Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen
wenn es so weit ist, muss ich vorbereitet sein.
Und vor dem Goldenen Tor wird ja wohl kein Metalldetektor sein.
Gunnhildur weiß nichts von der Pistole. Das ist nicht ihr Problem. Wir haben schon genug gemeinsame. Verstehen Sie mich nicht falsch. Gunnhildur ist klasse. Das eigentliche Problem bin ich. Seit meiner WG mit dem guten alten Niko in Hannover habe ich mit niemandem mehr zusammengewohnt. Zwar habe ich mir durch das Zusammenwohnen mit Niko einen Bachelor-Abschluss in Toleranz erworben, doch Gunnhildurs ewiges Rumgequalme, die Jeans, Pullover, Unterhosen, leeren Flaschen, Aschenbecher und Pizzakartons, die in der Wohnung herumfliegen, nerven mich einfach. Ich mag ein Soziopath sein, aber meine Wohnung ist immer sehr ordentlich gewesen.
»Ich verstehe nicht, wie du die Tochter solcher Eltern sein kannst. Bei denen ist es so sauber, dass man vom Fußboden essen kann - hier kann man das auch, aber nur, wenn in einem der Pizzakartons noch was drin ist.«
»Dann lass uns eine Putzfrau nehmen.«
»Das haben wir schon besprochen. Dafür haben wir kein Geld.«
»Brauchen wir ja auch nicht. Du bringst sie einfach um, sobald sie fertig ist. Dann nehmen wir uns eine neue. Du bist doch ein Profi, oder?«
So endet es immer, wenn wir uns streiten. Mein Ex-Job ist allgegenwärtig wie eine stalkende Ex-Freundin. Wenn du mehr als hundert Leute umgebracht hast, darfst du dich nicht über einen schmutzigen Fußboden oder ein unaufgeräumtes Zimmer beschweren. So ist das nun mal. Sie hat fast schon eine Kunst daraus gemacht. Jedes Mal, wenn sie sich in die Ecke gedrängt fühlt, schmeißt sie mir so etwas an den Kopf wie »Du hast lieber mit Toten zu tun, oder?« und »Du magst wohl keine Leute, die so langweilige Dinge tun wie atmen und reden« oder ganz einfach »Warum bringst du mich nicht einfach um?«
Abgesehen davon läuft alles sehr gut.
Wir gehen morgens zur Arbeit und sehen uns zum Abendessen wieder, bevor ich sie in den neuen Spiderman-Film mitschleppe oder sie mich in eines der unzähligen Konzerte, die in diesem kleinen Reykjavik stattfinden. Ich muss wirklich verknallt in sie sein, wenn ich nichts dagegen habe, zwei Stunden lang im Stehen zu belanglosem Indie-Geschrammel von Bands wie den Earplugs oder Sleeping Pills mit dem Kopf zu nicken, während Creed in mir drin den Soundtrack zur Invasion von Knin spielt.
Das Einzige, was wirklich nervt, ist Tröster, der noch nicht mal nach einer neuen Bleibe zu suchen scheint. Seine stumme Präsenz sorgt permanent für Risse in meinem neuen Selbst, durch die das alte wieder hindurchscheint. In den ersten beiden Wochen hat er nur zwei Wörter herausgebracht, so was wie »Hi« und »Bye«.
Wenn ich ihm sein Abendessen gebe, ein Mörder-Gulasch, das ich zwanzig Minuten auf meinem Schoß in einem Bus voller Rainman-Typen und Vergewaltigungsopfer durch die Gegend geschaukelt habe, sagt er noch nicht mal »takk«. Zum Glück ist er die meiste Zeit auf Arbeit. Einer der Seven-Elevens hat mal mit Tröster auf derselben Baustelle gearbeitet. Offensichtlich ist dieser stille Vogel in der Hochbau-Szene ein Star.
»Ist Genie mit dem Kran. Aus hundert Meter kann hochnehmen Münze, bei große Wind.«
Schön für ihn. Schade nur, dass er seinen Kran nicht dazu nutzen kann, sich mal eine Freundin zu angeln.
Es gelingt mir, meine Dämonen nicht über die Türschwelle kommen zu lassen, doch nachts kriechen sie durch unser Schlafzimmerfenster, das Gunnhildur immer offen lässt.
Sobald ich einschlafe, kommen die serbischen Panzer mit Ketten aus schreienden Köpfen - die blutverschmierten Gesichter der kroatischen Landbevölkerung, alte Männer und Frauen, Kinder. Die Panzer der Tschetniks brechen durch meine schlafende Verteidigung und rasen über die dunklen Ebenen meiner Seele wie wutschnaubende Nashörner. Ihnen folgt eine Einheit von 66 amerikanischen, mit Handys und Aktenkoffern bewaffneten Geschäftsmännern, die von ebenso vielen Witwen angefeuert werden, deren Geschrei aus den Wäldern von New Jersey und von den heißen Flachdächern der Prärie in Manitoba schallt. Zu all dem gibt ein glatzköpfiger Priester mit Südstaaten-Akzent seinen Segen, der einen weißen Karate-Anzug trägt, auf dessen schwarzem bulgarischem Gürtel die Worte YO BITCH! stehen.
Sie greifen uns von allen Seiten an. Sie haben uns eingekreist: Meinen Vater, Dario und mich. Wir feuern wie wahnsinnig aus unseren Maschinengewehren, doch ohne Erfolg. Wir werden überrannt.
Plötzlich sehe ich, dass mein
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