Zehn Milliarden (German Edition)
er dem Kollegen zu, der hier mit dem Skipper auf sie gewartet hatte. Der dritte Mann konsultierte seine Notizen und gab dem Kapitän die Koordinaten durch:
»17°31'07.42"S 149°54'42.88"W. Schnell!«
Nick und Julie schauten schweigend zu, wie Vic in Gedanken versunken die Visitenkarte in seinen Händen drehte. Keiner schien mehr so richtig Lust zu haben, die Arbeit fortzusetzen. Der überraschende Besuch aus Washington erschien Nick wie ein Überfall, und auch Julie schien seltsam verunsichert zu sein. Eine halbe Stunde lang versuchten sie sich auf das Thema zu konzentrieren, das sie gestern bis tief in die Nacht hinein beschäftigt hatte. Es hatte keinen Zweck. Vic erhob sich abrupt und sagte:
»So kommen wir nicht weiter. Wir brauchen eine Auszeit. Ihr müsst auch mal weg von den Bildschirmen. Julie möchte sicher meine Behausung endlich kennen lernen. Kommt!« Als hätte sich dichter Nebel gelichtet, verschwanden die trüben Gedanken, und die Unternehmungslust kehrte auf einen Schlag zurück. Ein paar Minuten später sausten sie in Vics Water Wagon über das spiegelglatte Wasser der Bucht und hoben ab zum kurzen Flug. In einer weiten Linkskurve zog er die Maschine hoch und flog an der Nordküste entlang bis zur vorgelagerten Insel seiner Bekannten im äußersten Nordwesten Mooreas, dann folgte er dem von Hotelanlagen übersäten Strand nach Süden. Vor ihnen lag die verträumte Bucht, die seine zweite Heimat geworden war, still in leuchtenden Farben in der Mittagssonne. Nur die dicke, schwarze Rauchsäule störte das Idyll. Vics Schuppen stand in hellen Flammen, und das Feuer drohte, nächstens auf sein Baumhaus überzuspringen. Wie gelähmt starrten die drei Leute im Flugzeug auf den in dieser Umgebung völlig unwirklich anmutenden Katastrophenschauplatz. Vic regte sich als Erster.
»Merde, das Haus brennt!« Mit versteinerter Miene drückte er die Nase der Cessna hinunter und überflog den Brandherd in einer engen Kurve, dann richtete er die Maschine horizontal zur Bucht aus. Mit geübtem Griff löste er blitzschnell den Sicherheitsgurt und wandte sich an Julie, die neben ihm auf dem Platz des Kopiloten saß. »Übernimm das Steuer!« Er war schon zu Nick nach hinten geklettert, bevor sie sich von ihrem Schock erholt hatte und in Panik zu schreien begann.
»Was soll ich - wie - ich kann nicht - verdammt, wir stürzen ab! Vic, Hilfe!«
»Nur ruhig halten, dann passiert nichts«, rief Vic über die Schulter. Er winkte Nick und begann, eine Plane hinter den Sitzen wegzuräumen. »Du musst diesen Sack ausfahren und hier einhängen. Hier ziehen, wenn ich den Befehl gebe. Ich zeig’s dir.« Es dauerte ein paar Sekunden, bis Nick begriff, dass er einen Wassersack installieren sollte. »Achtung, zurück treten!« Er betätigte zwei Handgriffe am Boden und klappte einen Deckel hoch. Nick sprang unwillkürlich zurück und stieß sich den Kopf an, als er das vorbei flitzende Wasser durch die offene Luke sah. »Begriffen?«, fragte Vic und kletterte gewandt wieder in den Pilotensitz. Zu Julie, die grau im Gesicht ihr Steuer mit weißen Knöcheln umklammert hielt, sagte er ruhig: »Du kannst jetzt loslassen.« In einer haarsträubenden 180 Grad Schleife ließ er die Maschine bis knapp über den Wasserspiegel fallen und nahm Kurs auf sein brennendes Haus. »Jetzt!«, rief er nach hinten. Nick betätigte den Hebel und der Wassersack sauste durch die Luke. Ein heftiger Ruck schleuderte die Passagiere in die Gurten, als sich der Sack mit Wasser zu füllen begann. Vic hatte Mühe, die Maschine stabil zu halten, doch es gelang ihm, den Brandherd tief und präzise anzufliegen. Kurz bevor der Sack mit der knappen Tonne Wasser über dem brennenden Schuppen schwebte, erschütterte eine gewaltige Explosion die Umgebung, brennende Trümmer flogen am Flugzeug vorbei, prallten am Rumpf ab, und ein Pilz aus Feuer und Rauch quoll ihnen entgegen, als hätte eine Bombe eingeschlagen. »Wasser los!«, schrie Vic und riss das Steuer herum, sobald sich der Sack zu leeren begann. In einer halsbrecherischen Linkskurve schraubte er die Cessna zwanzig Meter höher und begann sofort, das Manöver des Wasserfassens zu wiederholen. Er warf nur einen kurzen Blick zurück auf den Brandherd. Das Wasser hatte zumindest dafür gesorgt, dass das Feuer am Baumhaus erloschen war, aber die kläglichen Überreste des Schuppens brannten hartnäckig weiter; seinen Öl- und Benzinvorrat konnte er vergessen. Die beiden Passagiere hatten seit der Entdeckung
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