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Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen

Titel: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hallgrimur Helgason
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Flecken von hellgrünem und grauem Moos, und manchmal müssen wir über schmale rechteckige Spalten in der Lava steigen, die wie Miniaturausgaben des Grand Canyon aussehen. Ich versuche so natürlich zu laufen, wie es eben geht, wenn niemand mitkriegen soll, dass eine Sohle nicht mehr fest am Schuh sitzt. Ich höre, wie Radovan aussteigt. Das Geräusch einer zuschlagenden Autotür füllt meine Ohren. Die letzte Tür meines Lebens ... Jetzt könnte ich herumfahren, die Waffe greifen und sie blitzschnell kaltmachen.
    Nein. Würde nicht klappen. Niko ist zu schnell.
    Schließlich sagt er mir, ich soll anhalten. Alles klar. Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht. Wir stehen am Rand einer Lavaspalte, die groß genug ist, um mein Sarg zu sein. Island wird mich verschlucken wie einen glücklosen Touristen.
    Ich drehe mich zu meinen Freunden und Henkern um. Wir zittern alle vor Kälte, es müssen ungefähr zwei Grad Celsius sein. Kein Auto, kein Vogel oder Flugzeug ist zu hören, es ist absolut windstill. Absolut still. Ich denke an Gunnhildur. Sie ist bestimmt schon im Auto, fährt durch die Gegend, ziellos und verzweifelt. Oder sie sitzen noch auf dem Sofa, verfolgen gebannt den Beitrag der Ukraine und denken, ich sei mal eben mit einem alten Mafiakameraden joggen gegangen.
    Niko befiehlt Radovan, mir eine Zigarette zu geben. Das hatte ich fast vergessen. Der Schwachkopf holt seine Schachtel heraus und wirft mir eine zu. Es ist Pall Mall. Die Merkwürdigkeit dieses Kerls kennt wirklich keine Grenzen. Obwohl er aussieht wie ein weißer Hulk im Anzug, ist sein Lieblingspopstar Celine Dion. Er hat Titanic dreißig Mal gesehen, hat er mir gesagt. Ich frage nach Feuer, und der Glatzkopf durchsucht seine Taschen ohne Erfolg. Niko hält seine Desert Eagle die ganze Zeit auf mich gerichtet. Ich lasse den Lauf nicht aus den Augen, während er mit seiner freien Hand ein Feuerzeug aus der Hose fischt. Er schmeißt es mir zu. Ich tue so, als würde ich es auffangen wollen, doch es fällt mir aus den Händen. Es landet auf dem Lavaboden. Ich entschuldige mich und bücke mich, um es aufzuheben. Es ist ein Werbegeschenk: Zagreb Samovar - Spezialitäten vom Balkan. Ich zögere einen Moment, bevor ich das Feuerzeug aufhebe, und sehe Niko kurz an. Er ist so nervös wie ein gefesselter Adler. Willst du mich verarschen? Er kann es kaum erwarten, mir eine Kugel ins Gesicht zu schießen. Aber er hat mir eine letzte Kippe versprochen. Schließlich waren wir mal Freunde.
    Dies könnte die Chance sein, sage ich mir, als ich nach dem Feuerzeug greife. Aber nein. Ich zögere erneut. Ohne etwas zu tun, stehe ich auf und zünde die Zigarette an. Sie zittert in meinem Mund wie der Schaltknüppel eines Traktors. Mein Herz wiederholt denselben Beat, wieder und wieder, wie eine zerkratzte CD.
    Ich nehme die Zigarette aus dem Mund und sehe sie gut an, diese 8,5 cm Tabak und Papier. 8,5 cm habe ich noch bis ins Grab. 8,5 cm, um etwas zu unternehmen. 8,01 cm, um genau zu sein.
    Ich habe im Krieg angefangen zu rauchen. In diesem Wahnsinn bedeutete jede Zigarette, die du zwischen die Lippen bekamst, sieben Minuten Feuerpause, ein Stück Himmel mitten in der Hölle. Nach dem Krieg war es genau umgekehrt: Jede Zigarette brachte sieben Minuten Bombenhagel und Feuergefecht zurück. Also habe ich aufgehört. Diese letzte Zigarette ruft hingegen alle möglichen Erinnerungen wach: Meine Mutter, wie sie in der Küche flucht, ich auf dem scheiß Hauptbahnhof in Hannover, der Typ aus Winnipeg mit seiner blutverschmierten Brieftasche, Gunnhildurs rotes Lächeln. Ich rauche so langsam wie möglich.
    »Warum mich töten? Was soll das bringen?«
    »Fresse.«
    »Ich habe aufgehört... ich weiß nichts. Ich reise noch nicht einmal mehr. Ich bin ...« »Halt die Fresse!«
    »Sorry. Lass mich einfach zu Ende rauchen, dann kannst du ...«
    Wie vorhin sprechen wir Kroatisch. Man muss sich helle weiße Untertitel vorstellen, die über unseren dunklen Brustkörben flackern.
    Ich nehme einen weiteren Zug und betrachte die niedrigen blauen Berge vor mir, die so etwas bestimmt schon mal gesehen haben. Der Himmel ist leer. Keine Wolke, nichts. Irgendwo hinter mir breitet sich Reykjavik am Horizont aus, die vierte Stadt meines Lebens, und dahinter das Meer, der helle frühlingshafte Sonnenuntergang muss bereits unterwegs sein. Lebe wohl, Welt. Dovidenja svijete. Ich stoße Rauch aus und sehe die Kippe an. Es ist nur noch ein Zug übrig; weniger als ein Zentimeter von einem ganzen Leben.

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