Zehn (German Edition)
angekommen.
Ihr iPhone vibrierte unter ihrem Kimono. Eilig entschuldigte sie sich auf die Toilette.
»Sweetie, I hope you get this? I miss you like crazy! Come back soon. Xo Teddy.«
Sie weinte vor Glück. Am liebsten hätte sie ihn gleich von der Toilette des Krematoriums angerufen.
Nachdem man ihrem Vater die Urne überreicht hatte, fuhren sie wieder nach Hause. Die Mutter hielt die Urne auf dem Schoß.
Nach Hause, dachte sie.
Zu Hause, das war das mondäne Haus wenige Minuten von Ginza, mit Wänden aus Reispapier, in dem man im Eingangsbereich die Schuhe gegen Pantoffeln tauschte, in dem es kühl und still war.
Naskis Augen brannten. Sie machte sich einen Tee und schloss den Laptop an.
Jamie hatte bereits gemailt. In acht Tagen hatte Derek Geburtstag. Sie solle schnell zurückkommen. Jamie wollte mit ihr zusammen süße Mochi machen.
Naski lächelte.
Es klopfte sanft. Ihr Vater trat ein.
»Wahrscheinlich willst du gerne bald zurückfliegen.« Er sprach leise.
Ihr wurde heiß. Ja! Jaa! Morgen! Übermorgen?, schrie ihr Innerstes.
Ihr Vater setzte sich und fuhr fort: »Ich möchte dich bitten, die Kitamakura einzuhalten. Dann kannst du zurückfliegen.« Er räusperte sich. Dann ging er.
Kitamakura. Daran hatte sie nicht gedacht.
Das bedeutete neunundvierzig Tage trauern. Man durfte an keinem Fest teilnehmen. Während dieser Zeit blieb die Kotsutsubo, die Urne, auf dem Altar im Haus stehen. Danach wurde sie in die Erde gelegt. Der Verstorbene erwacht neunundvierzig Tage nach seinem Tod in einem neuen Leben, in neuer Gestalt.
Sie weinte. Neunundvierzig Tage.
Das waren sieben Wochen.
Sie würde Teddy eine halbe Ewigkeit nicht sehen, Dereks Geburtstag und den Unterricht verpassen.
Japan würde wieder Besitz von ihr ergreifen.
Auf ein Blatt Papier malte sie neunundvierzig Kästchen.
Morgen würde sie eines davon durchstreichen.
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