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Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Roeder
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Freundin umgehen sollte.
    »Und wer ist dagegen?«, fragte Anouk mit leiser, aber fester Stimme.
    Sie meldete sich und ich tat es ihr nach. Judith, die sich inzwischen ihren Bademantel wieder übergezogen hatte, musterte uns drei von ihrer Zimmerecke aus. Dann glitt ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht und sie hob ebenfalls die Hand.
    »Sieht so aus, als wärst du überstimmt, Phil«, sagte sie mit einem seltsamen Funkeln in den Augen.
    Er durchbohrte sie mit wütenden Blicken. »Das gefällt dir, nicht wahr, Judith? Du warst ja von Anfang an gegen unsere Vertuschungsaktion! Lass uns zur Polizei gehen, Phil, der Jugendknast ist eine klasse Einrichtung!«, ahmte er sie mit verstellter Stimme nach.
    Judith stand mit verschränkten Armen da und musterte ihn schweigend. Das schien Philipp noch mehr aufzustacheln. »Ja, tut nur so, als wärt ihr bessere Menschen als ich! In Wahrheit wart ihr doch froh, dass euch jemand die unbequemen Entscheidungen abgenommen hat. Weil ihr selbst nicht den Mumm hattet, sie zu treffen und zu den Konsequenzen zu stehen! Ich geb meinen Posten als Anführer dieses Haufens von Jammerlappen gerne ab. Ist nämlich ein Scheißjob! Willst du ihn, Anouk? Bitte!«
    Sie wich ein wenig zurück, als hätte sie sich an dem sonst so coolen Philipp die Finger verbrannt. Vielleicht war sie auch vor ihrem eigenen Mut erschrocken. »Nei n … ich finde, wir sollten alle gemeinsam entscheiden.«
    Ihre besonnene Antwort brachte Philipp endgültig aus der Fassung. »G-g-g-großartig! Demokratie ist eine f-feine Sache! Aber wenn ihr euch mit dem da an den runden Tisch setzt«, damit durchbohrte er die Luft mit seinem Zeigefinger und deutete auf mich, »fragt ihn vorher, wieso er als Ei-einziger noch keine Auf-g-g-g-gabe erfüllen musste! Fragt ihn, warum er Beweisstücke mit sich rumträgt, die uns alle b-b-belasten! Und fragt ihn, wem seine L-L-Loyali-t-tät gilt: uns oder einer T-T-Toten!«
    Damit rauschte er aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
    »Philipp!«, rief Anouk unglücklich, und im ersten Augenblick sah es so aus, als wollte sie ihm nachlaufen. Doch dann schien sie sich zu besinnen. »Und was jetzt?«, fragte sie bloß und drehte sich zu uns um.
    Wir beschlossen, Mose einen Brief zu schreiben. Es war Judiths Idee. Sie schien eine diebische Freude an dem Gedanken zu haben.
    »Ich wünschte, Philipp wäre hier. Er würde bestimmt die richtigen Worte finden«, sagte Anouk, die ständig zur Tür guckte.
    »Ach, wir schaffen das auch ohne Phil!«, versicherte ihr Judith. »Du wirst sehen, der kriegt sich schon wieder ein.« Aufgeregt ließ sie den Kuli in ihrer Hand klicken. »Also, was soll ich schreiben?«
    Nach langem Hin- und Herüberlegen, Streichen und Hinzufügen von Sätzen stand schließlich auf dem Blatt Papier:
    Mose,
wir wissen, dass wir einen Fehler gemacht haben. Aber was du machst, ist genauso falsch und macht unseren Fehler nicht ungeschehen.
Wenn du uns an die Polizei verrätst, lassen wir dich mit auffliegen. Erpressung ist auch strafbar. Lass uns endlich in Ruhe, du Sadist.
    Zebraland ist abgebrannt.

Judith
    Am nächsten Tag werfen wir den Brief in den Kummerkasten, so wie wir es eigentlich mit den Fotos machen sollten.
    »Wir könnten Mose eine Falle stellen«, schlägt Ziggy vor. »Abwechselnd Wache vor dem Kummerkasten schieben. Irgendwann muss er schließlich dort auftauchen. Und wenn wir endlich wissen, wer dahintersteckt, finden wir vielleicht doch einen Weg, ihn loszuwerden.«
    Wir entwerfen einen Plan zur Überwachung des Flures, sodass immer einer von uns den Kummerkasten im Auge behalten kann.
    »Mittwoch in der Dritten schreiben Judith und ich eine Arbeit«, wendet Anouk ein.
    »Dann muss ich halt Mathe schwänzen«, bietet Ziggy an. Diese Aussicht scheint ihn nicht gerade zu bedrücken.
    »Ich wünschte, Philipp würde mitmachen«, seufzt Anouk. »Dann wäre alles viel leichter.«
    Im Stillen gebe ich ihr Recht.
    Phil schmollt immer noch und redet mit keinem von uns. Dabei war es doch Anouk, seine Freundin, die sich zuerst gegen ihn gestellt hat. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Alles läuft falsch.
    Die Schülerzeitung erscheint. Nach der zweiten großen Pause ist die Auflage vergriffen. Später feiern wir den Erfolg in der Redaktion. Ich bekomme viel Lob für meine Interviews. Dass ich für meine Rolle in dieser Farce auch noch bejubelt werde, macht mich krank. Nicht mal der Sekt, den Carsten mitgebracht hat, schmeckt

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