ZECKENALARM IM KARPFENLAND
12/1974 …“
„Du maansd den Obdachlosen?“, unterbrach ihn Margarethe Bauer.
„… ja genau den. Also, die Kunni meint, dass der Mörder die Identität von dem Erlanger Obdachlosen von der ermordeten Riu-Krummbauer erfahren haben könnte, und – nachdem wir und die Polizei sich ebenfalls für die wahren Eltern des Obdachlosen interessieren – befürchten musste, dass seine Geliebte Verdacht schöpft beziehungsweise der Polizei gegenüber gewisse Aussagen trifft.“
„Dees verschdehi ned“. Die Retta sah ihren Untermieter mit großen Augen an. „Was soll die denn fier Aussagn dreffn? Und wuher waß denn der Merder davon, dass mier und die Bolizei uns fier die werklichn Eldern vo dem Obdachlosn inderessiern?“
Die Kunni schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Ja mein Godd, vielleichd hadn die Riu-Krummbauer dees derzähld! Bleed gnuch woars ja“, setzte sie verächtlich hinzu. „Retta hasd du dees immer nunni kabierd? Die Riu-Krummbauer is umbrachd woarn, weil sie iehrm Merder bersönliche Dadn vo dem Obdachlosn weider gebn had. Do drauf hin is der an Zeggnschdichn gschdorbn. Komisch, gell? A boar Wochn schbäder had der Hanni Sapper dees gleiche Schiggsal erliddn. Do dengd mer doch, wu kumma die Scheißzeggn bledzlich her, dies bei uns goar ned gibd, und die wu nu kaner gsehgn had. Dees is aa komisch! Dann hasd du rausgfundn, wer der Obdachlose wergli woar, und scho schaud der ganze Fall nu komischer aus, gell? Was däd der Kommissar Leitmayr do draus ableidn, hm?“
„Dass der Obdachlose und der Hanni Sapper umbrachd worn sen“, folgerte die Retta. „Mid Zeggn.“
„Endli hasdes gschnalld!“, lobte sie die Kunni. „Abber warum? Was had der Merder fier a Modiev?“
„Vielleichd ham der Obdachlose und der Hanni Sapper was mid dera Riu-Krummbauer ghabd?“, riet die Retta. „Eifersucht!“
„Su däd der Batic aa dengn“, verzweifelte die Kunni wieder, „abber ned der Leitmayr. Der Leitmayr riecht die Verbrechn regelrechd, und der däd si edz soford aufn Wech zu dera Sievers begebn. Wu wohndn die ieberhabds?“
„In der Erlanger Straße“, antwortete Dirk Loos, „unweit von dem Bauunternehmer Ploner.“
„Do gemmer edz hie!“, beschloss die Kunni. „Retta, foahr scho amol mein Rollador raus!“
Fünfundzwanzig Minuten später bogen die zwei Witwen, begleitet von Dirk Loos, von der Hauptstraße in die Erlanger Straße ab. Weitere fünf Minuten später standen sie vor dem Haus der Familie Sievers, und Kunni Holzmann drückte beherzt auf den Klingelknopf, welcher in der Klinkermauer eingelassen war. Die drei warteten. Es tat sich nichts. Kunni drückte erneut den Klingelknopf. Dieses Mal deutlich länger. Wieder nichts!
„Kaaner daham!“, stellte die Kunni fest, „schau mer hald schbäder numal vorbei. Weid kanns ja ned sei, iehr Merzedes Smard schdehd ja vor der Garaasch.“
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Doch auch später war Frau Sievers nicht zuhause. Genau genommen war, außer der getigerten Katze Walpurga , niemand daheim, denn Herr Sievers weilte immer noch in China. Seine Frau lag, durch K.-o.-Tropfen außer Gefecht gesetzt, auf dem Gästebett des Mörders von Beatrice Riu-Krummbauer. Die Hände der bewusstlosen Yvonne Sievers waren mit Kabelbindern gefesselt, ihr Mund mit einem breiten, schwarzen Klebeband verschlossen. Ihr Peiniger stand neben dem Bett, und sah achtlos auf sie herab. Er war wütend. Fuchsteufelswütend. Langsam entglitt ihm die Kontrolle seines raffiniert eingefädelten Vorhabens. Der Tod von Beatrice Riu-Krummbauer war nicht eingeplant. Dieses alte Tratschweib hatte ihrer Freundin Sievers tatsächlich von ihrem geplanten, amourösen Wochenendabenteuer erzählt. Als die Sievers ihn direkt daraufhin ansprach, gelang es ihm zunächst, jeglichen Verdacht von sich zu lenken. Nur, wie lange würde das anhalten?
„Ich habe Beatrice verpasst“, jammerte er ihr vor. „Wäre ich doch pünktlich gewesen, dann würde Beatrice wahrscheinlich noch am Leben sein. Als ich in der Hofmannstraße mit zwanzig Minuten Verspätung ankam und klingelte, öffnete niemand. Hätte ich gewusst, dass sich der Mörder in der Wohnung befindet, ich hätte sofort die Polizei angerufen.“ Er hatte Frau Sievers zu einer Aussprache eingeladen. Gemeinsam wollten sie überlegen, wie sie die Ermittlungen der Polizei durch ihre Aussagen unterstützen konnten. Die blöde Kuh, Sievers, ging ihm auf den Leim. Naiv war sie schon immer, aber für so blöd hätte er sie doch nicht gehalten. Nun hatte er ein
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