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Zehn Milliarden (German Edition)

Zehn Milliarden (German Edition)

Titel: Zehn Milliarden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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wieder daran hindern konnten.
    »Hallo?«, meldete sich die Stimme, die er mehr als zwei Jahre lang nicht mehr gehört hatte, und die sich doch so vertraut anhörte, als wäre er nie weg gewesen.
    »Hallo, Emily«, sagte er kaum hörbar. Die Hand, die das Telefon hielt, begann leise zu zittern. Die Leitung blieb stumm. Schon wollte er verzweifeln, als sie endlich reagierte.
    »Du rufst spät an.« Er konnte nicht anders, als prustend loszulachen. Ihr Galgenhumor hatte noch immer die gleiche Wirkung auf ihn wie früher, und er war dem Schicksal unendlich dankbar, dass sie ihn nicht verloren hatte. Leere Floskeln nach dem Muster ›wie geht es dir?‹ hörte man kaum von ihr. Heilfroh über die unerwartete Begrüßung spielte er mit und antwortete im gleichen Tonfall:
    »Ich weiß, es ist bald Mitternacht.« Sie lachte. Der Bann war gebrochen.
    »Warum hasse ich dich eigentlich nicht, Vic?«
    »Weil du mich liebst?« Als sie schwieg, sprach er mit ernster Stimme weiter, denn plötzlich wusste er genau, was er sagen wollte. »Emily, ich liebe dich. Ich bin ein Dummkopf, so lange nicht begriffen zu haben, dass du das Wichtigste in meinem Leben bist. Du hast allen Grund, mich zu hassen. Ich kann nur hoffen, dass du mir irgendwann verzeihst. Ich vermisse dich.«
    »Es ist viel geschehen, seit wir uns getrennt haben«, sagte sie zögernd, als hätte sie seine letzten Worte nicht gehört.
    »Ja, ich weiß«, murmelte er etwas hilflos. Wieder entstand eine Pause, in der er kaum zu atmen wagte. Dann sagte sie leise:
    »Ich vermisse dich auch.« Er sprang auf, zu erregt, um weiter ruhig sitzen zu bleiben. Die kurze Feststellung wirkte wie eine Beschwörung, die ihn vom jahrelangen Bann erlöste. Immer leichter kamen die Worte über seine Lippen. Sie unterhielten sich nahezu unbeschwert, bis Emily die unausweichliche Frage stellte: »Wie soll’s jetzt weitergehen?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich dich in die Arme schließen möchte.«
    »Schwierig über diese Distanz«, frotzelte sie.
    »Ich komme rüber. Ich reise sofort ab. Das heißt, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Auszug aus dem Paradies? Nein im Ernst, hierher zu kommen ist keine gute Idee. Eigentlich möchte ich schon lange wieder weg hier. Komplizierte Familiengeschichte - ich erklär’s dir später.« Vics Blick streifte das Haus, in dem sein Freund arbeitete, und er hatte eine Eingebung.
    »Warum treffen wir uns nicht in der Mitte?«
    »Wie meinst du das?«
    »Genauso wie ich es sage. Ich habe noch einiges zu erledigen in den Staaten, muss mich auch um das Boot kümmern, das im Hafen von del Rey bei Los Angeles vereinsamt. Wir treffen uns dort, was sagst du?«
Area 52, Nevada
     
    Julie hatte sich diesen Auftrag ganz anders vorgestellt. Sie sollte die Sponsoren bei der Air Force mit einer eindrucksvollen Präsentation überzeugen, doch noch mehr Geld locker zu machen. So hatte sie Gifford verstanden und sich entsprechend vorbereitet. Doch statt in einen der zahlreichen Bürokomplexe in der Umgebung von Washington oder sonst in der Nähe der Zivilisation hatte man sie in diese gottverlassene Hochebene in der schneebedeckten Sierra Nevada gekarrt. Nicht dass man sie ungehobelt oder respektlos behandelt hätte; das war nicht das Problem. Im Gegenteil, sie war ein V. I. P. hier, eine sehr wichtige Persönlichkeit, für die man wohl auch noch den roten Teppich auf dem Asphalt ausgerollt hätte, so er denn vorhanden gewesen wäre. Sie unterdrückte ihre Enttäuschung und das leise Unbehagen, das sie beim Betreten dieser mit Stacheldraht gesicherten militärischen Anlage beschlichen hatte. Jedenfalls schien ihr kompromisslos schlichtes, klassisch strenges und gerade deshalb hoch erotisches Deuxpièces, das sie sich für diesen Auftrag ausgesucht hatte, seine Wirkung hier genauso zu entfalten wie unter Zivilisten; und ihr Lächeln, gepaart mit Präsenz und fachlicher Kompetenz, war eine ebenso wirksame Waffe wie die schussbereiten Pistolen der Uniformierten. Sie hatte leichtes Spiel, die mehrheitlich älteren Herren des Steuerungsausschusses zu beeindrucken und war am Ende ihrer Präsentation sicher, die Leute überzeugt zu haben. Der Leiter des Ausschusses, Colonel James Stark, nahm sie nach der Veranstaltung zur Seite und winkte einen vielleicht vierzigjährigen drahtigen Mann heran, der beinahe sein jüngerer Bruder hätte sein können, wären da nicht das blutleere Gesicht mit der enormen Nase und das wirre, buschige, weiße Haar gewesen.
    »Ich möchte Ihnen

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