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Zehn (German Edition)

Zehn (German Edition)

Titel: Zehn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
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Jahr.« Haruka lächelte dazu.  
    »Hier in Tokio?«, wollte Frau Takahashi wissen.  
    »Nein, in Kyoto, bei den Eltern«, beeilte sich Haruka zu sagen, als Tadaski verwirrt nach einer Antwort suchte. Zum Glück wurde nun der Hauptgang aufgetragen. Eine Haushaltshilfe im schlichten Kimono brachte Teriyaki vom Rind und verschiedene Gemüse.  
    Weder Haruka noch Tadaski aßen mit großem Appetit. Es war unhöflich, miteinander zu flüstern. Haruka stupste Tadaski ein paarmal unter dem Tisch an. Was sollten sie tun? Sie konnten das Geschenk unmöglich wieder mitnehmen.  
    Tadaski zuckte nur leicht mit den Schultern.  
    Susuma hatte scheinbar zu viel Sake getrunken. Er sprach jetzt lauter als alle anderen und lachte viel.  
    Masarus schwangere Frau wandte sich an Haruka: »Haben Sie Kinder?«, fragte sie leise.  
    Haruka verneinte. Masarus Frau nickte leicht und aß weiter.  
    Tadaski starrte auf seinen Teller. Sicher zerbricht er sich den Kopf, was zu tun ist, dachte Haruka. Sie kannte ihn. Wenn es ein Problem gab, wurde er immer ganz still und grübelte.  
    Haruka überlegte, ob der Massagestab ein Grund sein könnte, Tadaski zu feuern. Zumindest würde man ihn für respekt- und geschmacklos halten. Hätten sie nur eine Krawatte gekauft!  
    Mittlerweile war man beim Dessert angekommen. Es gab Taiyaki, gefülltes Gebäck, und Yôkan, eine Süßspeise aus Azukibohnen, Stärke und Zucker.  
    Takahashi-san hob sein Glas und sprach davon, wie stolz er auf seine Mitarbeiter sei, und dass er auf ihre Produktivität und Kreativität auch weiterhin baue. Alle verbeugten sich. Es war Zeit zum Aufbruch.  
    Frau Takahashi half allen dabei, ihre Schuhe wiederzufinden, und gab Jacken aus. Sie standen jetzt im Eingangsbereich.  
    Jetzt oder nie! Haruka sah zum Esszimmer hinüber.  
    Niemand bemerkte sie. Alle waren damit beschäftigt, sich Mäntel und Jacken überzuziehen und sich angemessen zu verabschieden.  
    Leise schlich Haruka zurück ins Esszimmer. Tadaski sah ihr nervös hinterher.  
    Sie war wild entschlossen.  
    Aber der Schreibtisch war leer. Jemand hatte die Präsente weggeräumt. Suchend blickte sie sich um. Alle Geschenke lagen nun auf einer kleinen Truhe, am Kopf des Esstisches.  
    Lautlos schlich sie hinüber.  
    Gleich wäre das Problem gelöst. Sie würde das Päckchen unter ihrem Kleid verstecken können. Tadaski wäre sicher sehr erleichtert.  
    Sie streckte die Hand nach dem Päckchen aus, da raschelte es hinter ihr. »Suchen Sie Ihre Schuhe, junge Frau?« Die alte Haushaltshilfe war unbemerkt hinter sie getreten.  
    Haruka verbeugte sich hektisch. »Ja, verzeihen Sie … Ich … Danke!« Mit rotem Kopf verließ sie das Esszimmer.  
    Frau Takahashi kam ihr im Flur mit ihren Schuhen entgegen. Freundlich verabschiedeten sie sich, und zuletzt bedankte sich auch Takahashi-san für ihren Besuch und das Geschenk. Er klopfte Tadaski auf die Schulter. »Sie leisten gute Arbeit. Ich bin sehr zufrieden.«  
    Zaghaft lächelte Tadaski. Das war der Ritterschlag.  
    Es begann zu regnen, als Haruka und Tadaski schweigend in Richtung U-Bahn liefen.  
    Im Hause Takahashi wurde aufgeräumt, und Takahashi-san packte die Geschenke aus.  
    Eine Krawatte von Susuma. Teure Zigarren von Daichi. Masaru hatte ihm eine teure Flasche Whiskey mitgebracht.  
    Zuletzt öffnete er das Päckchen von den jungen Leuten. Verwirrt drehte und wendete er die Klarsichtbox. Dann entnahm er das seltsame Ding und trat nachdenklich zu seiner Frau. »Hina, kore wa nan desu ka? Was ist das?« »Haben das Tadaski und seine Frau mitgebracht?« Sie schien ein Lächeln zu unterdrücken.  
    »Ja, was soll das sein?«, fragte Takahashi noch einmal. Seine Frau lächelte. »Das ist für deinen Nacken, mein Lieber. Nach einem anstrengenden Tag im Büro. Ein schönes Geschenk.«  

 
    KYÔIKU-MAMA  
    S ie war kurz eingenickt. Sie hatte sogar geträumt.  
    Einen seltsam düsteren Traum, in dem ihr Baby aus den dunklen Wolken des Jenseits heraufgeholt worden war. Eine Hebamme in dunkelrotem Gewand brachte ein kleines Knäuel mit schwarzem Haar, und es schrie nicht. Dann war sie aufgewacht. Die Schwiegermutter hatte so etwas einmal erzählt. Vom Jenseits.  
    Mariko war erstaunt, dass es sich in ihr Unterbewusstsein gegraben und den Weg in ihren Traum gefunden hatte.  
    Der Haraobi drückte. Ein Geburtsgürtel, den die Schwiegermutter zu eng angelegt hatte. Eigentlich sollte der Haraobi den Bauch warm halten und unterstützen. Aber

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