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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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gewesen. Nur so, aus Jux und Tollerei.«
    »Ein gerissener Hund ist er schon«, stimmte Zebulon zu. »Das muss man ihm lassen.«
    »Aber egal«, sagte sie, als hätte sie sich eines Besseren besonnen. »Er gehört nun mal zur Familie. Ich hab ihn fast genauso großgezogen wie dich, deswegen hat er ein bisschen Nachsicht verdient, wenn schon nicht von Gott, dann wenigstens von dir und mir. Der arme kleine Halbblut-Findling.«
    Sie holte einmal tief Luft, bevor sie endlich damit herausrückte, was sie eigentlich auf dem Herzen hatte: »Noch was, mein Sohn. Wenn ich meine Felle verkauft hab, war’s das für mich. Ich hab nicht vor, in einem billigen möblierten Zimmer über dem Laden von einem blöden Flachländer auf mein letztes Stündlein zu warten.«
    »Vielleicht sollte ich dich einfach nach Mexiko bringen«, meinte Zebulon. »Damit dir die Sonne die alten Knochen wärmt. Ich setz dich in irgendeine kleine
hacienda
mit einer Veranda vorn dran und einer Cantina ein Stück die Straße runter. Wär nicht das Schlechteste.«
    »Was zum Teufel soll ich in Mexiko? Mein Futter mit diesen Bohnen- und Chilifressern wiederkäuen? Nichts da. Wenn ich meinen Kadaver auf die andere Seite schleppe, ist der Himmel meine Decke und ich hab einen Berg, an den ich mich anlehnen, und einen Krug, aus dem ich trinken kann. Das reicht mir.«
    Diesen Spruch hatte er über die Jahre immer wieder gehört, oder zumindest Varianten davon, und je nach ihrer Stimmung gab er immer dieselbe Antwort: »Du hast mich in die Welt gebracht, Ma. Ich begleite dich hinaus.«
    Diesmal unterbrach sie ihn: »Ich hab dich nicht für so sentimentalen Quatsch erzogen, mein Sohn. Du tust, was vor dir liegt, und ich mach’s genauso.«

A M NÄCHSTEN M ORGEN RITTEN sie alle drei in einen sanften Frühlingsregen hinaus. Sie ließen sich Zeit, weil Annie May es nicht eilig hatte, den Ort zu verlassen, den sie seit dreißig Jahren kannte und den sie, wie ihr allmählich klar wurde, nie mehr wiedersehen würde.
    Am Abend kampierten sie in den bröckelnden Ruinen eines verlassenen Pueblos, wo der Wind um ihr Feuer heulte wie ein Chor trauernder Witwen. Mitten in dem Abendessen aus Mays Keks- und Dörrfleischresten stand Hatchet Jack plötzlich auf und drehte den Kopf rasch hin und her.
    Ein steinalter Mexikaner stand im Dunkeln, sein fast zahnloses Gesicht durch eine leere Augenhöhle gezeichnet. Sein bis aufs Skelett abgemagerter Körper war in zerrissene Leggings und ein langes weißes Baumwollhemd gehüllt.
    »Ihr verlasst einen Pfad wie ein verwundeter Büffel«, sagte der Mexikaner mit einem weichen spanischen Akzent.
    »Plaxico!«, rief Hatchet Jack. »Wie hast du mich gefunden?«
    »Ich habe dich nicht gefunden. Du hast mich gefunden.«
    »Aber –«
    »Dein Problem ist, das du zu viel denkst. Und nicht genug.«
    Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verschwand. Verstört von der geisterhaften Erscheinung des alten Mexikaners, lief Annie May auf und ab und hob die Arme in Abwehr gegen die Elemente: »Ein Hurra auf die Berge und auf alle alten Krieger aller Zeiten! Meine Jungen und ich, wir sind in Frieden gekommen, und wir werden in Frieden wieder gehen, und wir wären dankbar, wenn ihr toten oder sterbenden roten Nigger und Bohnenfresser euch eure Begrüßungen verkneifen könntet. Eines nicht mehr fernen Tages werde ich mein Zelt im Innern des großen Kreises aufschlagen. Aber jetzt noch nicht. Nicht heute Abend.«
    Zebulon und Hatchet Jack schlossen sich ihr an, schlurften um das Feuer herum, schneller und immer schneller, und stießen ihre Gebirgsjuchzer aus: »Uaaaaaaaaaaa! Uaaaaaaaaaaa! Uaaaaaaaaaaa!«
    Sie ließen sich auf den Rücken fallen, tranken den letzten Whiskey aus und sangen dazu ein altes Familienlied:
    Old Long Hatcher gone under on the north Platte
,
    Found him a bar but the bar laid him flat
.
    Hatchet Jack griff in seine Tasche und holte eine Tüte Bonbons heraus. Er schob sich die Hälfte davon in den Mund und warf die Tüte Zebulon zu, der sich eine Handvoll nahm und die Tüte an Annie May weiterreichte, die den Rest verdrückte.
    »Wir schänden geheiligten Boden«, sagte Hatchet Jack. »Nicht ausgeschlossen, dass Plaxico uns dafür büßen lässt.«
    Annie May seufzte. »Wenn man mal einen von diesen alten Käuzen gesehen hat, kennt man sie alle. Zum Teufel mit ihm. Trotzdem würd ich mich gern heilen lassen. Wie wär’s, Mr. Healer-Dealer? Willst du mal zeigen, was du kannst? Mein Knie ist hin, mit der Schulter stimmt was

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