorierte die grobe Hand, die ihre Brust zusammenquetschte. Sie versuchte sich aus dem Albtraum aufzuwecken, versuchte von ihm wegzukrabbeln, aber er saß auf ihr, und es gab kein Entkommen. Sie schlug mit dem Kopf gegen das Holz und betäubte sich beinahe selbst.
Althea begann zu weinen. Sie war vernichtet.
Brashen , versuchte sie zu rufen. Brashen. Sie hatte sich geschworen, nie wieder einem anderen Mann zu gehören, aber immer noch presste sich eine Hand auf ihren Mund und die brutalen Stöße hörten nicht auf. Es fiel ihr so schwer zu atmen. Der Schmerz war weit weniger erschreckend als der Mangel an Sauerstoff.
Noch bevor es vorbei war, öffnete sich ein gewaltiger schwarzer Abgrund vor ihr und drohte, sie zu verschlingen. Sie stürzte sich bereitwillig hinein und hoffte, dass es der Tod sein möge, der sie endlich holte.
Kennit drehte sich um und verriegelte sorgfältig die Tür der Kabine hinter sich. Ihm zitterten noch die Hände, er atmete schnell und konnte sich einfach nicht beruhigen. Es war so ungeheuer intensiv gewesen! Er hätte sich niemals träumen lassen, dass eine Lust so intensiv sein konnte. Er wagte nicht, darüber nachzudenken, weil er sonst sofort wieder zu ihr hineingegangen wäre.
Wohin sollte er sich jetzt wenden? Er konnte unmöglich in seine eigene Kajüte gehen. Dort wartete die Hure auf ihn – und vermutlich auch Wintrow. Vielleicht würde ihnen etwas an ihm auffallen, und dann würden sie Fragen stellen. Er musste allein sein. Er wollte darüber nachdenken, was er getan hatte, ja, er wollte es genießen. Und sich einen Reim darauf machen. Er konnte kaum glauben, dass er sich so hatte gehen lassen. Zum Vordeck wagte er sich ebenfalls nicht. Noch nicht. Blitz würde sofort wissen, was er getan hatte. Sie war mit ihm und Althea verbunden und hatte es vielleicht sogar miterlebt.
Dieser Gedanke ließ die Erfahrung noch in einem ganz anderen Licht erscheinen. Hatte sie es miterlebt? Hatte sie vielleicht sogar gewollt, dass er es tat? Hatte er deshalb nicht damit aufhören können? War es deshalb so überwältigend gewesen?
Er stellte fest, dass er nach achtern gegangen war. Der Mann am Ruder sah ihn neugierig an, vernachlässigte aber seine Pflichten keine Sekunde. Es war eine schöne, klare Winternacht. Der Himmel war sternenübersät. Das Schiff hob sich sacht, traf jede Welle und durchschnitt sie glatt. Ihre Eskorte Seeschlangen flankierte sie. Ein wogender Teppich von Farben und Bewegung im Sternenlicht. Er lehnte sich an die Reling und blickte hinaus auf das Kielwasser des Schiffes.
»Du hast eine Grenze überschritten!«, bemerkte eine winzige Stimme an seinem Handgelenk kalt. »Was hat dich dazu getrieben, Kennit? War das die einzige Möglichkeit, diese Erinnerungen endgültig zu verbannen? Indem du sie an jemand anderen weitergegeben hast?«
Die geflüsterten Fragen hingen in der Luft, und Kennit antwortete nicht sofort darauf. Er wusste keine Antwort. Er wusste nur, dass es ihn erleichtert hatte, noch mehr, als den Paragon und diese Erinnerungen auf den Meeresgrund zu schicken. Er war frei. »Ich habe es getan«, sagte er schließlich kühl, »weil ich es tun konnte. Ich kann jetzt tun, was ich tun will.«
»Etwa weil du König der Piraten bist? So hat Igrot sich selbst manchmal genannt, hab ich Recht? Vielleicht sogar, während er tat, was er tun wollte?«
Eine raue Hand presste sich auf seinen Mund. Schmerz, Demütigung. Kennit schob diese Erinnerungen wütend beiseite. Sie sollten eigentlich nicht mehr existieren. Paragon sollte sie mit auf den Meeresgrund genommen haben. »Es ist etwas anderes«, sagte er und hörte selbst, wie verteidigend seine Stimme
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