Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Roeder
Vom Netzwerk:
»ein Foto schießen« bekommt gerade eine neue, negative Bedeutung für mich. Ich fühle mich irgendwie bloßgestellt. Habe ich zu Philipp hingesehen, verliebt und nackt?
    In diesem Moment geht die Badezimmertür auf. Ziggy betritt den Raum und Anouk kreischt los.
    Ich kann es ihr nicht verübeln: Ziggy sieht wirklich furchterregend aus. Er trägt nur Boxershorts und sein gesamter Oberkörper und sein Gesicht sind mit schwarzen Streifen bemalt. Er sieht aus wie ei n … ein Zebra.
    Phil und ich glotzen ihn an.
    Nur Anouk kann sich anscheinend noch bewegen. »Oh, Ziggy!« Sie läuft zu ihm hin und wischt ihm mit dem Zipfel ihres Kimonos über die gestreifte Wange. Anscheinend geht die Farbe nur schwer wieder ab. Mit ihren Versuchen verschmiert Anouk alles und macht es noch schlimmer.
    »Warum hast du das getan?«, fragt sie leise.
    Ziggy antwortet nicht. Sein Gesicht ist hohlwangig, sein Blick seltsam abwesend.
    Anouk schnieft und dreht sich mit einem plötzlichen Ruck zu uns um: »Seht ihn euch an! Er ist völlig fertig! Und ich übrigens auch. Ic h … ich mach hier nicht länger mit.«
    Philipp geht auf seine Freundin zu und redet beruhigend auf sie ein. »Schatz, hör mir zu. Wir müsse n …«
    »Nein!«, schreit Anouk. Ihre Augen sind gar nicht mehr sanft, sie flackern. Mit einem Ruck reißt sie sich das bunt gemusterte Tuch herunter und hält Philipp ihr geschwollenes Handgelenk vor die Nase. Der schwarze Kreis wirkt auf ihrer zarten Haut wie ein Wundmal.
    »Jetzt hörst du mir mal zu!«, ruft sie. »Es ist genug, Philipp! Genug, hörst du! Wenn wir so weitermache n … dann ist bald nichts mehr übrig von uns! Weil wir Mose alles in den Rachen geworfen haben, was etwas wert war!«
    Wir blicken sie alle hilflos an.
    Ich hätte nie gedacht, dass sich Anouk einmal offen gegen Philipp wenden würde.
    Seltsam. Sie hat sich tätowieren lassen, obwohl sie solche Angst davor hatte. Für sich selbst konnte sie nicht kämpfen. Aber für Ziggy, der sich nicht selbst helfen kann, schon.
    Es ist, als hätte sie mit ihrem Mal endlich auch zu so etwas wie Persönlichkeit gefunden.

Ziggy
    E: »Yeah, get up, stand up. Stand up for your rights. Get up, stand up, don’t give up the fight!« Z: »Ich hab’s kapiert: Man muss aufstehen und kämpfen! Kannst du jetzt aufhören, hier rumzusingen, Elmar?«
E: »Hast du mal dran gedacht, dass euer sauberer Anführer Philipp selbst der Erpresser sein könnte, Mohn? Er scheint ’ne Menge Spaß daran gehabt zu haben, euch in der Gegend rumzukommandieren.«
Z: »Ja, ich habe daran gedacht, Elmar.«
    Anouk ging ins Bad und kam mit einem feuchten Handtuch zurück, das sie mir in die Hand drückte. »Bitte mach dich sauber«, sagte sie leise, »du machst mir Angst.«
    Philipp und Judith warfen mir immer wieder Seitenblicke zu, als hielten sie mich jetzt endgültig für völlig durchgeknallt.
    Vielleicht hatten sie ja Recht. Ich war ziemlich fertig. Und als ich im Badezimmerschrank diese verstaubte Karnevalsschminke gefunden hatt e … Ich hatte irgendwie ein Zeichen setzen wollen oder so was. Zu dem Zeitpunkt war mir das alles ganz logisch vorgekommen.
    Jetzt kam ich mir nur noch wie eine Witzfigur vor.
    Immerhin hatte meine Aktion Anouk dazu gebracht, sich auf die Hinterbeine zu stellen. Ich glaube, wir empfanden beide das Gleiche: So konnte es nicht weitergehen.
    Philipp erhob sich von seinem Sessel und kam auf Anouk und mich zu: »Schön, ihr habt also keine Lust mehr auf Moses Aufgaben. Stellt euch mal vor, ich auch nicht!«
    Er wandte sich jetzt direkt an seine Freundin und fragte ein wenig zu hämisch: »Hast du irgendeinen Alternativvorschlag? Ich brenne nämlich darauf, ihn zu hören!« Offensichtlich war er sauer, dass ihm die Kontrolle über die Situation flöten gegangen war.
    »Passiver Widerstand?«, bot Anouk ihm tapfer die Stirn.
    »Ja, genau! Machen wir’s doch wie Gandhi! Treten wir eine Runde in den Hungerstreik! Mose wird sich schlapplachen! Passiver Widerstan d – damit bewirken wir überhaupt nichts gegen so ein Monster!«
    »Kann sein. Aber dieser Wahnsinn hier«, Anouk zeigte auf unser improvisiertes Fotostudio, »das kann doch auch nicht der richtige Weg sein! Ich finde, wir sollten noch einmal abstimmen. Wer ist dafür, Moses Aufgaben weiterhin zu erfüllen?«
    »Ich«, meldete sich Philipp in schneidendem Ton. »Weil uns nämlich keine andere Wahl bleibt, habt ihr das schon vergessen?« Offenbar wusste er nicht genau, wie er mit dem Widerstand seiner

Weitere Kostenlose Bücher