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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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Das wäre gar nicht nötig gewesen. Er war zu vorsichtig gewesen. Aber das konnte ja niemand voraussehen. Freudig griff er sich Papier und Bleistift. Er hatte gerade genug Muse und Zeit, um die dritte Strophe seines Liedes anzugehen. Ja, er war regelrecht beschwingt. Sein Stift flog über das Papier dahin. Er fühlte sich von der Muse geküsst. Dreißig Minuten später las er sein Werk nochmals durch und korrigierte hier und dort an der einen und anderen Zeile. Dann war er mit seinem Werk zufrieden, und sang leise vor sich hin:
    à
Den Schmarotzer habt ihr auch geschafft,
    Ganz schnell hat’s ihn hinweg gerafft.
    So qualvoll ist der Hund verreckt,
    Weiß niemand, wer dahinter steckt.
    Nun kommt noch einer an die Reihe,
    Auf seinen Tod, mich heut‘ schon freue.
    Dann ist geschafft, was war geplant,
    So schön, dass niemand etwas ahnt.
    Als er zu Ende gesungen hatte, konzentrierten sich seine Gedanken auf den eigentlichen Höhepunkt des heutigen Tages. Er freute sich auf sein Rennen auf der Galopprennbahn Iffezheim in Baden-Baden, welches in zwanzig Minuten begann. Heute würde er nicht auf die Außenseiter wetten. Der Favorit war zu stark. Das sagten auch die erfahrenen Buchmacher. Klar, das ergab nicht die erhoffte hohe Gewinnquote, aber besser ein kleiner Gewinn, als ein erneuter Wettverlust.
    Doch das Glück wollte auch heute nicht mit ihm sein. Vierundzwanzig Minuten später galoppierte der vierjährige Wallach Seismos , der 221:10-Außenseiter, gefolgt von Nightdance Paolo und Tidespring, mit fünf Längen Vorsprung als Erster über die Ziellinie.
    Später am Abend sollte der Mörder noch eine weitere, herbe Enttäuschung erleiden, von der er zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung hatte. Johannes Sapper sollte nun doch obduziert werden. Kunigunde Holzmann, dieses fränkische Urviech hatte die Schwester des Toten dazu überredet. Seine Pläne sollten gewaltig durcheinander geraten. Dinge würden sich ganz anders entwickeln, als er sie geplant hatte. Es war doch nicht der Tag, der für ihn so euphorisch begann.
Pathologie der Uni-Klinik Erlangen, Dienstag, 28. August 2012
    Der Leichnam von Johannes Sapper lag auf dem Edelstahl-Seziertisch von Dr. Niethammer.
    Kunigunde Holzmann hatte am Sonntagabend noch ausführlich mit Julia Fuchs und ihrem Mann Bruno gesprochen. Es gelang ihr, bei den beiden erhebliche Zweifel hinsichtlich der tatsächlichen Todesursache von Johannes Sapper zu säen.
    „Abber dann müsserd der arme Hanni ja aufgschniddn wern!“, stellte Julia Fuchs richtigerweise fest. „Iech waß ned, ob iech dees moch!“
    „Dees mergd der Hanni doch nemmer“, konterte die Kunni, „und iehr wissd danach ganz genau, woran dei Bruder dadsächli gschdorbn is.“
    Über Kommissar Fuchs erhielt der Pathologe vorab noch ein paar mündliche Hinweise, warum der Tote bei ihm gelandet war. „Meine Tante Kunni ist mal wieder schuld.“
    „Ist das die, die im letzten Jahr kräftig dazu beigetragen hat, den Fall mit dem FCKW aufzuklären?“, wollte der Mediziner wissen.
    „Genau die“, bestätigte Gerald Fuchs. „Jetzt behauptet sie, dass der Tote, der bei Ihnen angeliefert wurde, die gleichen Krankheitssymptome aufweist, wie vor ein paar Wochen der Obdachlose in Erlangen, bei dem post mortem das Krim-Kongo-Fieber festgestellt wurde.“
    „Und, glauben Sie, dass da etwas dran ist?“
    „Keine Ahnung, Herr Doktor, aber meiner Tante traue ich zwischenzeitlich alles zu. Sie hat die nächsten Angehörigen des Toten dazu überredet, eine Autopsie durchführen zu lassen.“
    „Vielleicht hat Ihre Tante diese Leute gar nicht so schlecht beraten“, merkte der Mediziner an. „Nachdem ich den Toten einer ersten visuellen Untersuchung unterzogen habe, könnte ihre Tante durchaus recht haben.“
    „Ich kann und will dazu gar nichts beitragen, Herr Dr. Niethammer. Ich bin kein Arzt. Ich wollte Sie nur über die Hintergründe informieren, warum der Verstorbene in die Pathologie eingeliefert wurde, trotz ausgestelltem Totenschein.“
    „Ganz offen gesagt, Herr Kommissar, mir wäre es lieber, Ihre Tante würde sich täuschen. Sie können sich vorstellen, welchen Zinnober es auslösen würde, wenn wir innerhalb weniger Wochen den zweiten Krim-Kongo-Fieber-Toten melden müssten. Nicht auszudenken! Ich gebe Ihnen jedenfalls Bescheid, wenn ich mit meiner Untersuchung fertig bin.“
    Dr. Niethammer begab sich an die Arbeit. Er besah sich die Leiche nochmals. Der äußere Zustand ließ nichts Gutes erwarten. Er graute sich

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