ZECKENALARM IM KARPFENLAND
entlang. Nur noch wenige Kilometer bis zur nächsten Ausfahrt bei Loibichl, dann plante er auf der B151 an Unterach vorbeizufahren und am Südufer des Attersees auf die B152 abzufahren. Sein Ziel war das südöstliche Ufer bei Weißenbach am Attersee. Er starrte konzentriert auf die Fahrbahn und setzte den Blinker, als die Ausfahrt Loibichl angezeigt wurde. Die Dunkelheit, die zwischenzeitlich hereingebrochen war, würde seine Verbündete für sein Vorhaben sein. Er betrieb einen großen Aufwand, um sein erneutes Verbrechen zu vertuschen. Von einem Urlaub am Attersee im Sommer 2000 wusste er, dass der See das größte Binnengewässer Österreichs ist. Fischreich und ein beliebtes Tauch- und Segelrevier, im Sommer. Der Attersee hat jedoch einen weiteren Vorteil, den er für sich nutzen wollte und weswegen er die lange Anfahrt auf sich genommen hatte: Im Südosten, dort wo das Höllengebirge bis auf 1862 Meter aufsteigt, fällt das Steilufer des Sees bis auf eine Tiefe von einhundert siebzig Meter ab. Zu tief für die Taucher, welche es in der warmen Jahreszeit an den Gletschersee verschlug. Frau Yvonne Sievers‘ Leiche würde wie vom Boden verschluckt sein. Keine Leiche, kein Mord, keine Anklage. Niemand konnte ihm etwas beweisen. Allmählich verbesserte sich seine miese Stimmung. Hoffentlich fand er die Stelle gleich wieder. Dort, wo er vor zwei Jahren des Öfteren sein Schlauchboot zu Wasser gelassen hatte, nicht weit von der B152 entfernt, die entlang der Ostseite des Sees verlief. An die Heimfahrt mochte er allerdings noch nicht denken. Die würde anstrengend werden, aber er hatte beschlossen, sich gleich wieder auf den Heimweg zu begeben. Eine Übernachtung kam nicht infrage. Das stand fest. Er wollte keine Spur in Österreich hinterlassen. Er war nie hier gewesen. Nicht heute, am 13. Oktober 2012.
Röttenbach, Sonntag, 14. Oktober 2012
„Tante Kunni, ich will eine Erklärung“, forderte Gerald Fuchs mit scharfen Worten, „was treibt ihr schon wieder hinter dem Rücken der Polizei?“
Margarethe Bauer und Dirk Loos zuckten zusammen und hatten ein schlechtes Gewissen. Nicht so die Angesprochene.
„Gor nix machen mier hinder dem Rüggn der Bolizei!“, entrüstete sich Kunigunde Holzmann, „und außerdem, schrei mi ned so o, alder Griesgromer. Wenn iehr zu bleed seid, den Fall um die zwaa Zeggndodn und dera Riu-Krummbauer aufzuglärn, dann missn hald mier dees in die Händ nehma. Du siehgsd doch, dass mid dera Sievers aa scho widder was komisch is. Hasd du immer nu ned begriffn, dass die drei Fäll, odder solli scho sogn, die vier Fäll zammhänga? An deiner Schdell däd iech miech mal drumm kümmern, wer der dode Obdachlose ieberhabd woar. Dees habbi dier scho bei unserm Karbfnessen am sechzehndn Sebdember versuchd, kloar zu machn, abber der Herr Kommissar herd ja ned zu. Im Gegendeil, schbield nu die beleidigde Leberwurschd und sachd nix mehr. Su schauds aus und ned anders! Vo wegn hinderm Rüggn der Bolizei rumschnüffln.“
Die Kunni war ihrerseits erbost und völlig aufgebracht. Auch die Retta Bauer fühlte sich durch die klare Ansage ihrer Freundin wieder gestärkt und fügte hinzu: „Jawoll, dees muss scho mal gsachd sei!“
Der Kommissar ließ sich jedoch in seiner Meinung nicht beirren. „So, Tante, jetzt aber raus mit der Sprache. Was habt ihr bei eurer Schnüffelei herausgefunden?“
„Ach do schau her, auf amol indressierd sich der Herr Kommissar doch fier unsre werdvolln Ermiddlungsergebnisse“, warf die Kunni ironisch ein. „Frooch hald selber nach, wer dees Kind Nr.12/174 woar, dees vor achdadreißg Joahr do bei uns in Röttenbach geborn is. Dann wern dier scho vo selber die Augn aufgeh. Hoffi jedenfalls. Vielleichd siehgsd du dann den Fall Riu-Krummbauer aa in an anderm Lichd. Vielleichd kummsd du dann aa drauf, warum mier mid dera Sievers redn wolldn. Vielleichd. Große Hoffnung habbi bei dier allerdings nemmer. Abber dann kannsd ja immer nu amol bei uns vorbeikumma und uns froogn. So, und edz ham mier dier gnuch gsachd. Mier ham edz ka Zeid mehr fier deine Froogn. Mier missn edz weider ermiddln. Den Däder eigreisn, wies der Kommissar Leitmayr aa immer machd. Dees is a fähicher Griminalkommissar! Do kennersd du dier nu a Scheibn abschneidn.“
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Während Kunigunde Holzmann ihren Neffen nicht ganz höflich, aber bestimmt aus dem Haus komplementierte, ließ der Mörder von Beatrice Riu-Krummbauer und Yvonne Sievers die Ereignisse der letzten Nacht nochmals geistig Revue
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