Zehn Milliarden (German Edition)
Major Eli Wegener vorstellen, Julie«, sagte der Colonel. »Er leitet unsere Entwicklungs- und Testeinrichtungen. Er ist Physiker, und brillant dazu.« Und mit verschwörerischem Grinsen fügte er leise hinzu: »Wir nennen ihn unseren Einstein.« Wegener grüsste freundlich und ein wenig distanziert, als fürchtete er, Julies Charme zu erliegen.
»Ich bewundere Ihre Arbeit, Doctor.«
»Julie, bitte.« Er fühlte sich sichtlich unbehaglich ohne den sicheren Abstand einer formalen Anrede wie Doctor oder Madam, und Julie hatte ihren Spaß daran.
»Also - Julie - mich hat vor allem die elegante Emulation der Spiegelneuronen sehr beeindruckt. Ich denke, das müssen wir vertiefen, denke ich.« Nicht nur sein Aussehen, sondern auch die Art, wie er sprach, die Wiederholungen am Ende des Satzes, erinnerten sie tatsächlich an das stereotype Bild des zerstreuten Professors.
»Ja, der Meinung bin ich auch, Major«, warf Stark ein. »Wir drei haben noch einiges zu besprechen. Gehen wir in meinen Bunker.« Sie folgte den Männern zu einem der gegenüber liegenden Hangars. ›42‹ stand in großen weißen Lettern neben der Tür, die ihr der Colonel galant aufhielt. Bunker schien ihr eine passende Bezeichnung für den fensterlosen Raum, in dem Starks Schreibtisch stand. Sie vermutete, dass dieses Büro speziell abhörsicher konstruiert war und wunderte sich, was er wohl mit der Vorsichtsmassnahme bezweckte. Der Colonel räusperte sich kurz und begann zu sprechen:
»Julie, Sie haben uns heute sehr eindrücklich gezeigt, dass Sie auf dem richtigen Weg sind und ihre Technologie ein weites Feld potenzieller Anwendungen öffnet.« Wegener beobachtete Julies Reaktion mit stechendem Blick und tat es ihr gleich, als sie zustimmend nickte. »Wie Sie sich denken können, haben wir uns hier bei der Air Force auch intensiv mit diesen Möglichkeiten auseinandergesetzt.« Wieder der stechende Blick, doch Julie zuckte nicht mit der Wimper. »Ich möchte Sie jetzt in ein Projekt einweihen, das der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegt. Nur wenige Leute wissen überhaupt, dass dieses Projekt existiert, und nur wenige dieser Menschen wissen, worum es geht.« Diesmal konnte sie ihre Überraschung nicht verbergen.
»Warum soll ich davon erfahren?« Stark setzte so etwas wie ein einnehmendes Lächeln auf, das sein Major sofort imitierte.
»Es geht um eine Anwendung, die schon weit fortgeschritten ist, aber wir brauchen Ihr Know-how jetzt mehr denn je. Mit Ihrer Hilfe werden wir den Durchbruch in kurzer Zeit schaffen, da besteht kein Zweifel, und das ist sehr wichtig für uns.«
»Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht.« Das Lächeln auf dem Gesicht des Colonels verkam endgültig zur Fratze.
»So gefallen Sie mir. Aber vergessen Sie nicht: was Sie hier hören und sehen ist streng geheim. Sie dürfen kein Wort darüber verlieren. Major Wegener, Joe Gifford und ich selbst sind die einzigen, mit denen Sie je darüber sprechen dürfen. Auch Ihr Team in Washington darf nichts davon erfahren. Das ist im Interesse der nationalen Sicherheit, wie Sie bald verstehen werden. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Verstöße gegen die Geheimhaltung sehr streng geahndet werden. Haben wir uns verstanden?«
Julie blickte ungläubig von einem zum anderen. Sie saß plötzlich im falschen Film. Noch vor ein paar Minuten war sie die smarte Biologin, die technologisch höchst entwickelte künstliche Glieder produzierte, und nun sollte sie von einer Sekunde auf die andere in den innersten Kreis der Geheimnisträger des Pentagons aufgenommen werden. Dazu hatte sie nicht die geringste Lust, und das sagte sie den Herren unmissverständlich. Stark schaute sie eine Weile halb verärgert, halb nachdenklich an, dann sagte er ruhig:
»Ich kann verstehen, dass Sie das etwas irritiert, Julie, aber ich bin überzeugt, dass Sie die Mitarbeit an unserem Projekt spannend finden und nicht bereuen werden.«
»Haben Sie mich nicht verstanden?«, protestierte sie verärgert. »Ich will nichts mit Ihren Geheimnissen zu tun haben.« Stark warf seinem Major einen verächtlichen Blick zu, als er bei Julies heftiger Reaktion zurückzuckte.
»Warum besprechen Sie die Sache nicht erst mal mit Joe? Er kennt Sie besser als ich und hat mir Ihre Zusammenarbeit angeboten. Bitte benutzen Sie dieses Telefon mit der sicheren Leitung. Speed dial sieben, wir warten solange draußen.« Er gab dem Major ein Zeichen und sie verließen das Büro, bevor Julie etwas sagen
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