Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
fragt sie.
»Manche Leute müssen eben sterben.«
»Warum?«
»Weil sie böse sind. Böse Menschen, die andern Menschen Böses tun. Oder sich weigern, das Richtige zu tun. Die müssen weg.«
»Wow. Du redest wie Thórður, der Freund von meinem Vater.« »Tortur?«
»So nennst du ihn? Ha ha. Passt zu ihm. Bist du religiös?« »Ich bin katholisch.«
»Aha. Und wie kann ich mir sicher sein, dass du nicht ein verrückter Fernsehprediger und Konkurrent von Father Friendly bist und ihn deswegen aus dem Weg geräumt hast?«
»Weil ich das nicht bin.«
»Aber du hast gesagt, du bist Katholik.«
»Ja, ein kroatischer Katholik. Mit Religiös-Sein hat das überhaupt nichts zu tun. Das bedeutet, dass du zweimal im Leben in die Kirche gehst. Wenn du heiratest und wenn du stirbst.«
»Wie nett. Und wie oft warst du schon? Einmal?«
Ich muss lächeln.
»Nein.«
Sie zögert einen Moment, bevor sie die Zigarette im Aschenbecher ausdrückt. Dann sagt sie: »Und wer bist du dann? Ein dahergelaufener Hobbymörder, der aus Blödheit einen FBI-Agenten erschossen hat und aus den USA fliehen musste?«
Sie soll sich doch ins Knie ficken.
»Ich bin kein Hobbykiller. Ich bin ...«
»Was denn dann?«
Ich sollte den Mund halten.
»Ich bin ... Profi.«
»Profi?«
»Jawoll. Ich bin Profikiller. Ich habe über hundert Leute getötet.«
Fantastisch. Jetzt habe ich sie so gut wie im Bett. »Ach komm. EINHUNDERT LEUTE?!« Es wären wohl so um die 125, wenn ich genau nachzählen würde. Im Mittleren Westen bin ich manchmal durch Dörfer gefahren, auf deren Ortsschild 125 Einwohner stand. Da habe ich immer getankt und mir vorgestellt, das wäre mein persönliches TDO.
»Ja. Alles in allem. So fünfzig, sechzig als Berufssoldat in der kroatischen Armee, um mein Heimatland zu verteidigen. Und dann habe ich genau 66 Typen aus verschiedenen Ländern für unsere Organisation umgebracht. Father Friendly war mein einziger und erster Mord aus persönlichen Gründen.«
Sie bleibt stumm wie ein katholischer Priester im Beichtstuhl.
»Eure Organisation?«, fragt sie schließlich.
»Ja, das ist die ... Mafia.«
»Die Mafia? Du bist in der Mafia?«
»Ja. In der kroatischen Mafia natürlich. Nicht bei den Talienern.«
Sie starrt mich gut zehn Sekunden an, nun vollkommen nüchtern. Die Mafia. Am Anfang meiner New Yorker Zeit dachte ich immer, das wäre das Zauberwort. Ich dachte, dass jedes Mädchen in Manhattan von einem Mafioso mit fremdländischem Akzent und rustikalen Sexpraktiken träumt. Damals habe ich das immer gleich beim ersten Date erwähnt, direkt nach dem Hauptgang. Sie reagierten alle gleich; entschuldigten sich höflich, gingen auf die Toilette und kamen nie wieder. Ach, die Mädchen von Manhattan ... diese Dating-Armee aus rätselhaften Blondinen und lauten Brünetten, mit nach Seifenopern riechendem Haar und einem sechsten Sinn für Promis und Geld. Manche ließen sogar ihre Handtasche zurück - zweimal bin ich auf die Damentoilette gegangen, um nach ihnen zu suchen, aber sie hatten sich in Luft aufgelöst. So gesehen war »Mafia« wirklich ein Zauberwort.
Mit der Zeit habe ich gelernt, mit meinen adretten Abendessens-Begleitungen nicht über meine Arbeit zu sprechen, und fühlte mich dabei wie ein AIDS-kranker Single. Ich verbarg diese Wahrheit wie eine Geheimwaffe, die ich mir für das Schlussmachen und Notfälle aufhob. Zum Beispiel für den Fall, dass das Essen besser war als die Frau (eine Tag-3-Frau, die sich während eines Vortrags über das amerikanische Wahlsystem und darüber, dass ein grüner Politiker namens Nader »unsere einzige Hoffnung« sei, in eine Tag-20-Frau verwandelte). Da musste ich nur das Zauberwort sagen und BANG! - konnte ich mich neu orientieren.
Hier ist die Reaktion etwas anders. Das Eismädchen denkt nach und sagt dann:
»Dann bist du ein ... Massenmörder.«
»Nein.«
»Wieso, nein?«
»Ich bin kein Mörder. Ich bin ein Killer.«
»Okay.«
»Das ist ein großer Unterschied.«
»Aha?«, sagt sie und hebt die Augenbrauen.
»Ja. Der Unterschied zwischen Hobby und Beruf.«
»Wie meinst du das?«
»Ein Mord ist etwas, das jemand freiwillig tut. Das ist meistens falsch. Wenn ein Killer jemanden tötet, dann nur, weil er sonst selber stirbt. Daran ist nichts Falsches.«
»Blödsinn.«
»Blödsinn?«
»Ja. Denkst du etwa, deine Opfer merken den Unterschied? >Oh, ich wurde getötet, nicht ermordet, da bin ich aber froh!< So ein Quatsch. Einhundert Leute. Was für ein Monster bist du
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