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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aufgehört hast.« Sie neigte den Kopf. »Sprich zu mir wie früher. Ich habe mich nicht wirklich verändert. Da wächst einfach nur ein Kind in mir heran. Es ist weder eine Krankheit noch Wahnsinn. Warum macht es dir solche Sorgen?«
    Er antwortete, bevor ihm klar war, was er da eigentlich sagte.
    »Kennit bekommt alles. Das Schiff, einen Sohn und dich. Und ich werde nichts haben. Ihr werdet immer zusammen sein, und ich werde immer außen vor bleiben.«
    Sie wirkte verblüfft. »Und du wolltest das? Das Schiff? Einen Sohn? Mich?«
    Etwas in ihrer Stimme ließ sein Herz schneller schlagen.
    Wollte sie, dass er sie begehrte? War da ein Hauch von Wärme für ihn? Er würde es aussprechen und dann dafür verdammt sein. Wenn er schon alles verlieren musste, dann sollte es wenigstens ausgesprochen werden – selbst, wenn sie ihn aus ihrer Gegenwart verbannte. »Ja. Ich will all das. Das Schiff, weil es meins ist. Und dich und einen Sohn, weil…« Sein Mut verließ ihn. »Weil ich es eben will«, beendete er den Satz und sah sie an. Vermutlich mit großen treuen Augen. Er verwünschte sich im Stillen.
    »Ach, Wintrow« Sie schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. »Du bist noch sehr jung.«
    »Ich stehe dir altersmäßig näher als er«, konterte er gekränkt.
    »Aber nicht auf die Art, auf die es ankommt«, antwortete sie rätselhaft.
    »Ich bin nur jung, weil Kennit mich so sieht«, erwiderte er.
    »Und du glaubst es auch weiterhin. Ich bin kein Kind, Etta. Und auch kein behüteter Akolyth. Nicht mehr. Ein Jahr auf diesem Schiff würde aus jedem Jungen einen Mann machen.
    Aber wie soll ich ein Mann werden, wenn mir niemand erlaubt, einer zu sein?«
    »Männlichkeit ist nicht etwas, was jemand dir zugesteht«, belehrte Etta ihn. »Männlichkeit ist etwas, was ein Mann sich nimmt. Dann wird er von den anderen auch anerkannt.« Sie beugte sich vor, um ihre Stickarbeit wieder aufzunehmen.
    Wintrow stand auf. Seine Verzweiflung drohte jeden Moment in Wut umzuschlagen. Warum speiste sie ihn mit solchen Plattheiten ab? »Männlichkeit muss man sich also nehmen, ja? Verstehe.« Als sie sich auf ihrem Stuhl aufrichtete, legte er zwei Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf leicht an. Sie wirkte verblüfft. Und er weigerte sich nachzudenken. Er hatte das Nachdenken satt. Er beugte sich vor und küsste sie.
    Verzweifelt hoffte er dabei, dass er es richtig machte. Als er jedoch ihre weichen Lippen unter den seinen fühlte, versank alles um ihn herum bis auf dieses wundervolle Gefühl.
    Schließlich wich sie zurück, schlug die Hand vor den Mund und atmete einmal tief durch. Ihre Augen waren geweitet, und sie funkelte ihn zornig an »So willst du also zum Mann werden? Indem du Kennit betrügst, den Mann, der dein Freund ist?«
    »Das hat nichts mit Betrug zu tun, Etta. Und auch nichts mit Kennit. Es hat etwas damit zu tun, wie ich es mir zwischen dir und mir wünsche. Auch wenn es nicht so ist.« Er atmete schwer. »Ich sollte jetzt wohl gehen.«
    »Ja«, erwiderte sie bebend. »Das solltest du.«
    An der Tür blieb er noch einmal stehen. »Wenn es mein Sohn wäre, mit dem du schwanger wärst«, sagte er heiser, »wäre ich der Erste, der es erfahren wollte. Du müsstest so etwas Vertrauliches nicht mit einem anderen Mann besprechen. Du könntest dir meiner Freude und meiner Akzeptanz sicher sein. Und ich hätte…«
    »Raus jetzt!«, befahl sie barsch, und er gehorchte.

    Althea. Es war ein schwaches Echo aus einer geliebten Vergangenheit. Du bist endlich zu mir gekommen.
    »Nein.« Sie wusste, dass ihre Lippen dieses Wort formten, aber sie hörte nicht, wie ihre Stimme es aussprach. Sie wollte nicht aufwachen. Wachsein hatte nichts Gutes mehr an sich.
    Sie zwang sich, tiefer zu sinken, vorbei an dem Schlaf, an der Bewusstlosigkeit, an einen Ort, wo sie nicht mehr mit ihrem besudelten Körper verbunden war. Sie tastete nach einem Traum, in dem Brashen noch lebte und sie sich liebten und frei waren. Sie ging zurück zu den schönsten Tagen, als sie ihn geliebt hatte, ohne es zu wissen, als sie beide auf dem Deck eines wunderschönen Schiffes gearbeitet hatten und ihr Vater mit wohlwollendem Blick über sie gewacht hatte. Dann noch weiter zurück, zu einem barfüßigen kleinen Mädchen, das durch die Wanten turnte oder ausgestreckt auf dem sonnenüberfluteten Vordeck lag, mit einer träumerisch wirkenden, reglosen Galionsfigur.
    Althea. Freude schwang in der Stimme mit. Du hast mich gefunden. Ich hätte niemals an dir zweifeln

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