Zebulon
dorthin zurückkehren, wo sie hergekommen sind. Im Augenblick sind die Geister zornig und verwirrt. Sie sind einzig und allein darauf aus, alles aus eurem Inneren herauszusaugen und es durch fettigen Rauch zu ersetzen. Das kann sehr unangenehm sein, wenn ihr das Gegenmittel nicht kennt.«
Er sprang auf Zebulons Brustkorb und Bauch auf und ab, schlug dabei die Trommel und schmatzte mit seinen dicken Lippen. Dann tat er dasselbe mit Delilah. Er zündete einen zur Hälfte gerauchten Stumpen an, blies den Rauch in vier Himmelsrichtungen und redete dabei laut in seiner Muttersprache auf Delilah ein. Sie hatte keine Ahnung, was er sagte, doch er schrie immer lauter und aufgeregter. Schließlich hatte sie genug und fürchtete sich so sehr, dass sie sich aus dem Graben erhob und zum Fluss taumelte, wo sie ganz untertauchte, doch im nächsten Moment zog Toku sie an den Haaren in den Kreis zurück.
»Oh …! Ah …! Ha …!«, rief er, schlug seine Trommel und spuckte Zebulon, dann auch Delilah ins Gesicht. »Oh …! Ah …! Eh …! Ha …! Ho …! Ah …! Ha …! Eh …! Ho …!«
Plötzlich ließ sich Delilah auf den Boden fallen und wälzte sich hin und her wie eine sich häutende Schlange. Zebulon stürzte neben ihr zu Boden, und seine Arme zuckten krampfhaft über seinem Kopf, während ein Strom Energie mit Macht sein Rückgrat emporstieg. Sie zuckten und wanden sich weiter neben- und aufeinander, bis die in ihnen tobenden Kräfte versiegten und alles platt und leer wurde.
»Die bösen Geister sind fort«, erklärte Toku feierlich. »Jedenfalls die meisten. Wenn sie wiederkommen, werde ich mehr als fünfzehn Dollar brauchen, um sie zu vertreiben.«
Er steckte die Maske in seinen Sack, verneigte sich vor der Affenfigur und dann vor Delilah und Zebulon.
»Wenn ihr Glück habt, seht ihr mich nie wieder«, sagte er und ging seiner Wege.
A M NÄCHSTEN M ORGEN GINGEN SIE nach San Francisco zurück. »Da wir einen langen Ritt vor uns haben, sollten wir uns ausrüsten«, sagte Zebulon und zeigte auf ein Bekleidungsgeschäft.
»Ganz meine Meinung«, sagte Delilah. »Zu wissen, dass sie mit einem Mann reist, der für sie sorgt, ist wichtig für den Gemütszustand einer Dame.«
Sie kaufte sich ein Paar Glacéhandschuhe, ein Paar hochgeschnürte schwarze Lederstiefel, zwei geschlitzte Reitröcke und schließlich einen .41er Derringer, den sie in eine lederne Handtasche steckte. Zebulon entschied sich für einen mit Silberknöpfen verzierten breitkrempigen Hut und eine mexikanische Fransenjacke mit schmalen Revers, die ihm bis über die Hüfte reichte. Zuletzt erstand er ein Paar Stiefel und ausgefallene Sporen mit silbernen Rädchen.
»Na, wie findest du meine nagelneue Aufmachung?«, fragte er und bewunderte sich in einem bodenlangen Spiegel von allen Seiten.
»Du siehst aus wie ein Richter oder ein Anwalt.« »Dann erkennt mich keiner«, sagte er.
Sie streckte die Arme aus und wirbelte vor ihm herum.
»Und ich?«, fragte sie.
»Die Frau eines Richters. Oder die Puffmutter eines teuren Bordells.«
Sie lachte. »Was ist dir lieber?«
Sie tänzelte davon, schwenkte ihre Handtasche und warf ihm über die Schulter einen koketten Blick zu. »Ich schlage vor, wir finden das heraus.«
Ihr nächster Halt war das Palace Hotel am Hafen, in dem Zebulon kurzentschlossen ein Zimmer in der obersten Etage mit Blick über den Hafen buchte, eine Transaktion, die erst möglich wurde, nachdem er Delilah als seine Sklavin vorgestellt hatte, denn Farbige, selbst wenn sie so offenkundig exotisch und unbestimmbarer Herkunft waren wie Delilah, durften das Hotel nicht betreten, es sei denn als Sklaven.
Sie stand in dem prunkvoll ausgestatteten Zimmer und sah auf den Hafen mit seinen vielen hundert verlassenen Schiffen hinaus.
»Jetzt bin ich deine Sklavin«, sagte Delilah.
»Jedenfalls für eine Nacht«, sagte er. »Stört dich das?«
Sie wandte sich ab und setzte sich auf die Bettkante. »Es stört mich, dass wir in einem Schicksal vereint sind, über das wir keine Kontrolle haben. Aber ist Schicksal nicht immer eine Art Sklaverei?«
Der Ernst ihrer Frage brachte ihn aus der Fassung, so sehr, dass er sogar Angst bekam und schließlich wütend wurde. »Wenn es dir hier nicht passt, dann solltest du vielleicht besser abhauen.«
»Ich weiß nicht mehr, wie das geht, abhauen«, sagte sie. »Und ich weiß nicht, wie es geht, hier zu sein oder irgendwo sonst. Als ich dich in dem Saloon gesehen habe, wäre ich am liebsten davongerannt.
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