ZECKENALARM IM KARPFENLAND
neues Problem. Er musste sie loswerden. Hier in seiner Wohnung konnte er die Bewusstlose jedenfalls nicht behalten. Laufen lassen konnte er sie auch nicht mehr. Das war klar. Verschwinden lassen. Auf Nimmerwiedersehen. Das war die einzige mögliche Lösung. Möglichst weit weg. Am meisten ärgerte er sich, dass er mit seinem ursprünglichen Vorhaben weit im Verzug war. Er fasste einen Entschluss. Es wurde Zeit alles auf eine Karte zu setzen. Jetzt oder nie. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Erlangen, Kommissariat der Kripo, Donnerstag, 11. Oktober 2012
Kommissar Gerald Fuchs war der Verzweiflung nahe. Noch nie hatte er in einem Fall so wenige Hinweise, wie bei dem Mord in der Hofmannstraße. Hinweise!? Es gab keinen einzigen wirklich verwertbaren. Wo sollte er anfangen? Pius Riu-Krummbauer hatte keine Ahnung vom Privatleben seiner Frau. Die Arbeitskollegen der Toten ahnten zwar, dass sie umfangreiche Männerkontakte hatte, kannten aber keinen einzigen Namen. Es gab keine Aussagen dazu. Die Festplatte des Computers hatte der Täter ausgebaut und mitgenommen. Die Tatwaffe konnte zwar identifiziert werden, aber Spuren hinterließ sie auch nicht. Ein Hoffnungsfunke blieb noch: Frau Yvonne Sievers aus Röttenbach, die angeblich beste Freundin der Ermordeten. Die beiden kannten sich seit ihrer gemeinsamen Schulzeit in Wolfenbüttel. So berichtete zumindest der Ehemann des Opfers. Hatte nicht Tante Kunni die beiden gesehen, als er kürzlich mit Sandra zu diesem peinlichen Mittagessen eingeladen war? Er ärgerte sich im Nachhinein, dass er nicht genauer hingehört hatte, als sich seine Tante ganz aufgebracht darüber echauffierte. Hatte sie nicht behauptet, dass der verstorbene Kuno Seitz adoptiert worden war und dass die beiden Fälle mit den Zeckenstichen zusammenhingen? Hatte die alte Fregatte vielleicht schon wieder einmal recht? Gab es da vielleicht doch eine Verbindung zu dem Mordfall Riu-Krummbauer? Der Kommissar schüttelte den Kopf, als wollte er diese Gedanken aus seinem Gehirn verbannen. Erst war Frau Sievers dran. Das Blöde war nur, dass sie telefonisch nicht erreichbar war. Sollte sie heute vielleicht länger Dienst an der Schule haben? Gerald Fuchs googelte nach der Telefonnummer des Gymnasiums Höchstadt an der Aisch und rief im dortigen Sekretariat an.
„Schulverwaltung des Gymnasiums Höchstadt an der Aisch“, säuselte ihm eine weibliche Stimme ins linke Ohr, „guten Tag, was kann ich für Sie tun?“
„Hier spricht Gerald Fuchs von der Kriminalpolizei Erlangen, guten Tag. Sagen Sie, Yvonne Sievers ist doch Lehrkraft an Ihrer Schule?“
„Ja“, drang es knapp und sachlich an sein Ohr.
„Ich versuche schon den ganzen Nachmittag, Frau Sievers auf ihrem privaten Festnetzanschluss in Röttenbach zu erreichen. Leider erfolglos. Deshalb habe ich mir gedacht, dass sie vielleicht noch in der Schule sein könnte?“
„Tut mir leid, da kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen. Frau Sievers ist heute unentschuldigt dem Unterricht ferngeblieben. Wir können uns das selbst nicht erklären. Frau Sievers ist normalerweise die Zuverlässigkeit in Person und hat im Krankheitsfall, was ja vorkommen kann, noch nie unentschuldigt gefehlt. Ich habe heute selbst schon einige Male versucht, sie zu erreichen. Leider auch vergebens. Ihr Mann ist ebenfalls nicht zuhause. Der befindet sich bis zum Wochenende auf einer Dienstreise in China.“
Der Kommissar bedankte sich für die Auskunft und legte auf. Er hatte sich vorgenommen, heute auf dem Nachhauseweg höchstpersönlich bei Frau Sievers vorbeizusehen. Vielleicht hatte er heute Abend mehr Glück als tagsüber. Irgendwo musste die Gute ja stecken. Dass der Freundin von Frau Riu-Krummbauer ebenfalls etwas zugestoßen sein könnte, auf diese Idee kam Gerald Fuchs nicht. Seine Tante, Kunigunde Holzmann, dachte zu diesem Zeitpunkt bereits in ganz anderen Dimensionen.
•
„Grieß Godd, Frau Sievers, hier schbrichd die Kunni Holzmann. Sie wissen scho, die Kunni und die Retta, der Geburdsdooch, do wu Sie mid Iehrm Kergnkoor erschd vor Kurzm gsunga ham. Iech ruf o wecher der Fraa Riu-Krummbauer ( der aldn Habergaas hatte sie gerade noch verschluckt). Schregglich, was mid dera bassierd is. Gell, dees woar ja Iehr Freindin. Deswegn dädn mier uns gern amol mid Iehna underhaldn. Mier glaabn nämlich, dass Sie den Merder vielleichd kenna könndn. Wenns iehna nix ausmachn däd, wär dees schee, wenn Sie uns amol zurüggruferdn.“ Dann hinterließ Kunni noch ihre
Weitere Kostenlose Bücher