ZECKENALARM IM KARPFENLAND
rülpste wie eine Wildsau und furzte wie eine wiederkäuende Kuh. „Sei stad!“, herrschte ihn sein Kamerad aus Kärnten an. Die Zeit tröpfelte dahin, die beiden Wachen langweilten sich. Basti Unterleitner öffnete sein zweites Gösser. Alois Hirnbichl starrte erneut gelangweilt durch sein Nachtsichtgerät. Eine Bewegung! „A Gams? Kann nit sei!“ Er kniff die Augen zusammen und konzentrierte seinen Blick. Eine Gestalt, ein Mann, schleifte in gebückter Haltung ein größeres Paket über den steinigen Boden, setzte es ab, richtete sich auf und fuhr mit seiner Arbeit nach kurzer Pause fort. Er bewegte sich auf das Seeufer zu. Das Paket lag nun unmittelbar am Rand des Ufers. Alois Hirnbichl konnte nicht genau sehen, worum es sich dabei handelte. Der Mann nahm ihm die Sicht. Er stand davor. Dann holte der Unbekannte mit dem rechten Bein aus und stieß beziehungsweise rollte das Paket ins Wasser. Er stand am Seeufer und starrte auf die Wasseroberfläche. Der Soldat beobachtete die Szene weiter. Die Sekunden zogen sich wie Stunden hin. Endlich wandte sich die Gestalt vom Seeufer ab. Alois Hirnbichl folgte ihren Schritten. Ein geparkter Pkw tauchte auf. Kaum zwanzig Meter vom Seeufer entfernt. Der Mann stieg ein, schaltete das Licht ein und ließ den Motor an. Alois Hirnbichl stieß seinen Kameraden, der seine vierte Marlboro rauchte, unsanft an und raunte ihm streng und unmissverständlich zu: „Schreib ins Büchl eini: Die Nacht is leinwand und stad, a Piefke macht Manderln und schmeißd a verdächtigs Paket ind See eini.“ Dann nannte er Basti Unterleitner noch die Zeit seiner Beobachtung und einen Teil des polizeilichen Kennzeichen des sich langsam entfernenden Ford Focus: „Schreib eini: ERH- … Des is ois. Die Nummer is abgängig, nit lesbar.“
Erlangen, Kommissariat der Kripo, Montag, 15. Oktober 2012
Gerald Fuchs pfiff durch die Zähne, als er die wahre Identität des verstorbenen Obdachlosen erfuhr. Er hatte an diesem Montagmorgen alle Hebel in Bewegung gesetzt und sogar seinen Vorgesetzten, Hauptkommissar Joerg Kraemer, bemüht, schnellstmöglich an die Information zu kommen, die ihm seine Tante, der alte Drache, vorenthalten hatte. Wie war die nur an den Namen gekommen? Oder bluffte sie nur und wusste gar nichts? Doch das wollte der Kommissar auch nicht glauben. Als Erstes informierte er seine Assistentin, Sandra Millberger. Die tat erstaunt und musste innerlich doch heftig lachen. „Das heißt ja“, kombinierte sie, „dass der Obdachlose und Johannes Sapper quasi um die Ecke miteinander verwandt sind.“
„Genau das heißt es, Sandra. Gut kombiniert. Das lässt die ganze Zeckengeschichte unter einem ganz anderen Blickwinkel erscheinen.“
„Gehen wir also davon aus, dass die Hyalomma-Zecken nicht intelligent genug waren, die Quasiverwandtschaft ihrer Opfer zu erkennen?“, folgerte die Polizistin.
„Davon gehen wir aus“, bestätigte ihr Chef.
„Dann schließen wir daraus“, setzte Sandra Millberger ihre Rede fort, „dass ein anderes, intelligentes Wesen die beiden Opfer ausgesucht hat. Nennen wir das Wesen Mensch?“
„So nennen wir es!“, spann der Kommissar die Geschichte weiter.
„Okay“, übernahm Geralds Assistentin erneut ihren Part. „Dieses Wesen Mensch ist so klug zu wissen, dass Kuno Seitz und Johannes Sapper zumindest familiäre Verbindungen hatten.“
„Gehen wir davon aus.“
„Andererseits ist unzweifelhaft nachgewiesen, dass die beiden genannten Personen an Krim-Kongo-Fieber-Viren verstorben sind, welche durch Zeckenstiche übertragen wurden.“
„Ganz genau“, bestätigte der Kommissar erneut.
„Das heißt, dass wir es mit zwei kuriosen Morden zu tun haben, wobei der Mörder höchstwahrscheinlich die kleinen Spinnentiere auf seine späteren Opfer angesetzt hat. Also verfügt der Mörder über eine unbekannte Anzahl dieser gefährlichen Zecken. Man kann sogar davon ausgehen, dass er sie möglicherweise züchtet. Finden wir die Zecken, haben wir auch den Mörder im Sack.“
„Bravo“, rief Gerald Fuchs.
„Fragt sich nur, welches Motiv dahintersteckt und wo die Hyalomma-Zecken herkommen“, dachte Sandra Millberger laut nach.
„Auch das werden wir herausfinden“, gab sich der Kommissar zuversichtlich. „Jetzt müssen wir zwei Mörder finden. Den Zecken-Mörder und den Liebhaber-Mörder. Ich schlage vor, du kümmerst dich vorrangig um den Fall mit den Zecken, und ich werde mir hauptsächlich den Fall Riu-Krummbauer zu Gemüte führen. Ist irgendwie
Weitere Kostenlose Bücher